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Crying in the Reign

Hassiker der Woche: Reign

Spoilerfrei
8. April 2018, 14:38 Uhr
Spoilerfrei
Susanne
08.04.18

In meinem “Sex and the City”-Artikel habe ich versucht, möglichst objektiv zu bleiben. Ich weiß, fällt nicht auf. Aber nun muss ich wirklich mal richtig ausfällig werden: Womit kann man mir so richtig einen Serienabend versauen? Röhrenfernseher? Salziges Popcorn? Alle fünf Minuten ein Anruf? Nein, das kann ich alles tolerieren. Aber muss ich jemals wieder „Reign“ gucken, dann kann den Abend nichts mehr retten.

Vorhandener Inhalt?

Es war einmal eine Prinzessin, die sich trotz altertümlicher Heiratspolitik in ihren zukünftigen Ehegatten verliebt und in seinen Halbbruder gleich mit. Ein bisschen. Oder doch nicht? Wäre aber eh kein Problem, denn ihr Verlobter will sie nicht heiraten. Oder doch? Der Halbbruder ist ein Bastard und Heide. Das passt nun so gar nicht zu einer streng katholischen zukünftigen Königin. Zum Glück hat sie nicht, wie manch andere adlige Damen, eine böse Stiefmutter, die ihr zusätzlich das Leben schwer macht. Dafür aber eine abergläubische Schwiegermutter. Ach so, aber sie hat einen hilfreichen Geist. Kann ja nicht jeder eine gute Fee haben.

Das ist ein grober Einblick in die Serie Reign.

Für diese Serie habe ich sogar meine eigene Auswahlmethode über Bord geworfen und mehr als die nötigen fünf Folgen geschaut. Ich hatte Hoffnung. In diesem Fall war ich völlig chancenlos. Ich verrate euch ein Geheimnis: Auch wenn ich jetzt eine andere Profession habe, zu einer Zeit als Twix noch Raider hieß, wurde meinerseits ein Studium der Geschichte abgeschlossen. Mein Schwerpunkt schloss das elisabethanische Golden Age mit ein. Das war nun wirklich Pech für die Serie. Ich wusste von Anfang an, wie es ausgeht.

Es ist, als wenn man eine Serie über Kleopatra macht. Das Ende steht fest. Ist nicht dran zu rütteln. Tot ist tot. Punkt. Und man braucht auch kein Geschichtsstudium, um das Ende von „Maria Stuart“ zu kennen. Schade. Wie soll ein Serienmacher dieses Ende umgehen? Nachdem ich die Serie mehrere Folgen lang geguckt habe, traue ich denen allerdings alles zu. Wahrscheinlich muss ich noch mal das mariannische Golden Age studieren.

Außergewöhnlich

Wenn man die Serie sieht, kommt einem 90er Jahre Teenie sofort alles verdächtig bekannt vor. Das ist kein Zufall, denn eine der Entwicklerinnen, Laurie McCarthy, hat in der Tat 22 Folgen von „Beverly Hills 90210“ geschrieben und einige produziert. Es sind also tatsächlich Brenda und Dylan in aufgerüschten Kleidern der Pseudo-Renaissance.

Ich mag ein wenig “Punk” in einer historischen Serie. Ich fand „A Knight’s Tale“ großartig, um mal einen Film ins Spiel zu bringen. Und auch „The Tudors“ haben eleganter dem gegenwärtigen Menschen das Zeitalter von Henry VIII. nahe gebracht. Das Ambiente muss stimmen.

In dieser Serie stimmt allerdings gar nichts. Moderne Musik toleriere ich, Kleidung, mit der selbst eine Anne Boleyn schon viel früher hingerichtet worden wäre, auch. Sogar veränderte Zeitabläufe. Aber wenn man meint, dass Lola ein adäquater Ersatzname für eine historisch verifizierte Figur namens Mary ist, dann könnte ich schreien. Lola! Ja, ein ganz typischer Name dieser Zeit. Aber selbst Lola, bzw. Anna Popplewell sagt, dass es sich bei dieser Serie um „Fantasy-History“ handelt. Na, da kann ich mir wohl doch lieber „Game of Thrones“ angucken.

Ich gebe ja zu, dass es verwirrend ist, wenn gleich vier bis fünf Damen in einer Serie den Namen Mary haben, aber kann man das bitte anders lösen? Wozu gibt es Zahlen. Mary Eins, Mary Zwei, usw.

