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Ostara, die Botin des Frühlings und der Fruchtbarkeit

Review: „Equinox“ – Staffel 1

Mini-Spoiler
2. Januar 2021, 17:47 Uhr
Mini-Spoiler
Chris
02.01.21

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„Wenn sie dich wollen, dann holen sie dich…Eine andere Realität. Wir sind in einer anderen Realität. Ich war da, Astrid, ich war da. Und es wird wieder passieren.“

Klingt seltsam? Mysteriös? Ist es auch, beides! Der Text ist ein Auszug aus einem Liveanruf in der Radio-Show von Astrid, der weiblichen Hauptdarstellerin der neuen Serie „Equinox“, die seit dem 30.12.2020 auf Netflix zu sehen ist. In der dänischen Produktion geht es um eine verschwundene Abschlussklasse und die Aufklärung dieses mysteriösen Falls seitens Astrids. Eine der vermissten Jugendlichen ist auch ihre Schwester Ida sowie deren beste Freunde. Okay, wer den Medien Glauben schenkt, der wird mittlerweile wissen, dass diese Serie schon als Nachfolger von „Dark“ gehandelt wurde, bevor überhaupt die erste Folge zu sehen war. Ob dem so ist, entscheidet am besten jeder für sich selbst. Jetzt lasst mich ein wenig die Hauptpersonen der Serie beleuchten.

Astrid

Astrid (Danica Curcic) begegnen wir während den sechs Folgen der Serie stets in zwei verschiedenen (Erscheinungs-)Formen: einmal der jungen Astrid (Viola Martinsen) im Jahr 1999, keine 10 Jahre alt, dann der erwachsenen Astrid, gut 20 Jahre später, mittlerweile also 30 Jährchen jung. Die erwachsene Astrid arbeitet als Radiomoderatorin und hat auch eine eigene Sendung. Ihr Leben wird aus der Bahn geworfen, als während einer ihrer Livesendungen der Anruf von „Jacob“ während eingeht. Sofort tauchen Bilder aus ihrer Kindheit auf, denn Jacob war kein geringerer als Idas Freund, der damals auch einer der verschwundenen Jugendlichen war. Entsprechend reagiert Astrid auch, als sie realisiert, dass es sich bei diesem Anrufer wirklich um jemanden handeln könnte, der etwas über das Verschwinden ihrer Schwester wissen könnte.

Lassen wir das mal so stehen und wenden uns, durch die Zeit springend, wie es die Serie auch regelmäßig macht, der jungen Astrid zu. Diese hat eine besondere Beziehung zu ihrer älteren Schwester Ida, sie verstehen sich wirklich prima. Entsprechend bescheiden geht es der Astrid auch, als dieses eine lebensverändernde Ereignis passiert: ihrer Schwester Ida tritt mit all den anderen Absolventen des Jahrgangs die Abschlussfahrt an, erreicht dort aber niemals das geplanten Ziel. Nicht nur Astrid kommt damit nicht klar, auch ihre Eltern haben schwer damit zu kämpfen und – wie sollte es anders sein – die Ehe zerbricht daran. Was vielleicht auch daran liegt, dass Lene eine komplett andere Erklärung für das tragische Unglück hat.

Lene (Hanne Hedelund) macht bereits zu Anfang einen etwas wirren Eindruck, wirkt sehr beschützend, aber gleichzeitig verängstigt und irgendwie seltsam, wenn es um ihre Töchter geht. Die erste Episode zeigt bereits einen Streit mit ihrer Tochter, da Lene Ida eben gerade jetzt nicht mit auf die Abschlussfahrt lassen möchte. Sie hat dafür ganz gute Gründe, was wir Zuschauer während der restlichen Folgen noch lernen werden, doch anfangs schüttelt man nur den Kopf und denkt nur, Mama Lene hat nie gelernt, ihre Tochter loszulassen. Drehen wir wieder am Rad der Zeit und springen in die Jetzt-Zeit: Auf ihrer Mission, das Verschwinden ihrer Schwester endgültig aufzuklären, muss Astrid natürlich an den Ursprung zurückkehren: ihre Heimatstadt Kopenhagen. Auf der Suche nach Antworten besucht sie auch ihre Mutter, die sie seit Kindertagen nicht mehr gesehen hat. Diese hat Idas Zimmer unverändert gelassen, mit der Begründung Ida könnte ja quasi auch nach 20 Jahren jederzeit zur Türe hereinkommen und, falls das passiert, soll sie sich entsprechend „wie zu Hause“ fühlen. Ja, Mama Lene scheint ein Rad ab zu haben, oder auch zwei, weswegen ihr schließlich auch das Sorgerecht für Astrid aberkannt wurde. Aber: ein guter Karren hat ja bekanntlich vier Räder und entsprechend geben wir sie nicht auf. Lene spielt in der Serie nämlich eine wichtigere Rolle als angenommen. Man sollte sie daher nicht gleich in die falsche Schublade stecken, sondern abwarten, was da noch kommt.

