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Chaos

Review: Westworld S03E05 – Genre

ACHTUNG: SPOILER !!
27. April 2020, 21:14 Uhr
SPOILER !!
Kira
27.04.20

Wo wir sonst mit komplexen Plot Twists und verworrenen Timelines überfordert werden, fokussiert sich die aktuelle Episode von „Westworld“ in erster Linie auf gestalterische Elemente und liefert uns auf der einen Seite einen Drogentrip der besonderen Art, auf der anderen Seite hilfreiches Hintergrundwissen zu den Anfängen von Incite.

Sui Generis

Nicht nur zum Einstieg der Episode, sondern im Verlauf der Folge immer wieder kehren wir in die Vergangenheit zurück. In Seracs Vergangenheit und die Anfänge des Rehoboam. Durch einen Nuklearangriff wird seine Heimat Paris zerstört und er macht sich mit seinem Bruder auf in ein neues Leben. Ein Leben, das nicht mehr geprägt ist von dem Glauben an Gott, sondern geleitet wird von dem Wunsch, dass es Ordnung statt Chaos gibt. Eine Welt, in der Menschen eben diese nicht selbst zerstören. Und so schaffen die beiden durch die Genialität von Seracs Bruder das Rehoboam, holen sich Dempsey Senior mit ins Boot, der die Technologie und Strategie dahinter lange infrage stellt und arbeiten laufend an der Optimierung des Systems bis dieses es schafft, verlässliche Vorhersagen über den Aktienmarkt zu machen. Wenn alles vorhersagbar ist, dann doch bestimmt auch die Menschen? Die Idee, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, war geboren:

„My brother and I chartered a course for the entire human race. Humanity‘s story had been improvised. Now it was planned, years in advance. For a time, the sun and moon aligned. We brought order from chaos.“ (Serac)

Adapt or Die

Doch nicht nur Dempseys Habgier und Kontrollsucht haben ihnen den weiteren Weg erschwert, auch die Tatsache, dass es immer Menschen gab, deren Verhalten nicht vorhersehbar und kontrollierbar war. Und Seracs Bruder war leider einer davon. Ihn hat die ganze Situation in den Wahnsinn getrieben. Anlass für Serac, die Untersuchungen an ihm auszudehnen und das System noch besser zu machen. Und gleichzeitig allen, die nicht ins System passen, zu „helfen“, indem er sie verändert und wegsperrt. Ein Themenpark in Realität und mit realen Menschen also. Dempsey entschließt sich irgendwann mit dieser Richtung, die Serac eingeschlagen hat, nicht mehr mitzuschwimmen – zu einem hohen Preis. Und Dempsey Junior? Tja, der läuft blauäugig einfach mit und wächst ins Unternehmen rein.

Watch out for the Last Act

Während wir immer wieder durch kleine Einschübe in die Vergangenheit Seracs zurückgeholt werden, folgen wir auf der anderen Spur Dolores und Caleb, wie sie sich dank Liam Zugang zum Rehoboam verschaffen und dieses von mehreren Seiten aus anzapfen, während wiederum Gegenwarts-Serac einen Suchtrupp auf Liam ansetzt, der irgendwie verschwunden zu sein scheint. Liam spielt nicht ganz den braven Gefangenen und schafft es in einer Sekunde der Unachtsamkeit, Caleb eine Droge zu verpassen, die ihn in einen besonderen Rausch versetzt. Der Plan, dass er durch diesen Schachzug fliehen kann, geht natürlich nicht auf.

Die Droge wird „Genre“ genannt und genau das bekommen wir nun zu spüren: Calebs Rausch durch verschiedene Genres, von Film Noir-artigen Schwarz-Weiß-Szenen, die an einen mysteriösen Krimi erinnern und Gefahren hinter jeder Ecke vermuten lassen. Über actionreiche und laute Verfolgungsjagden, die Science-Fiction-Elemente aufgreifen und mit Monsterwaffen, Raketen und Explosionen daher kommen – und plötzlich Richard Wagners „Walkürenritt“ ertönen lassen, den wir doch sonst eigentlich eher aus „Star Wars“ kennen. Bis hin zu romantischen Ausflügen, die alles in Gelb-Orange erscheinen und Caleb plötzlich nur noch Augen für Dolores haben lassen.