Totalausfall

Ich habe ja sogar eine Lieblingsfolge. Ich saß auf dem Sofa und verfolgte gebannt das bunte Treiben. Mit einem Mal dachte ich: “Mhh, daran kann ich mich gar nicht erinnern. Muss ich mal nachschlagen”. Ich freute mich, dass der alte Denkapparat mal in Schwingungen gerät. Dann musste ich wirklich aufschreien, als die hübsche Hauptfigur zu dem abgewiesenen Konterpart sagte: “Das behalten wir für uns. Das soll ja nicht in den Geschichtsbüchern auftauchen!” WHAT? Kreative Freiheit in allen Ehren, aber politische Konstrukte so zu verbiegen, ging mir einfach viel zu weit.

Aber die bereits genannte Madame McCarthy hat kein Problem damit, auch in Interviews zu beweihräuchern, dass ihre Serie auf Unterhaltung aus ist und nicht auf geschichtliche Bildung. Wäre auch Quatsch. Bildung wird völlig überbewertet und kann man auch nicht spannend verkaufen. Ich werde meine Tudors und White Queen/Princess-DVDs sofort verbrennen.

Wie diese Serie es geschafft hat, fast vier Jahre mit 78 Folgen zu laufen, erschließt sich mir nicht. Ich will keinen Vergleich mit, zum Beispiel, „Firefly“ anstellen, aber da hätte ich gerne vier Staffel gesehen. Mindestens.

Glaubt es oder nicht, diese Serie hat sogar Preise gewonnen und Nominierungen erhalten. Zwei Preise darf „Reign“ mittlerweile sein eigen nennen. Und nicht nur das! Es gibt sogar Bücher zur Serie! Vier Romane sind veröffentlicht. Da fehlen mir die Worte. Würde ich diese Information in einem Chat lesen, gäbe es jetzt einen satten Facepalm.

Darsteller vs. Figuren

Mary Stuart, Queen of Scots

Die Hauptdarstellerin Adelaide Kane ist zweifellos eine schöne junge Frau und ihre Darbietung wirkt naiv charmant. Schade, dass sie schmalbrüstige, abgeflachte Dialoge dafür auswendig lernen musste. Da nützt es ihr auch nichts, dass sie tatsächlich als Nachfahrin dem Hause Stuart angehört.

Die Serie wurde um sie herum gebaut, weil Mary Stuart “sexy” war. Doch ihr Leben war weniger von einem turbulenten Liebesleben geprägt, sondern von Verfolgung, Verlust und Gefangenschaft. Aber ich will keine Vorträge halten. Die Macherinnen der Serie gingen wohl einfach davon aus, dass eine 17-jährige Witwe noch was vom Leben haben will, bevor Ehemann Nummer Zwei abgemurkst wird und sie ihren Kidnapper heiraten muss. Na, von mir aus. Ist vielleicht Auslegungssache. Und für diese Serie hat sich die schnuckelige Adelaide Kane aus „Teen Wolf“ rausschreiben lassen.

King Francis II

Der Schauspieler Toby Regbo, der the royal Highness darstellt, ist für mich eine völlige Fehlbesetzung. Ich finde ihn in „Last Kingdom“ großartig. Da spielt er seine Rolle als sadistischen Emporkömmling überzeugend. Aber in „Reign“ wirkt er die ganze Zeit schwach, wankelmütig und seien wir ehrlich, auch ein wenig zickig. Klar hat jeder Mal einen schlechten Tag und auch ein Muttersöhnchen, Entschuldigung, Thronfolger darf mal seinen Eltern die Schuld an all dem Ungemach im Leben geben. Aber Francis hat das Mimimi perfektioniert. Von einem Herrscher, der bereits mit 16 an einer Geschlechtskrankheit stirbt, obwohl er nicht der Ansehnlichste war, erwarte ich eine andere Lebenshaltung.

Baron Sebastian ‚Bash‘ de Poitiers

Wer? Ach so, den gab es gar nicht in Wirklichkeit? Das Gesicht kenne ich! Warte, der hat doch bei den Tudors den Kopf verloren. Torrance Combs ist ein knackiger Schauspieler, der nur da ist, um eine Menage a Troi zu entwickeln. Na gut, es gibt schlimmeres. In dieser Serie auf jeden Fall.

Lady Greer Castleroy, Lady Kenna de Poitiers, Lady Lola Narcisse, Aylee

Nein, ich weigere mich die umbenannten Mary-Groupies einzeln durchzugehen. Eine Folge „Pretty Little Liars“ würde diesbezüglich auch reichen. In schicken High School Abschlussballkleidern.

