Ich war nie ein DVD-Sammler, aber für einige Filme und auch Serien habe ich mir vor 20 Jahren (OMG – ja, so lange ist das tatsächlich schon her) dann doch ein paar Silberscheiben gegönnt. Darunter auch „Mein neuer Freund“ von und mit Christian Ulmen aus dem Jahr 2006.
Damals habe ich die DVD rauf und runter geschaut. Nun möchte ich im Rahmen eines Rewatch-Reviews prüfen, ob mein Humor immer noch mit dieser fast schon klassischen Reality-Prank-TV-Serie harmoniert.
Für alle, die die Serie nicht kennen, hier eine kurze Beschreibung: Christian Ulmen verkleidet sich und spielt einen extrem anstrengenden Charakter. Ein Kandidat oder Kandidatin muss so tun, als sei dieser absurde Mensch ihr neuer fester Freund oder bester Freund – und das vor Familie und engen Freunden und Freundinnen. Das Format funktioniert nur, wenn die Kandidat:innen Christian Ulmen nicht erkennen und das Umfeld natürlich auch nichts von der Sendung weiß. Deshalb gab es ursprünglich auch nur eine Staffel – bis vor Kurzem. Aber dazu später mehr.
Meine Lieblingsfolge war damals direkt die erste. Christian verwandelte sich in den Hamburger Lebenskünstler Knut Hansen. Einer, dem Körperhygiene nicht allzu wichtig ist, der einen Hut und Lederhose trägt – und einen schlechten Witz nach dem anderen raushaut, meist deutlich unter der Gürtellinie.
Die Kandidatin Diana ist das komplette Gegenteil. Als junge Erwachsene steht sie am Anfang ihres Lebens, legt Wert auf Ordnung und geregelte Verhältnisse. Knut stellt sie vor eine enorme Herausforderung.
Gleich zu Beginn begrüßt Diana ihren angeblich neuen Freund zu Hause – zusammen mit ihrer guten Freundin. Knut lässt seinen „Charme“ spielen und feuert direkt den ersten Witz ab. Er sitzt auf ihrem Wasserbett und sagt: „Was ist eine Blondine auf einem Wasserbett? Eine Bohrinsel.“
Lachen tut nur Knut. Diana und ihre Freundin Silke lächeln gequält. Damit ist der Ton für das Knut-Wochenende gesetzt.
Das Format spielt damit, dass Knut oft die Szene verlässt, sodass die versteckten Kameras die Gespräche zwischen der Kandidatin und ihren Freund:innen aufnehmen. Spannend und teilweise ernüchternd ist dabei zu sehen, wie sich das Umfeld bemüht, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, keine offene Kritik äußert und stattdessen versucht, das Positive an Knut zu sehen.
Knut nimmt Silke und Diana mit auf eine Autofahrt, in der er weitere derbe Witze erzählt (die ich damals übrigens gerne weiterverbreitet habe).
Beispiel gefällig? „Was ist der größte Dom? Richtig, der Kölner Dom – 4000 Sitzplätze. Was ist der kleinste Dom? Der Kondom – nur ein Stehplatz.“ Die Fahrt zieht sich wie Kaugummi. Bei einer Pause verlässt Knut das Auto, und Silke sagt zu Diana, Knut würde zu ihr passen – obwohl er sie vorher angebaggert hat und eine unangenehme Situation nach der anderen provoziert hat. Für die Zuschauer ist das pures Fremdscham-Gold – und die Frage steht im Raum: Ist Silke überhaupt eine gute Freundin? Hätte sie nicht sagen müssen, dass das nicht geht?
Ein spannendes Sozialexperiment – und letztlich ist es für die Angehörigen der Kandidatinnen oft sogar die größere Falle, da sie ja nicht wissen, dass alles nur ein Spiel ist.
Nach dem ersten Tag folgt eine schreckliche Nacht. Knut weckt Diana ständig. Am nächsten Morgen zwingt er sie, um ihren kleinen Couchtisch herumzutanzen und dabei zu reimen. Was zunächst witzig beginnt, wird schnell zur Tortur, weil Knut keine Fehler und keinen Spaß zulässt. Als Diana schließlich Tränen in den Augen hat, löst Knut die Situation auf und baut sie wieder auf – da scheint selbst Christian Ulmen gemerkt zu haben, dass er zu weit gegangen ist.
Im Off sagt Diana, dass sie ihn am liebsten abstechen würde – so furchtbar findet sie das Ganze.
Und während man denkt, es könne nicht schlimmer werden, folgt ein Nachmittag mit mehreren Freunden. Knut präsentiert Bilder von Diana, die er angeblich gemalt hat – und das Fremdschämen funktioniert auch 2025 noch hervorragend. Wir sehen eine nackte Frau auf dem Sofa, die Haare bedecken das Nötigste, die Beine sind verschränkt. Dann folgt ein Bild vom Busen. Dann vom Po. Dann von der Vagina – vor ihren Freund:innen! Dianas Blick sagt alles: Sie stirbt innerlich.
Knut setzt noch einen drauf, rastet aus, weil seine Kunst nicht ernst genommen wird, und fordert Diana auf, ihre Freund:innen rauszuschmeißen. Für sie vermutlich sogar der beste Ausgang – aber diese ganze Szene: schaurig schön.
Der letzte Tag fordert Diana noch einmal voll. Sie muss ihren Eltern zeigen, dass sie zu Knut steht. Es werden sexuelle Anspielungen gemacht – unter anderem: „Ich sag immer, ich bin ein Seemann – ich stech auch ins Rote Meer.“
Dianas Vater verlässt vor Scham sogar den Raum. Am Ende hält Diana durch und gewinnt 10.000 €. Und man muss sagen: Das ist auch heute noch eine echte Leistung – denn Knut hat wirklich alle Knöpfe gedrückt.
Damals hat mich die Sendung fasziniert – und das tut sie heute noch. Einerseits spielt Christian Ulmen die Rolle perfekt, andererseits überzeugt die Dramaturgie: Nicht nur die Kandidatin wird auf die Probe gestellt, sondern auch ihr gesamtes soziales Umfeld – von der besten Freundin über den Freundeskreis bis zu den Eltern.
Und wie oben schon beschrieben: Die Falle schnappt für die Angehörigen manchmal noch härter zu als für die Kandidatin. Hoffentlich konnte Diana da im Nachhinein etwas Dampf ablassen.
Auch wenn Christian keine weiteren Folgen produziert hat, leben Figuren wie Knut Hansen online weiter. Das Format selbst wurde vor etwa einem Jahr neu aufgelegt – diesmal mit einer Frau. Auch nicht schlecht, aber an das Original mit Christian Ulmen kommt es nicht heran.
Also, liebe Serienfans: Mein neuer Freund mit Christian Ulmen funktioniert auch im Jahr 2025 noch hervorragend – insbesondere die Knut-Folge kann ich nur wärmstens empfehlen.
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