Da ist es auch schon, das Finale der ersten Hälfte der letzten Staffel von „Better Call Saul“. Nach zwei vieles in Gang bringenden und Vorbereitungen treffenden Übergangsfolgen dürfte allen klar gewesen sein, dass der große „D-Day“ ansteht und wir endlich das zu sehen bekommen werden, was Saul und Kim die ganze Zeit ausgeheckt haben. Und es sollte gut werden!
Doch wie so oft nimmt sich „Better Call Saul“ erstmal ein bisschen Zeit. Sechs Minuten lang begleiten wir Lalo. Ich mag, wie wir nebenbei gezeigt bekommen, dass er sich in New Mexico befindet, dass er pünktlich vor dem Klingeln seiner Eieruhr aufwacht und, was er im Blick hat: Frings Wäscherei. Doch zunächst muss dieser Handlungsstrang beiseite springen, denn es gilt, einen Nachdreh durchzuziehen!
Saul holt den Schnauzbart-Darsteller vom Supermarkt-Job ab und ich liebe, wie nach deren Abfahrt die Reihe Einkaufswagen langsam in den geparkten PKW rollt. Neben der Attitüde des Kamera-Mannes beim „Lehren“ fand ich auch den längeren Shot im Zuge der Vorbereitungen sehr gelungen. Kim macht zudem zweifellos klar, dass auch sie für diesen Stunt lebt und willentlich auf ihren großen Termin verzichtet.
„This is where I need to be.“ (Kim)
Wenn man die detailverliebte und durchdachte Durchführung dieses „Streiches“ durch Saul und Kim lobt, muss man eigentlich auch die penibel geplante Inszenierung der Serie selbst loben. Dass der Ton-Mann etwas Laube ins Bild hängt, damit es wie ein versteckter Shot aussieht, ist nur eines von vielen Beispielen. Ich liebe auch, wie in dem Zuge im Grunde genommen das perfekte Mantra zur Serie genannt wird: „Don’t rush the process“. Saul und Kim tragen die Pupillen-erweiternde Lösung auf die Bilder und geben diese Howards Privatdetektiv! Ein Schweppes-Product-Placement später erhält Howard die Information über die vorerst unklare Person (was mich persönlich etwas wundert, dass er als Top-Anwalt nicht darauf vorbereitet ist, welcher Mediator da gleich kommen wird, Cliff schien ja Bescheid zu wissen).
„Anybody else hot?“ (Howard)
Ab jetzt heißt es nur noch zuschauen und genießen. Schön finde ich, dass es uns da quasi wie Kim und Saul geht, die in der Telefonschalte verweilen und mithören, was passiert. Und so langsam wird klar, dass der Kniff darin bestand, so zu tun, als hätte man seine Finger im Spiel, obwohl man eigentlich gar nicht aktiv eingegriffen hat. Howard wirkt paranoid und macht sich trotz eigentlich logischer Erklärung lächerlich – spätestens mit den grandiosen Frisbee-Fotos. Tatsächlich tut mir Cliff in diesem Szenario ein bisschen leid. Letztlich wird das reduzierte Angebot der Gegenseite angenommen, was mich persönlich wundert, zumindest in der Eile, aber Howards Stand bei Cliff war mutmaßlich zu zerstört, um noch Vertrauen zu haben.
„Is this how they usually go…?“ (Rentnerin)
Wer denkt, das wäre das große Highlight gewesen, irrt. Lalo will die News um die Mutter aller Meth-Labore an Hector weiter geben, vernimmt jedoch ein Knacken in der Leitung, das darauf hinweist, dass sie abgehört wird und Gus Bescheid weiß, dass er am Leben und wieder da ist. Lalo schaltet schnell und nutzt die Situation für sich. Letztlich kann er vermutlich froh darüber sein, hätte er doch den Alleingang in die Wäscherei kaum überlebt. Es ist extrem spannend, beide dieser sich gegenseitig mental matt zu setzen wollenden Seiten zu sehen bekommen.
Das große Finale war dann ein angeschlagener Howard, der bei Saul und Kim nach Antworten sucht. Die geben ihm gegenüber durch ihr Schweigen eigentlich mehr oder minder zu, dass sie in der Sache verstrickt sind. Aber letztlich ist es ganz egal, passiert das, was viele von uns erwartet hatten. Also, vom Ausgang her zumindest… Dass da plötzlich Lalo im Wohnzimmer steht, haben wohl die wenigsten erwartet. Der Moment der Überraschung war verdammt gut gespielt von den beiden, der spätere Moment des Schocks ebenso. Dazwischen konnten wir die herrliche kleine Entwicklung vernehmen, in der Howard von „Wer ist das bitte?“ zu „Oh, ich bin hier wohl in was rein geraten…“ wechselt. Und erneut wird klar, wie wunderbar doppeldeutig der Episodentitel gewählt worden ist…
„Let’s talk.“ (Lalo)
Das war ein großartiges Finale! Ich muss gestehen, dass ich noch ein bisschen mehr erwartet hatte (jaja, übertriebene Erwartungen) und dass mich das letztliche Schicksal Howards nicht wirklich überrascht hat, da man sich so loser Enden rigeros entledigen konnte, dennoch wäre eine 4,5er Wertung nicht fair, da die Vorteile dieser Folge überwiegen. Bleibt nur noch die Frage, wie das mit der Entsorgung der Leiche abgehen wird, aber einen Selbstmord-Grund kann man nach dem Meeting und den weiteren privaten Problemen Howards recht problemlos finden.
Die hektische Weise des Fotoshootings war aufregend, die Entfaltung des Planes wie die Premieren-Feier einer langerwarteten Aufführung und dann kam da noch die Spannung-erzeugende und letztlich durchschlagende Lalo-Entwicklung. Das Pacing dieser Folge war einfach hervorragend und sie hat es nicht „einfach nur“ geschafft, einen gigantischen Abschluss für dieses Kapitel zu schaffen, sondern auch eine intensive Ausgangslage für die letzten Folgen der Serie.
Am 11. Juli geht es dann weiter, mit den letzten sechs Folgen der Staffel und Serie, die mit dem großen Finale am 15. August beendet werden wird. Nach dieser äußerst starken ersten Hälfte können wir uns glaube ich alle frohen Mutes darauf freuen! Alle bis auf Howard…
Bilder: amc / Netflix
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