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Papa Dennis (Lars Brygmann) weiß wohl auch mehr über die Story des Verschwindens der Absolventen als er zugeben mag. Wir lernen ihn als scheinbar extrem fürsorglichen und liebevollen alleinerziehenden Vater kennen, der seine eine verbliebene Tochter Astrid vor allem Bösen dieser Welt beschützen möchte, alles was er tut nur für sie tut und überhaupt nur das Allerbeste für sie will. Klingt gut, aber, ist dem auch so oder gibt Dennis das alles nur vor? Ohne groß zu spoilern kann ich sagen, dass Astrid ihm zumindest einen längeren Aufenthalt in einer Einrichtung für psychisch „labile“ Kinder verdankt, da er will, dass den Alpträumen seiner Tochter mit Medikamenten aller Art zu Leibe gerückt wird. Seine wahren Beweggründe für dieses Verhalten erfahren wir noch.

Gang

Natürlich darf man die besten Freunde von Ida nicht vergessen. Der eingangs bereits erwähnte Jacob Skipper war ihr damaliger Freund, ihm zur Seite stand sein bester Kumpel Falke und die gemeinsame Freundin Amalia. Als einer der Coolsten seines Jahrgangs hatte Jacob zusammen mit Falke eine kleine Metalband. Das Demotape des ersten Songs „Hey Ostara“ hört sich nicht einmal schlecht an und wurde stilecht für die 1990er Jahre auf einem passenden Walkman abgespielt. Als richtiger Aufrührer und Anstifter der kleinen Gang standen die Mädels seinerzeit selbstverständlich bei ihm Schlange, doch tatsächlich hatte er nur Augen für Ida. Diese wiederum war die Traumfrau von Falke, wovon Astrid natürlich nichts wusste. Die brünette Amalia stand ganz im Schatten der begehrten Blondine Ida, wie das zum Ende der Pubertät in kleinen Cliquen von Gleichaltrigen eben so ist, ganz Klischee.

Allen dreien begegnen wir Zuschauer noch oft auf den zahlreichen Ausflügen in die Vergangenheit. Wir erleben Auszüge aus Idas Jugend, kleine Abenteuer zusammen mit ihren besten Freunden, von harmlos bis kriegsentscheidend. Kriegsentscheidend deshalb, weil wir in Rückblenden auch sehen dürfen, auf welche Reise mit ungewissem Ausgang sich Ida, Jacob, Falke und Amalia eines Nachts machen. Das, was sie dort erleben, hat Auswirkungen bis ins Jetzt, sogar auf die längst erwachsene kleine Schwester Astrid.

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Ich hatte mich bewusst nicht von bereits existenten Reviews lenken oder durch irgendwelche Vorab-Hypes beeinflussen lassen. Gänzlich unvoreingenommen setzte ich mich auf meine Couch, startete Netflix und gab der Serie eine Chance auf mich zu wirken. Das, was ich sah, war mit Sicherheit kein Stoff für vier oder gar mehr Kronen, allerdings solide Genre-Kost. Ich werde auch im Fazit nicht mit irgendwelchen Serien vergleichen, gebe nur kurz zu bedenken, dass mich die eine oder andere Szene an die erst kürzlich erschienene Serie „The Third Day“ mit Jude Law in der Hauptrolle erinnerte. Aber ich will nicht abschweifen.

