Serien Reviews Trailer Programm Über uns
Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen Teilen abbrechen... Auf Pinterest teilen In Pocket speichern Per Mail versenden
Beitrag teilenBeitrag teilen
WERBUNG

​In den vergangenen Wochen hat die Streaming-Plattform Joyn für Aufsehen gesorgt, indem sie Inhalte aus den Mediatheken von ARD und ZDF in ihr Angebot integrierte – offenbar ohne Zustimmung der beiden öffentlich-rechtlichen Sender. Diese Aktion führte zu erheblichen Spannungen und einer intensiven Debatte über Urheberrechte, Kooperationsmodelle und die Zukunft des Streamings in Deutschland.​ Die Perspektiven: Joyn nutzte bei der Umsetzung das sogenannte Embedding-Verfahren – die Inhalte werden also lediglich von der Original-Plattform mit eingebunden, Klicks usw. zählen weiter auf die Original-Mediatheken ein. Warum macht Joyn das trotzdem? Weil der Katalog von ARD und ZDF natürlich eine extreme Aufwertung bedeutet. Joyn bemüht sich schließlich, zu DER deutschen Streamingplattform zu werden, wo möglichst viele Inhalte zusammengefasst sind. Ein Ansinnen, das wir auch von MagentaTV bereits kennen. In dieser Woche wurde der Streit vorerst beigelegt – weil Joyn die Inhalte runtergenommen hat. Der Beta-Test sei beendet, hieß es. Man darf gespannt sein, wie sich das weiterentwickelt, vor allem, wenn dann der neue Rundfunkstaatsvertrag unterschrieben ist, der genau dieses Embedding regeln soll.

TV-Aufreger-joyn-ard-zdf-mediathek-embedding

Es fing ganz harmlos an – mit einer vorangegangenen Lizenzvereinbarung von Joyn mit ARD und ZDF

Interessanterweise hatte Joyn kurz vor dieser umstrittenen Einbindung bereits umfangreiche Lizenzvereinbarungen mit ARD Plus, der WDR mediagroup, High View und ZDF Studios abgeschlossen. Durch diese Kooperationen erweiterte Joyn sein Angebot um zahlreiche beliebte Formate des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Dazu zählen Serien wie die „Lindenstraße“, „Dittsche“, Filme aus der Bud-Spencer-&-Terence-Hill-Reihe sowie Krimiserien wie „Watzmann ermittelt“, „Das Großstadtrevier“ und „Heiter bis tödlich“. Diese Inhalte sind sowohl über diverse FAST-Channels als auch On-Demand im AVoD-Bereich auf Joyn verfügbar und können bei Bedarf werbefrei im Abo-Bereich von Joyn PLUS+ abgerufen werden. ​

Zusätzlich sicherte sich Joyn über ZDF Studios ein Paket von über 2.700 Programmstunden. Dieses umfasst unter anderem Serien wie „Küstenwache“, „Wege zum Glück“, „Derrick“, „Ein Fall für Zwei“ und „Herzflimmern“. Auch verschiedene Dokumentarprogramme aus den Bereichen Natur und Geschichte, wie „Im Reich der Tiefe“ und „Frontlines – Kriegsschauplätze des Zweiten Weltkriegs“, wurden in das Angebot aufgenommen. Diese Inhalte stehen den Zuschauern in Deutschland, Österreich und der Schweiz werbefinanziert und kostenlos auf der Plattform zur Verfügung. ​

Dann der überraschende Schritt von Joyn

Trotz dieser bestehenden Kooperationen ging Joyn Anfang Februar 2025 einen Schritt weiter und stellte zusätzliche Inhalte der ARD- und ZDF-Mediatheken auf seiner Plattform bereit. Nutzer konnten Sendungen wie den „Tatort“ oder das „ZDF Magazin Royale“ direkt über Joyn abrufen, ohne ein zusätzliches Konto erstellen zu müssen. ProSiebenSat.1 bezeichnete dieses Vorgehen als „vorläufiges Beta-Testing“, um gemeinsam mit den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zu prüfen, wie die Inhalte technisch in das Joyn-Angebot integriert werden könnten. ​

