Wie ich in der aktuellen Serienbilderparade bereits bemerkt hatte, habe ich zuletzt die Reality-TV-Koch-Show „Culinary Class Wars“ auf Netflix geschaut. Mittlerweile bin ich mit den 12 rund einstündigen Folgen der ersten Staffel durch und möchte das Format all jenen ans Herz legen, die gerne Kochen und/oder essen. Damit bin ich zwar etwas spät dran, hat das im September auf Netflix gestartete „Culinary Class Wars“ wochenlang die Streaming-Toplisten angeführt, aber in Deutschland (oder zumindest meiner Bubble) kennen noch recht wenige Leute die koreanische Produktion. Vor allem aber möchte ich die Besonderheit des Formates mit einem Review-Schrägstrich-Netflix-Tipp unterstreichen, das ich mir vorstellen kann, dass einige Leute während oder nach der ersten Episode aussteigen. Tut das bitte nicht!
Let them cook!
Der Einstieg in „Culinary Class Wars“ ist zugegeben verdammt langatmig. Das Konzept ist recht sperrig und man nimmt sich etwas zu viel Zeit für die Vorstellung der Kandidat:innen. Und davon gibt es zu Beginn stattliche 100! Das Konzept erinnert direkt an „Physical 100“, nur dass es eben ums Kochen und nicht um physische Stärke und Fitness geht. Wobei, auch diese Komponenten spielen zwischendrin eine Rolle.
Das Konzept: Die 100 besten Köch:inne Südkoreas treffen aufeinander – 80 mit gewisser Kocherfahrung, die die „schwarzen Löffel“ ausmachen, sowie 20 auf Sterneküchen-Niveau, die „weißen Löffel“. Im Klassenkampf wird dann heruntergekocht und geschaut, ob die Etablierten wirklich die Elite sind oder durch die Challenges rasseln. Das System schürt direkt eine gewisse Underdog-Sympathie beim Publikum. Hinzu kommt, dass die schwarzen Löffel lediglich mit Spitznamen geführt werden (vielleicht auch für eine leichtere Unterscheidung im internationalen Raum). Erst im Finale haben schwarze Löffel sich die Offenlegung ihres echten Namens verdient – so sie es denn bis dahin schaffen sollten.
Abwechslungsreich aufgetischt
Unter den Teilnehmenden gibt es eine gewaltige Varianz. Einer meiner persönlichen Favoriten der Show ist „Comic Book Guy“, der die Inspiration zum Kochen aus Comics zieht und Gerichte serviert, die etwas wie „Comicbuchreihe Ausgabe X, S. Y“ im Titel tragen. Die dargebotene Küche ist zudem nicht ausschließlich koreanisch gehalten, es wird auch chinesisch, japanisch oder westliche Küche serviert. Dennoch schafft die Sendung es gut, die koreanische Cuisine näher zu bringen (und allgemein Appetit zu machen).
Mir gefällt zudem der respektvolle Umgang. Nicht nur untereinander im Dialog, sondern auch im Zuge der Challenges. Es wird viel von „Löffeln“ gesprochen, das Prinzip gleicht aber nicht „The Taste“, so dass Gerichte immer entsprechend ihrer Ausrichtung und Vorgabe der zubereitenden Person verkostet werden. Auch bieten die Aufgaben selbst meist keine krass einschnürenden Vorgaben, sondern fallen eher unter der Kredo „Kocht, was ihr am besten könnt!“. Es wird auch kein Augenmerk auf das hektische Koch-Geschehen gelegt, sondern das Ergebnis für sich sprechen lassen. So stehen wirklich die Gerichte und Kochenden im Mittelpunkt. Manchmal sogar so sehr (und vor allem so viel!), dass man sogar das Gefühl hat, einiges nicht mitbekommen zu haben. Aus Zeitgründen mussten einige Duelle schon erschreckend kurzgefasst werden.
Die absoluten Stars der Show und Gründe, sie zu schauen, sind jedoch die Bewertungsgrundlagen. Jede Runde ist anders und bietet nicht nur im System des Gegeneinanders (alle gegen alle, 1:1, Teamkampf, etc.) Abwechslung, sondern auch Reiz in der Jury. Zumeist besteht diese aus zwei absoluten Experten, aber mal sehen sie dem Kochprozess zu, mal kosten sie komplett blind (ohne jegliche Vorkenntnisse, wer oder was da vor ihnen steht), dann muss in Form eines fiktiven Restaurant-Settings eine Horde Influencer bekocht werden. Oder man muss durch die anstrengede „Tofu-Hölle“. Mein Highlight ist eine Folge, in der ausschließlich Zutaten aus einem Mini-Markt verwendet werden dürfen. Dass sind teilweise auch körperlich enorm anstrengende Challenges, bei denen Teilnehmende teilweise die Nacht durchgearbeitet haben. Respekt!
Wer es durch einen über-pompös aufgeblasenen Start durch schafft, bekommt ab der zweiten Runde der Koch-Show „Culinary Class Wars“ feinstes Food-Entertainment geboten. Die Inszenierung des Reality-Formates ist durchweg hochwertig, respektvoll und bietet äußerst interessante Settings. Der schwarz-weiße Klassenkampf wirkt zwar mitunter etwas konstruiert, aber es ist interessant anzusehen, wie die ursprünglich gotthaft inszenierten weißen Löffel mit der Zeit vermenschlichen und auch ihre Probleme haben und Fehler machen.
Ich habe mich sehr gut von „Culinary Class Wars“ unterhalten gefühlt und empfand die Produktion als eine willkommene Abwechslung zum hektischen Höher-schneller-weiter-Spektakel, das viele Kochsendungen unserer Zeit sein möchte. Hier geht es um die Geschichten hinter den Personen und das Kochen als solches. Man merkt der Sendung an, wie viel Leidenschaft in ihr steckt.
2. Staffel von „Culinary Class Wars“?
Bei der besonderen Zusammenstellung an Zutaten, der hohen Leidenschaft sowie der guten Annahme (in Korea und international) ist es wenig verwunderlich, dass eine Fortsetzung bereits bestätigt worden ist. Staffel 2 von „Culinary Class Wars“ wird kommen – fragt sich nur wann. Bei „Physical 100“ lag etwas mehr als ein Jahr zwischen den Staffeln. So dürften wir frühestens zum Jahresende 2025 neue Food-Challenges zu sehen bekommen. Persönlich würde ich jedoch aufgrund des Aufwandes der Produktion (die Aufnahmen wurden wohl über einen Zeitraum von drei Monaten gesammelt) eher von der ersten Hälfte 2026 ausgehen.
Bilder: Netflix / Sangwoo Kim
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