Die Spurensuche von Astrid ist abwechslungsreich gestaltet und es ist spannend mitzuerleben, wie sie dem Mysterium des Verschwindens dieser jungen Menschen nach und nach immer wieder ein Stück näherkommt. Gekonnt verknüpft sie die einzelnen Fäden, entdeckt immer wieder Puzzleteilchen, setzt diese passgenau an der richtigen Stelle ein und macht dadurch teilweise schockierende Erkenntnisse, was das Leben ihrer Schwester und auch ihr eigenes angeht. Was mir als Freund geschriebener Worte und Sammler von Graphic Novels und sonstigen schriftlichen Werken auch gut gefiel, ist die Tatsache, dass der heimliche Hauptdarsteller dieser Serie aber ein Buch ist.
Ein optisch unauffälliges, kleines, in Leder eingeschlagenes Werk, das aus handbeschriebenen Seiten, unterbrochen von der einen oder anderen Zeichnung, besteht. Dieses Werk, „Grimoire“ (phonetisch) genannt ist in der Hand von Jacob, der auch fleißig daraus zitiert:

„Gib das eigene Leben, was du widerwillig loslassen würdest.
Gib es ohne Zwang, sonst muss jeder leiden.“ (der „König“)

Jacob ist total fasziniert von diesem Buch und lässt seine Freunde bei jeder Gelegenheit an den Weisheiten, die er dem „Grimoire“ entlockt, teilhaben. Auch ein, schlussendlich für alle vier Beteiligten, schicksalsentscheidendes Würfelspiel entstammt dessen handbeschriebenen Seiten. Jedes geworfene Würfelauge steht für ein persönliches Einzelschicksal derjenigen, die am Spiel teilnahmen. Allgemein spielen Zahlen eine große und wichtige Rolle, wie Astrid noch erfahren wird, allen voran die Zahl 21. Wer aufpasst, wird diese im Verlauf der Serie sehr oft entdecken, auch einmal als Zimmernummer im Krankenhaus. Das alles ist natürlich insgesamt nichts Neues – geheimnisvolle Bücher, mysteriöse Inseln und Zahlenverschwörungen gibt es zuhauf – aber immerhin ist alles so miteinander verwoben und die Atmosphäre so weit stimmig, dass man sich einen verregneten Sonntagnachmittag (oder Neujahrstag) schon damit vertreiben kann.

Allgemein bleibt zu erwähnen, dass das Erzähltempo gemächlicher Natur ist. Man verpasst nur wenig, wenn man einmal den Weg zur Toilette oder zum Kühlschrank antritt. Die sechs je rund 45 Minuten kurzen Episoden weisen trotzdem selten Längen auf, die Logik bleibt nicht auf der Strecke. Wer also mitgrübelt, seine grauen Zellen anstrengt und Astrids Informationen eigenständig zu einer Lösung verknüpft, hat nicht selten Recht damit. Das macht Spaß, ebenso aber auch dann, wenn das Drehbuch den eigenständig ermittelnden Zuschauer aber genau damit auf die falsche Fährte lockt.

Wer anfangs, als er den Trailer gesehen oder eventuell den einen oder anderen Vorab-Pressebericht gelesen hat, schon dachte, hier einfach eine schlechte(re) Version von „Midsommar“ oder „Wicker Man“ zu erleben, sieht sich getäuscht.

Weitere Fakten zur Serie:
Den titelgebenden Equinox gibt es natürlich. Hier handelt es sich um den Zeitpunkt der Tag-und-Nacht-Gleiche, also diejenigen Wendepunkt-Tage des Jahres an denen Tag und Nacht den exakt gleichen Zeitraum einnehmen, an allen Orten der Welt. Man unterscheidet hier das Frühlingsäquinoktium (am 20. oder 21. März) und das Herbstäquinoktium (22. oder 23. September).

Die Serie basiert auf dem Podcast „Equinox 1985“ der dänischen Autorin Tea Lindeburg. Diese hat eine 10 Folgen lange „Pseudo-Doku“ eines fiktiven Geschehnisses, welches im Sommer des Jahres 1985 spielt, erdacht und dieses bereits 2017 als „Radiodrama“ veröffentlicht. Auch hier wird entsprechend mit Realität und Fiktion gespielt, ganz wie in dieser Serienumsetzung.

In der Serie bleibt es auch oft unklar, ob man den Augen oder Erlebnissen des jeweiligen Darstellers wirklich trauen darf oder ob die gezeigten, angeblich durchlebten Szenen nur der lebhaften Phantasie Astrids oder gar einer nicht diagnostizierten Geisteskrankheit entspringen.
Die letzte Episode von „Equinox“ präsentiert den Zuschauern, die bis hierhin wacker durchgehalten haben, einen sauberen Cliffhanger, welcher durchaus vermuten lassen könnte, dass eine zweite Staffel der Serie angedacht wäre. Ich hätte nichts dagegen.

„Thu Ga Ut Thatr Osta“

(Inschrift auf einem Runenstein, benennt die Ostergöttin Ostara)

Bilder: Netflix

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