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Gute Ansätze, schlechte Abschlüsse

Review: Roar – Staffel 1 (Apple-Serie)

Mini-Spoiler
25. April 2022, 12:37 Uhr
Mini-Spoiler
Maik
25.04.22

Beim ersten Trailer war mein Interesse an „Roar“ bereits geweckt. Ein namhafter Cast, der in Anthologie-Form skurrile Geschichten mit Gesellschafts-kritischem Ansatz erzählt? Bitte! Am 15. April ist die erste Staffel des unter anderem von Nicole Kidman co-produzierten und auf dem Roman von Cecelia Ahern (Partnerlink) basierenden Stoffes bei Apple TV+ erschienen, so dass ich euch hier zunächst meinen allgemeinen (spoilerfreien) Eindruck zur Serie schildern sowie weiter unten dann nochmal eine kleine (konkretere) Kurzeinschätzung zu den acht Kurzfilmen liefern möchte.

Solltet ihr noch nicht in „Roar“ geschaut haben, gibt es hier einen kleinen First Look zur neuen Apple-Original-Serie zu sehen.

Leises Brüllen

Der Trailer zur „Roar“ war auch so vielversprechend, weil er im Grunde genommen sämtliche originellen Ansätze bereits vorwegnimmt. Ich hatte gehofft, mit der Serie eine Variante zu „Black Mirror“ zu erhalten, die stärkeren Realitätsbezug, eine weiblichere Sichtweise und etwas weniger Dystopie bereithält. Im Grunde genommen stimmt das auch, aber im Gegensatz zu den auch in der Regel deutlich länger laufenden „Black Mirror“-Folgen bieten die halbstündigen „Roar“-Episoden oftmals lediglich einen originellen Ansatz, der teilweise auch noch viel zu spät und mit zu wenig Raum ausgestattet wird. Das ist dann in der Regel eine kreative Analogie, die zum Nachdenken anregt, aber nicht konsequent genug ausgespielt wird. Die Story selbst fühlt sich so oftmals recht eindimensional und platt an, vor allem bei den ersten Folgen aber auch unzufriedenstellend unvollständig. Auf der Ebene des abstrakten Gedankenanstoßes mag man da noch viele Ausflüchte finden, dass wir Zuschauer:innen doch bitte selbst das Bild ausfüllen sollen, aber für mich fühlt sich das eher nach lazy writing an.

Das ist vor allem deshalb schade, weil „Roar“ auch vieles richtig macht. Der Cast ist klasse und weiß eigentlich durchgängig zu überzeugen. Auch ist die Cinematography zumindest mal auf modernem Niveau. Einige Dialoge funktionieren hervorragend, ein bisschen Witz ist auch immer mal zu finden und natürlich weiß das progressive Format auf inhaltlicher Ebene zu punkten. Auch wenn „Roar“ zu großen Teilen von Frauen umgesetzt wurde und Männer die absoluten Randfiguren in den acht Geschichten einnehmen, weht kein aggressiv-feministischer Wind durch die Folgen. Einige der jeweiligen Themen sind gar allgemeiner Natur und keine exklusiven Probleme von Frauen unserer Zeit. Aber alle Folgen spielen mit gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten – mal direkter, mal abstrakter. Diese Analogien spielen auf oftmals lockere Art und Weise mit Themen, die noch immer angegangen werden müssen in unserer Zeit. Rassismus, Reduzierung von Frauen auf ihr Äußeres, toxische Beziehungen oder auch… Pferde? Nicht alle Filmen treffen gleichermaßen gut ein konkretes Thema.

Insgesamt war da aber mehr drin. Einige Geschichten wirkten abseits der guten Idee uninspiriert, so dass eine halbe Stunde auf einem Konzept einmassiert worden ist. Oder die Grundidee kommt eh viel zu spät auf. Da habe ich mir auch storyseitig mehr Ebenen gewünscht. Dennoch fand ich „Roar“ jetzt nicht schlecht. Das ist halt leider ein typischer Fall von verspieltem Potenzial. Problematische Themen unserer Zeit in aufgelockerter und fantasievoller Manier zu erzählen, um so vielleicht auch einige Grantler:innen zu erreichen, ist eine gute Idee. Cast und Crew scheinen auch gut zu passen, nur sollten die Geschichten selbst abgerundeter gestaltet werden und mehr bieten als diesen einen netten Kniff, der für eine Kurzgeschichte taugt, aber eben nicht für moderne Serien-Unterhaltung im längeren Format. Zumal einige Umsetzungen auch eine konsequente Linie haben missen lassen.

