Manchmal ist nicht nur der Serienplot voller überraschender Wendungen, sondern auch die Geschichte hinter den Kulissen. Die Mystery-Serie „Kohlrabenschwarz“, inspiriert von bayerischen Sagen und schwarzem Humor, erlebt eine Odyssee durch Deutschlands Medienlandschaft, die ihresgleichen sucht. Vom Hollywood-tauglichen Streaming-Start zu digitaler Heimatlosigkeit, von Fan-Kampagnen bis zur Landung beim Traditionshaus BR – kann diese Serie wirklich noch einmal ganz groß rauskommen und den Traum einer zweiten Staffel erfüllen? Die Daumen sind gedrückt, zumindest von unserer Seite.
Verheißungsvoller Start bei Paramount+
Nicht gerade unpassend zu Halloween ist „Kohlrabenschwarz“ mit Michael Kessler in der Hauptrolle mal wieder auf der TV-Bildfläche erschienen, und erhält so eine weitere Chance, noch mehr Zuschauer:innen zu Fans zu machen. Dabei kann man die Geschichte – ebenfalls passend – durchaus als gruselig beschreiben, zumindest mit Blick auf die Gefühlswelten der Protagonisten. Dabei begann die Reise von „Kohlrabenschwarz“ vielversprechend: Paramount+ Deutschland, damals auf Expansionskurs mit lokalen Inhalten, bestellte das Krimi-Mystery-Format von Tommy Krappweis (Ihr wisst schon… „Bernd das Brot“) und Christian von Aster, mit Michael Kessler in der Hauptrolle. Im Juni 2023 feierte die Serie Premiere, der Mix aus bayerischem Lokalkolorit, Komödie, Horror und Krimi überzeugte Kritiker wie Publikum – wir haben auch hier im Blog darüber berichtet. Auch ein unterhaltsames Makin Of wurde seinerzeit produziert: Die Rocket Beans Budi und Ian haben der Produktion beiwohnen dürfen und lieferten für das Format Kino Plus ein mit 68 Minuten äußerst ausführliches Making of zur Produktion, in dem unter anderem Darsteller Michael Kessler sowie Regisseur Erik Haffner zu Wort kommen.
Darum geht’s in „Kohlrabenschwarz“
Die Serie „Kohlrabenschwarz“ basiert auf der gleichnamigen Hörspiel-Reihe von Tommy Krappweis und Christian von Aster und wurde von deren Produktionsfirma bumm film in Zusammenarbeit mit Paramount Television International Studios realisiert. Michael Kessler spielt den ehemaligen Polizeipsychologen Stefan Schwab, der nur seine Ruhe haben möchte. Mit der Zeit zweifelt er an seinem sonst so analytischen Verstand: Kinder verschwinden, sagenumwobene Gegenstände tauchen auf und uralte Ammenmärchen bekommen plötzlich eine blutige Brisanz. Bald zieht sich eine Spur an Gräueltaten durchs Voralpenland. Während die Polizei die offensichtlichen Zusammenhänge nach Kräften ignoriert, schlägt sich zumindest die resolute Kommissarin Anna Leitner (Bettina Lamprecht) auf Schwabs Seite, ebenso die Ex-Frau Susanne (Bettina Zimmermann). Schließlich komplettiert Susannes neuer Freund das ungewöhnliche Ermittlerquartett: der evangelische Pfarrer Franz Hartl (Peter Ketnath). Als ein geheimnisvoller Informant Schwab ein Märchenbuch zuspielt, zeichnet sich ab, dass hinter den mysteriösen Verbrechen ein perfider Plan stecken könnte. Die Hinweise: Der Kraxelmann will „böse Kinder“ bestrafen, der Blutige Thomas und die Perchta sind auf der Suche nach „Sündern“ und der Rattenfänger zückt seine magische Flöte.
