Viel zu lange wurde ein großer Bogen darum gemacht, psychische Erkrankungen in Film und Fernsehen abzubilden, geschweige denn, ihnen in der Realität Platz zu gewähren. Wenn sie abgebildet wurden, dann wurden die Figuren stigmatisiert und mit vielen Klischees aufgeladen. In dieser Hinsicht hat sich in den letzten Jahren zum Glück so einiges getan. Mittlerweile gibt es zahlreiche Serien, in denen mentale Gesundheit eine große Rolle spielt und die mit der Thematisierung psychischer Erkrankungen respektvoll und häufig schmerzhaft ehrlich umgehen. In diesem AWESOME 5-Beitrag möchte ich daher einen Blick auf genau solche Serien werfen – Serien, die sich trauen, das abzubilden, worüber in unserer Gesellschaft oft noch geschwiegen wird: Depression, Angststörungen, Sucht, Trauma. Gerade in einer Zeit, die von Schnelllebigkeit, politischem Druck und globalem Weltschmerz geprägt ist, wiegen psychische Belastungen für viele noch schwerer. Umso wichtiger, wenn Serien nicht nur unterhalten, sondern Räume schaffen für Identifikation, Mitgefühl und Verständnis – und zwar ohne Klischees und Romantisierung.
„BoJack Horseman“
Den Anfang macht die Animationsserie „BoJack Horsemann“. Auf den ersten Blick kommt die Serie wie ein alberner Cartoon über ein sprechendes Pferd daher: BoJack Horsemann, gesprochen von Will Arnett, war in den 90ern ein erfolgreicher TV-Star. Nun lebt er zurückgezogen und als gebrochene Existenz in Hollywood. Er trinkt zu viel Alkohol, sabotiert seine Beziehungen und versinkt in Selbsthass. Die Serie ist eine intensive Auseinandersetzung mit Depression, Sucht und emotionalem Trauma. Die Figur ist facettenreich, so wie ihre psychische Erkrankung. Gepaart mit viel schwarzem Humor sind die Themen, die hier behandelt werden, zwar nicht weniger schwer, aber die Serie schafft es trotzdem, den Blick nach vorne zu richten und zu zeigen, dass es nur einen Weg gibt und zwar weiterzumachen.
„I May Destroy You“
Das Drama „I May Destroy You“ handelt von den Folgen eines sexuellen Übergriffs und der Frage, wie sich das Leben nach diesem traumatischen Ereignis weiterleben lässt. Im Mittelpunkt steht Arabella, gespielt von Michaela Coel, die die Serie auch geschrieben, produziert und auf ihren eigenen Erfahrungen basierend entwickelt hat. Eines Abends wird Arabella in einem Londoner Nachtclub mit K.-o.-Tropfen betäubt und vergewaltigt. Erst einige Zeit später realisiert sie, was ihr widerfahren ist und versucht den sexuellen Übergriff zu rekonstruieren. In Rückblenden und inneren Monologen erzählt, thematisiert die Miniserie Kontrolle, Identität und Trauma und wirft dabei auch gesellschaftliche Fragen auf – eingehüllt in trockenen britischen Humor, der schonungslos, radikal, aber manchmal gar poetisch ist.
Ginny & Georgia
In der Coming-of-Age-Dramedy „Ginny & Georgia“ zieht die Teenagerin Ginny mit ihrer Mutter Georgia und ihrem kleinen Bruder Austin in einen neuen Ort – um der düsteren Vergangenheit ihrer Mutter zu entfliehen und neu anzufangen. Was zunächst wie eine leichte Mutter-Tochter-Serie daherkommt, entwickelt sich schnell zu einem düsteren Krimi-Drama. Ginny sieht sich immer wieder mit Fragen rund um ihre Identität konfrontiert, mit gesellschaftlichen Erwartungen – und mit dem Druck, die Lügen ihrer Mutter mitzutragen. Sie entwickelt Angststörungen und Panikattacken, die schließlich in Selbstverletzung münden. Georgias Entscheidungen werden mit ihren familiären Traumata verknüpft, die nie ganz verarbeitet wurden. Und auch das Thema Depression und der Umgang mit der Krankheit als betroffene Person, aber auch der Familie um die Person herum, ist schonungslos ehrlich. Zudem wird in der Serie ein sensibler und gesunder Blick darauf geworfen, Therapie als notwendige und heilende Maßnahme in Anspruch zu nehmen.
„After Life“
„After Life“ handelt von Tod, Verlust und der lähmenden Einsamkeit, die danach zurückbleibt. Ricky Gervais verkörpert darin Tony, der seine Frau an Krebs verliert und keinen Sinn mehr in seinem Leben sieht. Zwischen Wut, Verzweiflung und Zynismus blitzen immer wieder kleine Hoffnungsschimmer durch, dass es auch nach einem bitteren und lebenszerschmetternden Verlust weitergehen kann. Die Dark-Comedy ist melancholisch und bitter und beschönigt weder Trauer noch Suizidgedanken, sondern nähert sich ihnen mit viel schwarzem Humor und manchmal fast zärtlicher Menschlichkeit.
„The Bear“
In „The Bear“ kehrt Sternekoch Carmy nach dem Tod seines Bruders nach Chicago zurück, um dessen heruntergekommenes Restaurant zu übernehmen. Sein Arbeitsalltag ist mehr als chaotisch: Der Stress in der Küche, gepaart mit Schulden, Leistungsdruck und familiären Traumata führen zu Angst und Überforderung. Die Serie zeigt den psychischen Druck in der Gastronomiebranche auf beklemmende Weise. Der Protagonist kämpft um Stabilität, doch seine mentale Überlastung ist so intensiv, dass sie sich auf die Zuschauenden überträgt und selbst ihnen manchmal die Luft abschnürt. „The Bear“ lässt die Immersion vollkommen werden und bietet uns ein nahezu körperliches Erlebnis.
Welche Serien kennt ihr, die mentale Erkrankungen nicht als rein dramaturgisches Mittel nutzen, sondern als tiefgreifende Realität darstellen, in der es keine perfekten Heilungen und keine einfachen Lösungen gibt, sondern eine ehrliche Auseinandersetzung mit dem, was viele Menschen tagtäglich beschäftigt? Lasst es uns in den Kommentaren wissen.
„Mr. Robot“! 😁 (endlich kann ich sie mal wieder nennen)