Nebenbei führt Dolores Connells-Klon Bernard zum Rehoboam, der die Gelegenheit nutzt, dem Host einzureden, nicht nach Dolores Nase tanzen zu müssen. Nun ist aber ja dieser Host doch ein Teil von Dolores…

Off the Loop

Liam erfährt derweil, was es heißt, manipuliert und kontrolliert zu werden und muss sich anschließend Calebs verurteilendem Monolog stellen, der nicht nur eine sehr schöne Metapher für die falsche Hoffnung findet, die das Rehoboam den Menschen verspricht, sondern ihm auch deutlich macht, dass er kein Recht hat, die Zukunft all dieser Menschen ohne ihr Wissen vorzugeben.

„I would rather live in chaos than in a world controlled by you.“ (Caleb)

Wenn man mal ehrlich ist: Liam ist hier auch nur Mitläufer und hat kaum Handhabe darüber, was das Rehoboam so macht. Dolores schafft es über ihren Klon beim Rehoboam, dieses so zu steuern, dass es jedem Menschen plötzlich via Mobiltelefon die eigene Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft offenbart. Zunächst sind die dramatischen Züge der Situation mehr als spürbar und Calebs Blick verrät, dass ihm die Gedanken, ob dieser Schritt der richtige war, nur so durch den Kopf schießen. Passend dazu geht David Bowies von Ramin Djawadi interpretierte „Space Oddity“ direkt unter die Haut, um im nächsten Moment auch schon in Slow Motion das ganz große Chaos zu zeigen, das die Offenbarung mit sich gebracht hat. Ja, man könnte sagen, Calebs Welt liegt in Scherben, die Anarchie ist ausgebrochen. Und als dann auch noch Dolores einige Schüsse direkt in den Bauch wegsteckt, als wären es Federn gewesen, versteht er gar nichts mehr. Ist das der Rausch oder weiß er einfach noch so viel mehr nicht über diese Welt, als er dachte?

Stubbs legt eine kleine Bernard-Rettungsaktion hin, während Dolores Klon noch einmal kurz Bernards wichtige Rolle im ganzen Spiel deutlich macht:

„You‘re the only one that can‘t be replaced.“ (Dolores Connells-Klon)

Um sich dann aufzuopfern und das Rehoboam in die Luft zu sprengen.

Schließlich gipfelt alles in einer Schuldzuweisung von Liam an Caleb, für was allerdings wissen wir irgendwie noch nicht genau. Und Serac merkt das erste Mal richtig deutlich, dass er nicht mehr derjenige ist, der die Kontrolle hat. Wenn er nur wüsste, dass sogar sein Geschäftspartner abgetreten ist, würde er Dolores vielleicht noch ernster nehmen.

Und auch später zweifelt Caleb noch an der Entscheidung, ob es richtig war, dass Leute über ihr Schicksal Bescheid wissen sollten. Kann er wirklich als Maß der Menschen gesehen werden? Hat er eigensinnig die Entscheidung für andere getroffen, dass sie ihr Schicksal kennen sollten? Oder ist auch er einfach anders als alle anderen?

„Maybe I‘m not like other people.“ (Caleb)
„Neither am I.“ (Dolores)

Das war… irgendwie anders. Wie eingangs schon erwähnt, ist es fast ungewöhnlich, dass wir inhaltlich wenig gefordert und dafür dann aber gestalterisch völlig überfordert werden. Die Erzählstränge dieser Episode sind klar definiert, der Story, auch wenn diese sich in verschiedenen Zeitebenen abspielt, können wir gut folgen. Die Szenen aus Seracs Vergangenheit geben Aufschluss über die Entstehungsgeschichte von Incite und legen offen, wie das Zusammenspiel Dempsey-Serac gestartet – und wie abgebrüht Serac doch wirklich ist. Experimente an seinem eigenen Bruder? Kontrolle aller Menschen ohne freie Entscheidungsgewalt? Da sind die Themenparks von Delos ja ein Spaß gegen.