Nico Krappweis ist Produzent, sein Bruder Tommy Showrunner. Erik Haffner („Pastewka“, „Frau Jordan stellt gleich“, „Die Geschichte der Menschheit – leicht gekürzt“) führte bei allen Folgen Regie. Paramount+ veröffentlichte alle sechs Episoden der ersten Staffel am 8. Juni 2023 exklusiv in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In den Hauptrollen spielen wie gesagt Michael Kessler („Kessler ist …“, „Switch Reloaded“, „Manta Manta – Zwoter Teil“) und Bettina Lamprecht („Pastewka“, „Heute Show“, „Ladykracher“) sowie Bettina Zimmermann („Der Lack ist ab“, „Ein Fall für Zwei“), Peter Ketnath („SOKO Stuttgart“, „Passport to Freedom“), Jürgen Tonkel („Die Rosenheim-Cops“, „Die Chefin“), Axel Milberg („Tatort“), Tim Seyfi („Die Känguru-Verschwörung“), Sogol Faghani („Rheingold“) und Alexander Prince Osei („Tatort“). In Episodenrollen sind Esther Schweins („Blutige Anfänger“), Götz Otto („Dignity“), Alexander Schubert („Die Geschichte der Menschheit – leicht gekürzt“), Gregor Bloéb („Totenfrau“) und Jasmin Schwiers („Die Füchsin“) zu sehen.
Paramount zieht die Notbremse – das aus für alle deutschen Serien
Doch die Euphorie war schnell vorbei, denn Anfang 2024 erlebte die deutsche Serien-Branche einen Schock: Paramount+ vollzog einen harten Sparkurs und zog sich aus deutschen Eigenproduktionen zurück. „Kohlrabenschwarz“ verschwand nach nur einem halben Jahr aus dem Streamingangebot (siehe dazu auch meinen Aufreger-Beitrag von damals) – gemeinsam mit anderen ambitionierten Projekten wie „A Thin Line“ und „Die Chemie des Todes“. Der US-Konzern wollte sich wieder stärker auf eigene Franchises und US-Inhalte konzentrieren. Für die deutsche Produktion bedeutete das das abrupte Aus.
Die Reaktionen waren deutlich: „Mit diesem Erlebnis wurde mir umso eindringlicher klar: Nichts ist sicher“, kommentierte Tommy Krappweis die Situation. Immerhin spricht er von „kompetenten und wertschätzenden“ Paramount-Mitarbeitern und betont, dass unmittelbar vor dem Wechsel zum BR sogar schon Verhandlungen über weitere Staffeln liefen – dann kam das Aus „wenige Tage vor Unterschrift für weitere Staffeln so niederschmetternd“.
Fans und Macher geben sich kämpferisch: „Rettet Kohlrabenschwarz“!
Für die Verantwortlichen und Fans begann eine Rettungsarbeit: Es wurde ein Fanprojekt ins Leben gerufen, Briefe und Mails an das ZDF geschickt, in der Hoffnung, dort eine neue Heimat für die Serie zu finden. Doch ZDF winkte ab; Magenta TV sprang daraufhin ein und sicherte sich die Rechte für die deutsche Mystery-Produktion und weitere ehemalige Paramount-Serien. Ab Juli 2024 konnten Streamingfans die sechs Folgen dort schauen, parallel war die DVD-Version bereits in Vorbereitung.
Jetzt die neue Wende – mit der Free-TV-Premiere beim BR und der ARD-Mediathek – bis zum 27. November 2025 kann man die Serie erstmal wieder sehen. Und für mich passt das: Der BR – bekannt als Heimat eigenwilliger Formate wie „Hindafing“ oder „Servus Baby“ – bietet ein ideales Umfeld für die bayerisch geprägte Serie. Und ist bayerischer denn je, spielt vor Ort und schöpft aus lokalen Mythen, was der öffentlich-rechtliche Sender besonders schätzt.: „Grenzgänge verschiedener Genres, die hierzulande selten gelingen“, heißt es bei DWDL; Jan Freitag schreibt dort, dass die Serie „für Grenzgänge verschiedener Genres sorgt, die hierzulande selten gelingen“. Dementsprechend euphorisch klingt Michael Kessler, Hauptdarsteller und Mitentwickler, zum Start beim BR: „Wir sind komplett aus dem Häuschen und zutiefst dankbar, dass unser Herzensprojekt nochmal eine Chance bekommt“. Und die Fanbasis bleibt mobil, hofft auf eine Fortsetzung im neuen Sender-Zuhause.