Queen Catherine de Medici, King Henry II, Diane de Poitiers

Megan Follows ist eine großartige Schauspielerin und nimmt ihre Rolle des Bösewichts sehr überzeugend ein. Einer echten Medici ist die beschriebene Dame aber unwürdig. Genau das fehlt ihr nämlich in der Serie: Würde. Die Serien-Catherine ist offen eifersüchtig, erfolglos intrigant und treibt sich mit ihrem Hellseher in den Dungeons rum.

Der ständig Röcke hebende König Henry (Alan van Sprang) ist glaubwürdig. Das konnte er bereits in den Tudors unter Beweis stellen. Auch wenn ich es in der zweiten Folge gruselig finde, dass er rein zufällig in finsteren Gängen rumsteht und masturbierenden Hofdamen zur Hand geht.

Warum wurde die Rolle der königlichen Mätresse Diane nicht weiter ausgebaut? Die Schauspielerin Anna Walton durfte nur in fünf Episoden auftreten. Das kann ich nicht verstehen. Immerhin hat die echte Diane de Poitiers im Leben von Mary und Francis eine nicht unbedeutende, wenn auch hintergründige Rolle gespielt.

Diese drei versierten Darsteller wurden leider nicht vom Rest des Casts getragen.

Nostradamus

Ja, der echte Nostradamus wäre zu der Zeit schon ein bißchen reifer. Er hat sich dafür ziemlich gut gehalten. Ob er jemals den französischen Hof besucht hat, ist nicht dokumentiert. Aber wenn man unbedingt ein übernatürliches Element benötigt, gibt es schlechtere Ideen.

Rest

In den folgenden Staffeln tauchen immer weiter mehr oder weniger spannende Gestalten auf. Sogar der erfolgreiche und nett anzusehende Craig Parker gibt der Serie ab Staffel Zwei eine Prise Schauspielkunst dazu. Dass tatsächlich Konflikte mit Queen Elisabeth I. thematisiert werden, finde ich gut. Die Art und Weise ist eines Gossip Girls würdig. Wundert mich das? Nein.

Kostüme

„Gossip Girl“ ist an dieser Stelle ein gutes Stichwort. Wir erfreuen uns an den Anachronismen der Kleidung dieser Serie. Und man darf sich nicht wundern, dass die Macherin eben auch Serena, Blair und die anderen Grazien eingekleidet hat. Das Ziel der Designerin war es auch, bei „Reign“ die Kostüme den Charakteren anzupassen. Sich dabei an den historischen Gegebenheiten wenigstens zu orientieren, würde mir da auch nicht in den Sinn kommen. Allerdings muss ich zugeben, dass ich die Ballkleider in schwachen Momenten ganz hübsch finde.

Drehorte

Die Serie wurde in Kanada gedreht. Der Pilotfilm, wahrscheinlich für einen Hauch von Authentizität, in Irland. Allerdings bringen die jungen Darsteller diverse andere Akzente aus ihren Heimatländern mit. „Australisch“ ist nicht unbedingt hoftauglich. Selbst die französischen Figuren haben einen britischen Akzent. Man nimmt es auch an dieser Stelle nicht so genau. Überraschend.

Sonstige Kritik

Man merkt, dass das Format auf ein jüngeres Publikum zugeschnitten ist. Im Pilotfilm musste eine Masturbationsszene rausgeschnitten werden. „The Tudors“ hatten damit kein Problem. Und eine Episode hat zwei Ausführungen: einmal Blümchen und einmal knallhart. Oder so ähnlich…

Man kann nicht behaupten, dass die Serie lieblos hingeklatscht ist, aber man merkt, dass es die Liebe zu einem anderen Genre ist. „One Tree Hill“ im 16. Jahrhundert. „Mary the Gossip Girl“. Die großen politischen Intrigen dieser Zeit, gehen in den kleinen Pubertätsdramen unter oder werden gezielt ignoriert. Schade.

Auf den ganzen Kram mit den Heiden und deren Rituale gehe ich nicht ein. Da gab es jede Menge verschenktes Potenzial. Man hätte so schön ein wenig „Nebel von Avalon“-Flair mit reinbringen können.

Letztendlich

I am not amused! Lasst die Jugend ruhig dumm sterben, oder wie? Geht gar nicht. So langweilig war die echte Geschichte gar nicht. Und man kann sich ja ruhig kreative Freiheiten erlauben. Aber bitte mit Sinn und Verstand. Also, gebt mir den Röhrenbildschirm, das salzige Popcorn und von mir aus laute Nachbarn. Aber bleibt mir weg mit „Reign“.

Den Soundtrack lasse ich mir gefallen.

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