Im Sommer 2006 versuchen vier Teenager, schnell an Geld zu kommen, und geraten dabei von einer Dummheit in die nächste.
Klobige MP3-Player, stachelig gegelte Haare, ICQ-Messenger, Jamba-Klingeltöne und eine mitreißende Fußball-WM: Für viele war der Sommer 2006 ein unvergessliches Erlebnis. Die Serienschöpfer Arkadij Khaet und Mickey Paatzsch haben in acht Folgen ihrer Adaption der BBC-Serie „Ladhood“ ihre ganz eigenen Erfahrungen im Ruhrpott verarbeitet und bieten eine nostalgische Reise in die bunten 00er Jahre.
Darum geht’s
Als der 35-jährige Peppi (Johannes Kienast) erfährt, dass in seiner Heimat ein Klassentreffen stattfindet, zu dem er nicht eingeladen wurde, macht er sich auf die Suche nach alten Weggefährten, um herauszufinden, weshalb er ausgeschlossen wurde. Dabei lässt er die Vergangenheit noch einmal kritisch Revue passieren. Im Sommer 2006 laden sich er und seine drei Freunde illegal „Saw II” aus dem Internet herunter. Kurz darauf flattert ein Bußgeldbescheid in Höhe von 3.500 Euro ins Haus. Um die Schulden zu begleichen, versuchen die vier Jugendlichen auf alle möglichen Arten und Weisen, das Geld aufzutreiben, und geraten dadurch immer tiefer in Schwierigkeiten.
„Ne Serie, die in den 00er Jahren spielt? Come on. Das war die Zeit, als man sich auf Kazaa n Film runtergeladen hat und plötzlich saß man vor nem Tierporno und hat gesehen, wie n Typ n Pferd gef***t hat. Wurde ich damals gewarnt? Nein. Hat’s mir geschadet?“ – Peppi
Das ist so toll daran
Gerade Millennials werden an der Serie ihre helle Freude haben und zahlreiche Details ihrer Jugend wiedererkennen. Von Sätzen wie „Et boum, c’est le choc” aus dem Französischlehrbuch bis hin zu Sendungen mit dem TV-Seelsorger Domian. Für alle anderen ist es ein Einblick in eine schrille Zeit, die gerne verklärt wird, aber nicht ganz so harmlos war. Marginalisierte Gruppen wurden offen diskriminiert und Frauen routinemäßig sexualisiert. Die Serie thematisiert diese Problematiken durch clevere Einschübe, ohne den Zeigefinger zu erheben. Im düsteren und kalten Jetzt führt Peppi das Publikum durch die Geschehnisse und blickt auf die im 4:3-Format gehaltene, schrille Vergangenheit. Neben der ungewöhnlichen Freundschaft zwischen den vier Jungs (umgangssprachlich „Chabos“) geht es auch um die erste Liebe, aus dem Ruder laufende Partys und Familie.
Zugegeben, die Akribie, mit der Peppi seinem Ausschluss vom Klassentreffen nachgeht, wirkt arg konstruiert. Doch die Geschichte dient vielmehr als Rahmenwerk für das fein beobachtete Jugenddrama, das von den starken Jungdarsteller:innen überzeugend getragen wird. Hinzu kommen allerlei humorvolle Ideen. So fantasiert Peppi beispielsweise davon, mit seinen Eltern in der Talkshow „Britt“ über seine Schulden zu sprechen. Stars wie Anke Engelke und Denis Moschitto glänzen in Nebenrollen, während Xatar, Sabrina Setlur und Menderes in Gastauftritten überraschen. Dazu kommen einige Referenzen zu Filmklassikern wie „Der Pate“ oder dem französischen Sozialdrama „L’Haine“. Gegen Ende spitzt sich die Situation immer weiter zu und wird dabei immer dramatischer. Bleibt zu hoffen, dass man die vier nicht zum letzten Mal gesehen hat.
„Chabos“ ist in der ZDF Mediathek abrufbar.
Bilder: ZDF
Kommentiere