Michael Braun: Die Serie „Kohlrabenschwarz“ wurde ja ursprünglich für Paramount Plus gedreht…
Tommy Krappweis: Genau, darauf sind wir sehr stolz. Ich glaube, wir haben noch nie so viele positive Kritiken für ein Projekt bekommen wie für diese Serie. Leider ist Paramount Plus – zumindest, was die internationalen Produktionen betrifft – auf etwas unerfreuliche Weise implodiert. Man hat dort festgestellt, dass man eine andere Strategie verfolgen möchte. Das war sehr schade, denn es geschah kurz vor der Beauftragung der zweiten Staffel. Umso glücklicher sind wir jetzt, dass der Bayerische Rundfunk beziehungsweise das Bayerische Fernsehen gesagt hat: Wir lizenzieren die Serie und zeigen sie.
Michael Braun: Klingt nach einer Perspektive…
Tommy Krappweis: …ja, wir hoffen natürlich sehr, dass Kohlrabenschwarz dort ein großes Publikum findet – so groß, damit jemand sagt: Wir übernehmen die Serie und produzieren eine zweite Staffel. So etwas müsste schon richtig groß einschlagen. Aber wie man bei „Bernd das Brot“ gesehen hat: Zeichen und Wunder geschehen!
Michael Braun: Ja, das stimmt. Gibt es denn die Möglichkeit, mit der Serie eventuell zu anderen Plattformen zu gehen – etwa Amazon oder Ähnliches?
Tommy Krappweis: Das können wir nicht aktiv betreiben, denn die Rechte liegen nicht bei uns. Es müsste also jemand proaktiv auf Paramount zugehen und sagen: Wir hätten die Serie gerne. Prinzipiell wäre das möglich. Die Entwicklung der zweiten Staffel war ja schon abgeschlossen – ich glaube, wir hatten sogar schon fertige Skripte. Paramount war da übrigens sehr fair: Sie haben uns damals das Angebot gemacht, dass wir das Material übernehmen und damit zu einem anderen Partner gehen könnten. Das wäre also grundsätzlich möglich.
Michael Braun: Das klingt immerhin vielversprechend.
Tommy Krappweis: Ja, aber dafür müsste eben jemand wirkliches Interesse haben – das wirklich, wirklich wollen. Ich finde allerdings, dass die Serie mit ihrem Lokalkolorit beim Bayerischen Rundfunk perfekt aufgehoben ist. Ehrlich gesagt: Dort passt sie einfach hin. Jetzt bleibt nur abzuwarten, ob die Zuschauerinnen und Zuschauer das genauso sehen.
Michael Braun: Ja, sehr spannend – ich drücke auf jeden Fall die Daumen!
Tommy Krappweis: Danke! Schauen wir mal, was passiert.
Chancen für eine zweite Staffel beim BR
Die entscheidende Frage bleibt: Kann der BR es richten und die Serie fortführen? Die Vorzeichen sind wie gesagt besser als bei vorherigen Stationen: Die Serie spielt in Bayern, spricht ein Publikum an, das der BR besonders gut erreicht, und das Senderprofil passt zum Genre-Mix. Die Serie wurde bekanntlich bereits erfolgreich als Hörspiel fortgesetzt. Mit der ARD-Mediathek und der bayerischen Verankerung ist die Basis für neue Folgen besser denn je. Die Geschichte von „Kohlrabenschwarz“ spiegelt aber auch wider, in welchem Umfeld Serien inzwischen bestehen müssen: Einerseits ist potenziell mehr möglich, weil immer mehr Player möglichst auf Eigenproduktionen und exklusives Material setzen wollen. Andererseits geht’s auch für diese Player immer um den finanziellen Aspekt, und Rücksicht genommen auf Detials im Portfolio wird da nicht. Aber es zeigt auch, dass Geschichten mit Qualität und Originalität durch diese breite Anbeiterlandschaft auch in turbulenten Zeiten und nach mehreren Stationen eine Chance bekommen können. Mit dem BR könnten die Macher und Fans das bekommen, was bei Paramount+ kurz vor der Unterschrift stand: Eine zweite Staffel. Die Fanbasis, die bayerische Identität und die Synergie mit dem BR bieten mehr Potenzial denn je – vielleicht ist die Reise hier endlich am richtigen Ziel angekommen. Wie heißt es in Baynern so schön: „Pack mers“!
Bilder: Paramount / ARD






































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