Vincent Kassel ist einfach der geborene Bösewicht. Mit seiner charismatischen Art und seiner Erzählerstimme aus dem Off erstrahlen seine Taten in einem ganz anderen Licht. Und Dolores? Auch wir als Zuschauer schwanken weiterhin, ob sie gut oder böse ist. Immerhin gibt sie der Menschheit wieder eine Chance, lässt ihnen eine Wahl – eine Wahl, die sie zuvor nicht gehabt hat und sich erkämpfen musste. Sie ermöglicht ihnen den Ausbruch aus einer unrealen Welt, auch wenn das bedeutet, dass sie nun ihre eigenen Entscheidungen treffen müssen, die Chaos hervorbringen. Die Zerstörung der Menschheit sieht irgendwie anders aus – obwohl… sieht sie das?

Und ein Aaron Paul im Drogenrausch? Kennen wir doch irgendwo her! Tatsächlich schossen mir bei Calebs Rauschszenen ein paar schöne Erinnerungen an „Breaking Bad“ durch den Kopf. Der Fokus dieser Folge liegt so stark auf Paul, dass er all sein schauspielerisches Talent herausholen und im Wechselbad der Genres auch ein Wechselbad seiner Gesichtsausdrücke an den Tag legen muss. Und das ist ihm definitiv gelungen.

Und um im Detail nochmal auf die Genrewechsel zurückzukommen: Diese kommen sowohl mit der visuellen Gestaltung in Form von Farben, Slow Motions und viel Unschärfespiel als auch mit der musikalischen Untermalung daher. Einiges sticht davon sofort ins Auge und geht direkt ins Ohr, anderes wird erst spürbar, wenn man sich etwas tiefer damit auseinander setzt. So sind mir beispielsweise nicht direkt alle Songs und Zitate auf andere Filme aufgefallen. Da hätten wir wie schon erwähnt die Verfolgungsjagd mit dem Auto und „Ride of the Valkyries“, der an „Star Wars“, aber auch an „Apocalypse Now“ erinnert. Beim Kampf auf der Straße, als Caleb sich in Dolores verliebt, hören wir Djawadis Version vom „Love Story“-Theme und sehen einige filmische Elemente aus „Trainspotting“ – nämlich das Aufleuchten einzelner Personen und Gegenstände. Und hier schließt sich musikalisch dann Iggy Pops „Nightclubbing“ an. David Bowies „Space Oddity“ habe ich schon erwähnt, für mich eine der einnehmendsten Szenen der Episode. Und dann hätten wir bei der Strandszene zuletzt noch die Horror-Score-Einlage aus „The Shining“. Auf mehreren Ebenen ein bunter Ritt durch die Popkultur, echt stark. Um aber auch mal etwas Negatives zu sagen: Der Greenscreen-Einsatz am Ende auf dem Flugplatz war wirklich dürftig.

Schön waren neben den oben genannten gestalterischen Elementen aber auch die Zitate auf „Westworld“ selbst. Was zu Beginn direkt ins Auge sticht ist da unter anderem die Art und Weise, wie Serac als Junge über die Felder läuft und mit den Händen durch die Gräser streicht, die der von Maeve so ähnlich ist. Natürlich kann das kein Zufall sein. Nichts in „Westworld“ ist Zufall. Und auch der Abstieg auf der Rolltreppe hinunter zur U-Bahn, kommt dem Abstieg zum Zug hinein in den Themenpark, wie wir ihn vor allem in der ersten Staffel häufig gesehen haben, so nah, dass der Zusatz „Where do we head?“ – „West.“ einem doch ein Schmunzeln ins Gesicht zaubert. Beim Ausstieg aus der U-Bahn sehen wir im Hintergrund ein angeschnittenes „To Union“ – eine Prognose, wo es hingehen wird? Am witzigsten fand ich jedoch den Schriftzug auf Liams T-Shirt, der ihn als „Basic“ betitelt. All diese kleinen und großen Details, dafür liebe ich „Westworld“.

Hinweis: Seit dem 20. April zeigt Sky die neuen Folgen „Westworld“ nicht mehr im linearen Programm, sondern immer ab Montag nur noch auf Abruf über Sky Go, On Demand und Sky Ticket. Hintergrund ist die Schließung der deutschen Synchronstudios aufgrund der Corona-Krise. Daher sind die neuen Folgen zunächst auch nur in der Originalversion mit einblendbaren deutschen Untertiteln abzurufen. Die acht Episoden der dritten Staffel werden voraussichtlich ab dem 8. Juni wieder im linearen Programm bei Sky Atlantic starten, dann wahlweise auch in der deutschen Synchronfassung.

Bilder: HBO

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