Insgesamt ist mir das zu zahm geworden. Da hat mir der Mut gefehlt, noch drastischer zu sein. Vor allem aber eben die Bereitschaft, Ideen konsequent durchzuziehen und adäquat zu Ende zu bringen.

Einzel-Reviews zu den Kurzfilmen

Es folgen kurze Einschätzungen zu den Einzelfolgen, die teilweise ein bisschen mehr zu Einzelheiten der Geschichten preisgeben (Spoiler-Alarm!).

Roar S01E01 – „The Woman Who Disappeared“

Diese Folge hätte ich nicht an den Start der Staffel gepackt. Issa Rae spielt fantastisch und ihre Chemie mit Griffin Matthews ist super, außerdem ist das Thema vermutlich eines der wichtigsten, das zudem mit einer gelungenen Übertreibungs-Idee inszeniert wird, aber die Folge hat vor allem zwei Probleme. Der kreative Kniff folgt viel zu spät und auch aufgrund einer viel zu langatmigen Einführung fehlt am Ende die Zeit für… ein Ende. Das wird nämlich extrem offen gelassen und ist derart vieldeutig, dass man mit ordentlich Fragezeichen im Kopf vor dem Abspann hockt. Ist sie jetzt derart für sich selbst eingestanden, dass sie wieder zu sehen ist für die anderen? Vermutlich.

Roar S01E02 – „The Woman Who Ate Photographs“

Das Thema Demenz ist ein wichtiges und die gezeichnete Mutter-Tochter-Beziehung wirkt authentisch und eindringlich. Doch auch hier bleiben Fragen und ein sehr abruptes Ende. Vielleicht hat Robin die Fähigkeit mit den Fotos ja vererbt bekommen, so dass Rosey auch vom Trick Gebrauch machen könnte? Und wieso macht eigentlich niemand Fotokopien der Bilder, bevor sie für immer weggemampft werden?!

Roar S01E03 – „The Woman Who Was Kept on a Shelf“

Die absurdeste Mischung aus „realistischer Übertreibung“ bekommen wir wohl in dieser Folge zu sehen. Eine Frau, die Tag ein, Tag aus als Dekoration auf einem Sims sitzt, um dem Mann als Objekt zu dienen, bis er die Lust darauf verliert. Hier funktioniert das Prinzip von „Roar“ noch mit am besten, fragt sich das Publikum doch unentwegt, wieso die Frau das mit sich machen lässt. Vor allem am Ende, wenn klar wird, dass sie ihre ganze Identität auf dem von der Mutter vorgelebten schlechten Exempel aufgebaut hat.

Roar S01E04 – „The Woman Who Found Bite Marks on Her Skin“

Der Umgang mit Müttern im Arbeitsleben ist ein gewaltiges Problem. Da darf die Darstellung auch schon mal schmerzen. Auch hier funktioniert die Darstellung des problematischen gesellschaftlichen Klimas in Verbindung mit der Visualisierung eigentlich ganz gut. Auch, weil man einen einigermaßen vernünftigen Abschluss hat finden können. Wirklich final-final ist der auch nicht, aber zumindest auf der persönlichen Ebene scheint es einen gewissen Punkt der Erkenntnis gegeben zu haben. Das passt auch irgendwo zum gesellschaftlichen Stand in der Realität – wir wissen (fast) alle, dass das Karriere-Familie-Problem besteht, aber noch immer steht keine ultimative Lösung bereit.

Roar S01E05 – „The Woman Who Was Fed by a Duck“

Hier habe ich mir am Ende wirklich die Frage gestellt, ob es zentral um die Beziehung zu einem toxischen Lebenspartner geht oder die Ente stellvertretend für eine Depression stehen sollte. In gewisser Weise demonstriert diese Doppeldeutigkeit aber ja auch ganz gut, welch immens schlechten Einfluss ein schlechter Mensch (oder eine schlechte Ente) auf die eigene Psyche und das eigene Leben haben kann. Dass sich die Entwicklung in der Folge selbst ein bisschen einschleicht, passt in diesem Fall eigentlich auch ganz gut zum realen Problemfall. Eine der besseren Folgen!