Die Verantwortlichen von ARD und ZDF zeigten sich – natürlich – irritiert und verärgert über dieses eigenmächtige Vorgehen. Eine Sprecherin der ARD betonte, dass es keine Abstimmung zu dieser Testphase gegeben habe und man derzeit das weitere Vorgehen prüfe. Auch das ZDF kündigte an, die Situation rechtlich zu überprüfen. ​In den folgenden Tagen verschärfte sich der Ton zwischen den Parteien. ARD und ZDF bezeichneten die Einbindung ihrer Inhalte als „rechtlich unzulässig“ und nicht im Sinne des öffentlich-rechtlichen Auftrags. Sie bemängelten, dass spezifische Funktionen ihrer Mediatheken, wie Barrierefreiheit oder Personalisierung, bei Joyn nicht übernommen wurden. Darüber hinaus leiteten beide Sender rechtliche Schritte gegen ProSiebenSat.1 ein. ​

ProSiebenSat.1 berief sich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, die das sogenannte „Embedding“ als rechtlich zulässig einstufe. Dennoch betonte das Unternehmen seinen Willen zur Kooperation und erklärte, in intensivem Austausch mit den Öffentlich-Rechtlichen zu stehen. Schließlich entschied Joyn Anfang März 2025, die Inhalte von ARD und ZDF wieder aus dem Angebot zu entfernen und kündigte an, konkrete Gespräche über eine zukünftige Zusammenarbeit aufzunehmen. ​

Joyn_Big-Brother_2878183

Für ProSiebenSat.1 ist die Entwicklung ein Rückschlag, wie es auch DWDL bewertet: Dort hatte man sich wie gesagt durch das Einbetten der Mediatheken von ARD und ZDF Rückenwind für Joyn erhofft – so wie man das übrigens auch schon in Österreich gemacht hat. Dort ist Joyn auf dem Weg zu einer Art Superstreamer – mit Inhalten, sowohl live als auch on demand, von ProSiebenSat.1, ORF, ServusTV und vielen anderen Anbietern. Anders als ARD und ZDF wehrte sich der ORF nicht gegen das Vorgehen.

Ausblick: Kooperation statt Konfrontation?

Dieser Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen und Chancen der Zusammenarbeit zwischen privaten Streaming-Anbietern und öffentlich-rechtlichen Sendern. Während Joyn durch die Integration der Mediathekeninhalte sein Angebot erweitern wollte, sahen ARD und ZDF ihre Rechte und den öffentlich-rechtlichen Auftrag verletzt. Es bleibt abzuwarten, ob und wie beide Seiten in Zukunft kooperieren werden, um den Zuschauern ein vielfältiges und rechtlich einwandfreies Streaming-Erlebnis zu bieten.​ Da wird es auch auf den schon erwähnten Rundfunkstaatsvertrag ankommen, der die Reformen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk regeln soll, wie DWDL es beschreibt: „Kooperationen können insbesondere eine Verlinkung (Embedding) oder sonstige Vernetzung öffentlich-rechtlicher Inhalte oder Angebote, vereinfachte Verfahren der Zurverfügungstellung öffentlich-rechtlicher Inhalte oder die gemeinsame Nutzung von Infrastrukturen beinhalten“, heißt es da immerhin in dem Papier. Erwartbar, dass es da noch ordentlich Bewegung geben wird.

Bilder: Joyn

Beitrag von:
Samstag, 8. März 2025, 12:12 Uhr
Beitrag teilenBeitrag teilen

Kommentiere

Verfasse einen neuen Kommentar


Abo ohne Kommentar

Hinweis: Bei Kommentar-Abgabe werden angegebene Daten sowie IP-Adresse gespeichert und ein Cookie gesetzt (öffentlich einsehbar sind - so angegeben - nur Name, Website und Kommentar). Alle Datenschutz-Informationen dieser Website gibt es hier zu sehen.