Am 4. September war es endlich soweit: Die zweite Staffel der Superhelden-Satire „The Boys“ ging endlich bei Amazon Prime Video an den Start. Anders als bei der ersten Staffel waren aber nicht alle acht Episoden auf einmal verfügbar, sondern lediglich drei neue Folgen. Jede weitere Woche folgt nun bis zum kommenden Freitag, dem 9. Oktober, eine neue Episode. Was war der Aufschrei im Netz groß unter den Fans. Endete doch gerade die dritte Folge mit einem krassen Cliffhanger, der den Neuzugang Stormfront in einem nicht ganz so guten Licht dastehen ließ. Stormfront-Darstellerin Aya Cash nahm Stellung dazu und verriet gegenüber comingsoon.net, dass sich Amazon bewusst für die wöchentliche Veröffentlichung entschieden hat, um die Ereignisse beim Zuschauer sacken zu lassen. Insbesondere hinsichtlich der herrschenden Pandemie, in der die Leute ohnehin viele Serien konsumieren, wollte man den Zuschauern längerfristig ein TV-Erlebnis bieten als üblich. Zudem greift die Serie sozial relevante Themen auf, über die es sich durchaus nachzudenken lohnt.
Am Stück oder geschnitten?
Anders als die zahlreichen Nörgler, hat mir der neue Veröffentlichungsrhythmus gut gefallen und das hat gleich mehrere Gründe. Da ist zunächst die offensichtliche Komponente, dass unser Gehirn schlicht nicht fürs Bingewatchen geschaffen ist. Es benötigt nämlich mindestens 24 Stunden, um Informationen ins Langzeitgedächtnis zu übertragen. Daher erinnern wir uns an Serieninhalte, die wir Häppchenweise konsumiert haben, besser als an eine durchgesuchtete Staffel am Wochenende. Abgesehen von der biologischen Grundvoraussetzung, geht aber gerade bei einer Erstausstrahlung vieles mehr verloren. Schon vor Jahren schrieb auch Maik in einem Kommentar, dass eine Komplett-Veröffentlichung für das Erlebnis komplettes Gift sei. Das gilt nicht unbedingt für alte Serien oder Staffeln, die man aufholen möchte, wohl aber für Serien- und Staffelstarts – denn hier spielt auch das Drumherum eine gewichtige Rolle.
Belohnender Bonus
Neben den einstündigen Folgen von „The Boys“, bietet die begleitende Sendung „Prime Rewind: Inside The Boys“ beispielsweise nach jeder Folge ein passendes Behind-the-Scenes-Format. Moderiert von „Criminal Minds“-Schauspielerin Aisha Tyler, wird nochmal auf das Gesehene eingegangen. Mit viel Humor und weniger ernsthaft analytisch, bietet die Sendung die perfekte Ergänzung zur Serie. Cast und Crew kommen zu Wort und albern vor einem zugeschalteten Screen herum. Dazu gibt es witzige Fake-Spots und allerlei Nonsense, der perfekt zur Hauptserie passt.
Auch auf YouTube tummeln sich zahlreiche Clips, die Easter Eggs aufdecken, Vergleiche zur Comic-Vorlage ziehen oder wilde Theorien spinnen, wie es nun mit wem weitergeht. All das erweitert sich durch den persönlichen Freundes- und Bekanntenkreis. Der Austausch mit denjenigen, die wie in alten Zeiten, ebenfalls wöchentlich am Ball bleiben, machen die Serie erst zu einem reellen und nachhaltigen Erlebnis. Man spricht über die krassesten Szenen, rezitiert Billys beste Sprüche und bekommt vielleicht sogar einen neuen Blick oder eine andere Perspektive aufgezeigt. Wäre am 4. September die ganze Staffel online gewesen, hätte ich sie mir mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls an einem Wochenende angesehen. Denn wenn ich eine Tafel Schokolade öffne, dann lasse ich für gewöhnlich auch kein Stück mehr für den nächsten Tag übrig. Denn mir fällt es doch auch schwer mich zurückzuhalten. Aber ganz ehrlich, wie gut tut es, wenn man sich schon am Mittwochabend auf die neue Folge am Freitag freut. Allen Bingewatchfanatikern sei noch gesagt: Ihr könnt immer noch bis zum 9. Oktober warten und euch dann alle Folgen auf einmal anschauen – und euch damit selbst eines raren Stückes Fernseherlebnis berauben.