Roar S01E06 – „The Woman Who Solved Her Own Murder“

Bei dieser Folge empfinde ich die Balance zwischen Geschichte und Erzählweise etwas ungünstig. Vermutlich dürfte die Episode bei vielen Leuten mit am besten abschneiden, da das Storytelling kurzweilig ist und Alison Brie mitspielt. Die „Dialoge“ zwischen Geist und Umstehenden sind gut gemacht, Geister und Crime gehen eh immer. So macht die Folge Spaß, aber die eigentliche Moral der Geschichte fällt im Vergleich zu anderen Folgen deutlich hinten über.

Roar S01E07 – „The Woman Who Returned Her Husband“

Die mit Abstand beste Folge der ganzen Staffel folgt dann leider erst kurz vor Schluss. Die hätte ich deutlich vorgezogen, damit Leute nicht direkt abbrechen, oder sie ganz ans Ende gestellt. Nicht nur ist die Idee, den eigenen Ehepartner einfach mal umzutauschen, hervorragend, auch wird die kreative Grundidee hier endlich mal konsequent weiter gesponnen. So ergibt sich auch ein dramatischer Bogen, der zu einem konkreten Ende führt, das Moral und Emotion zusammenbringt. Außerdem hält die Folge auch einige der amüsantesten Momente der Staffel parat.

Roar S01E08 – „The Girl Who Loved Horses“

War bei allen anderen Episoden der zentrale gesellschaftliche Problemfall offenkundig, fällt mir dessen Identifikation in der abschließenden Folge deutlich schwerer. Coming-of-Age ist da mit drin, das Vater-Tochter-Verhältnis oder auch der Unterschied zwischen rauer Außenerscheinung und fragilem emotionalen Innenleben. Alles verpackt in einer überschaubaren Western-Geschichte, die analog zum leisen „Roar“-Brüllen der Staffel auch eher ein sanft-weicher denn wilder Westen ist. Nett, aber erneut fühlt es sich eher wie ein kleiner Epilog denn eine ausgewachsene Geschichte an.

2. Staffel von „Roar“?

Noch hat Apple keine offizielle Meldung dazu veröffentlicht, ob es eine zweite Staffel von „Roar“ geben wird. Die Serie hat bislang jedoch lediglich acht der insgesamt 30 Kurzgeschichten adaptiert, die in der Buch-Vorlage vorkommen. Alleine das lässt also Grund zur Hoffnung für die Fans. Die bislang eher mittelmäßígen Kritiken geben aber zumindest Anlass für Überlegungen, was eine angepasste Produktion anbelangt. Persönlich hätte ich nichts gegen eine Fortsetzung einzuwenden, solange man diese etwas weiter ausbaut und Fernseh-tauglicher macht. Die Grundzutaten sind eigentlich gegeben, um originelle Fernsehunterhaltung mit Substanz zu schaffen. Progressive Unterhaltung mit starken Frauen(rollen) und gesellschaftlicher Message, die Empowerement unterstreichen, sind wichtig und richtig. Wenn dann auch noch kurzweilige und/oder vielschichtige Geschichten dabei herum kommen, wäre das perfekt. Vielleicht würde da auch eine Verlängerung der Laufzeit auf ~45 Minuten helfen. Aber bitte nur, wenn der Stoff es auch hergibt und nicht 20 Minuten mit atmosphärischer Einleitung vertrödeln, ehe der Kern der Sache losgeht…!

Bilder: Apple TV+

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2 Kommentare

  • Patrick

    Ich habe noch nichts gesehen, aber das Grundprinzip klingt in der Tat vielverprechend.

    Wenn ich dann aber lese, dass dieses Grundprinzip, das Tiefgründigkeit voraussetzt, eben diese Tiefgründigkeit ausspart, dann fällt mein Interesse irgendwie gleich wieder unter den Tisch.

    Schade!

    Mal abwarten, ob ich der Serie trotzdem eine Chance geben werde.

    • Ich würde mir an deiner Stelle ein, zwei Folgen anschauen und dann überlegen, ob ich den Rest noch schauen möchte. Da die unabhängig voneinander sind, kannst du auch gut mit Folge 7 starten und dann 4 oder 5 nachschieben. Insgesamt ist es ja nicht schlecht, aber statt gehobenen Mittelmaßes hätte es halt auch richtig gut werden können.


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