Die erste Folge der Staffel startete mit viel Action und wenig Humor – das soll sich mit der zweiten Folge ändern. „Star Trek: Strange New Worlds“ hat sich die Freiheit genommen, einen Mix aus Serial und Episodenformat zu produzieren, d. h. nicht alle Folgen hängen direkt zusammen oder führen auf ein großes Klimax hin. Und Episode zwei geht sogar zwei Stufen runter, und man fühlt sich direkt zu Beginn wie in einer Soap Opera.
Spock freut sich darauf, nach drei Monaten Chapel wiederzusehen. Er nimmt bei La’an Tanzunterricht und macht sich sogar die Haare schön, bevor er zur Transporterplattform schreitet. Dort erfährt er, dass sie nicht allein herüberbeamt – und auf der Plattform offenbart sich, dass Dr. Korby ihr Date ist. La’an und Scotty reißen überrascht die Augen auf, ein dramatisches DA DA DAAAAAA ertönt, Zoom auf Spocks verwirrtes Gesicht – und dann folgt das Intro.
Als Verfechter der Star Trek-Kontinuität ist mir dieser lüsterne Spock zwar ein Dorn im Auge – im Sinne von etwas zu vielen jugendlichen Schürzenjäger-Emotionen im Halbvulkanier –, aber im Rahmen dieser Serie verzeihe ich das dem Franchise. Zumindest bleiben die Mundwinkel brav unten und auch der Gesichtsausdruck bleibt typisch vulkanisch – damit kann wohl jeder Spock-Fan leben.
Spock ist also nicht gut drauf, denn sein Herzblatt hat inzwischen einen neuen Partner. Chapel selbst weiß nicht so recht, was sie vom Leben will. Ihre Gefühle gehören jedenfalls ihrem neuen Freund – einem kompletten Gegenpol zu Spock.
Doch bevor wir uns fragen können, wie es weitergeht, nimmt die Folge eine Wendung: Spock findet sich in einer alternativen Realität wieder, in der er kurz vor der Hochzeit mit Chapel steht.
Korby bemerkt die Veränderung, konfrontiert Spock und schafft es, dass Spocks Geist aus dieser Fiktion ausbricht. Doch alle an Bord glauben weiterhin, dass tatsächlich eine Hochzeit stattfinden wird. Eine schöne Idee ist, dass Spock nun mit seinem Nebenbuhler – wobei Spock eigentlich selbst der Nebenbuhler ist – zusammenarbeiten muss. Und jedes Mal, wenn sie versuchen, jemanden von der Wahrheit zu überzeugen, geht es schief: Niemand glaubt ihnen. Wer das Ganze steuert, klärt sich schnell auf: ein allmächtiges Wesen in Gestalt eines alten Mannes, der als Weddingplanner auftritt und nicht aufhören will, bis er sein Ziel erreicht hat – und sogar mit dem Äußersten droht.
Am Ende greift auch diese Folge ein klassisches Star Trek-Motiv auf: Ein scheinbar allmächtiges Wesen will seinen Willen durchsetzen, bis sich herausstellt, dass es nur ein Kind einer übermächtigen Rasse ist. Während im klassischen Star Trek („Der Fall Charlie“) sogar Crewmitglieder sterben, bevor die „Eltern“ des Wesens alles rückgängig machen, bleibt es hier harmloser: Korby wird lediglich kurz in einen Hund verwandelt.
Die Auflösung in „Hochzeitsglocken‑Blues“ erfolgt ebenfalls durch das Eingreifen der Eltern des allmächtigen Weddingplanners. Danach tanzt die ganze Crew fröhlich in schicken Kleidern zu 80er‑Jahre‑Musik. Nur das Ende versucht noch, eine „spannende“ Note zu setzen: Ortegas hat die Gorn noch nicht überwunden. Meiner Meinung nach hätte es das nicht gebraucht – erstens sind die Gorn für mich inzwischen auserzählt, zweitens passt dieser Handlungsfaden nicht zu der ansonsten leichten und lockeren Folge.
Normalerweise würde ich so etwas gar nicht schauen, aber als Blickwinkel auf mein liebstes Franchise – mit tollen Schauspielern und Charakteren – wird hier wieder die Geschichte erweitert und einfach gut unterhalten. Ich kann es nicht anders sagen. Auf den einschlägigen Portalen sieht man es zwar genau andersherum: Die erste Folge wird gefeiert, diese eher als lahm bewertet. Aber Geschmäcker sind bekanntlich verschieden.
Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und feiere diese unangestrengte Art dieser Serie. Wie gut wäre beispielsweise Picard gewesen, wenn es einfach mal Folgen gegeben hätte, in denen er alte Weggefährten trifft und Geschichten erzählt? Das Einzige, was mich an Strange New Worlds stört, ist, dass man hier gerne in Richtung der alten 26‑Folgen‑Staffeln hätte gehen können. Aber diese Zeit scheint leider vorbei zu sein.
Wie seht ihr diese Folge? Großartige Unterhaltung oder sind euch dafür die Abo-Gebühren zu schade?
Bilder: Paramount+ | CBS Studios
Zwei Dinge sollten hier erwähnt werden:
– Der geheimnisvolle Hochzeitsplaner ist Trelane, der in der TOS Folge TÖDLICHE SPIELE AUF GOTHOS auftaucht. (Da nur wir hier sein wahres Gesicht sehen können, stellt sich auch nicht die Frage, warum der ältere Spock ihn nicht erkannte/erkennen wird.)
– Im Original stammt die Stimme von Trelanes Vater von einem Special Guest Star, der nicht nur vermuten lässt, dass wir es hier mit einer ganz bestimmten Rasse zu tun haben, sondern auch, dass wir Trelane als „Teenager“ schonmal in einer anderen Serie getroffen haben.