Wie seht ihr das? Lasst es mich gerne in den Kommentaren wissen.
Bilder: Amazon Prime Video
Yay, danke! :)
Und bei „The Boys“ habe ich es tatsächlich auch in den letzten Wochen gemerkt, wo Leute mich auf aktuelle Folgen angesprochen haben. Das ist eben deutlich länger begleitend und „gemeinsamer“ als die Komplettveröffentlichungen, die jeder in einem anderen Temmpo schaut.
Was mich persönlich überrascht, ist, dass bingen scheinbar ein lukratives Geschäftsmodell ist. Ich meine, ich verstehe, dass „Du bist jetzt nicht mehr vom Zeitplan des lineraren Fernsehens abhängig“ ein großer Verkaufspunkt des Streamings ist, aber meiner Erfahrung nach sorgte es auch dafür, dass so manche Serie schnell in Vergessenheit geriet.
Bei wöchentlichen Veröffentlichungen hat man als Serienmachender den Vorteil, dass man die Zuschauer lange an der Stange halten kann. Klar, mit der heutigen, durchschnittlichen Staffellänge, sind es zwar auch nur weniger als drei Monate, aber gerade in diesen paar Wochen wird darüber gesprochen, spekuliert und vor allem gehypt, was auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, neue Fans hinzuzugewinnen.
Beim „Heute die komplette Staffel“ Modell scheint es mir hingegen so, dass selbst die beliebteste Serie plötzlich zum Wegwerfprodukt wird. Nach spätestens einer Woche ist alles gesagt und gespoilert, dann war es das bis zum nächsten Jahr. (Vor allem bei Amazon, die die Angewohnheit haben, ihre neuen Serien scheinbar nur bis eine Woche nach der VÖ zu bewerben, bevor sie vergessen, dass sie existieren.)
Mir persönlich scheint das nicht sehr lukrativ zu sein und – das ist jetzt wirklich nur die Ansicht eines Menschen, der nichts von irgendwelchen Businessmodellen versteht – ich glaube, Netflix und Co könnten viel Geld für neue Serien sparen, da sie so halt länger hochwertigen Content haben, anstatt immer für Nachschub sorgen zu müssen.
Meine erste weg-gebingte Serie war seinerzeit „Six Feet Under“. Die Serie war bereits abgedreht und eigentlich hatte ich für Serien nicht viel übrig. Durch Mundpropaganda hatte ich mich dann doch letzten Endes dieser Serie angenommen und war von der ersten Folge an direkt in dem Sog gefangen. Abends hieß es immer „Ach komm…eine Folge geht noch.“ und morgens bin ich tatsächlich extra eine Stunde früher aufgestanden, nur damit ich vor dem Weg zur Arbeit noch schnell eine Folge schauen konnte. :-)
Und kurz darauf bekam „Six Feet under“ dann noch gleich ein Rewatch zusammen mit einer Freundin verpasst. Dafür hatten wir dann eine Urlaubswoche „geopftert“. :-D
Serientechnisch bis heute noch mein absoluter Liebling. :-)
Ansonsten mag ich es eigentlich, wenn alle Folgen auf einmal verfügbar sind. Denn so kann ich schauen, wie ich gerade Lust habe. Diesbezügliche Gespräche sind im Freundeskreis normalerweise kein Problem. Einfach kurz nachfragen, wer gerade bei welcher Folge ist und dann klappt das schon. Und im Zweifelsfall muß man sich halt mal wieder über einen Spielfilm unterhalten. Tut ja auch nicht weh. ;-)
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