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American boy, American dream

Review: Lovecraft Country S01E01 – Sundown

ACHTUNG: SPOILER !!
27. August 2020, 20:08 Uhr
SPOILER !!
Kira
27.08.20

Wir laufen mit Soldaten, die unter Beschuss stehen, durch einen Schützengraben und sehen, wie sie sich den Weg gegen ihre Feinde erkämpfen. Alles ist in Schwarz-Weiß gehalten, die Panik steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Nach und nach erhält das Bild Farbe. Aus dem Off ertönt eine Erzählerstimme.

„This is the story of a boy and his dream. But more than that, it is the story of an American boy and a dream that is truly American.“

Und plötzlich wird alles… ganz absurd. Roboterartige Riesenaliens tauchen auf, die um sich schießen, UFOs sind am Himmel zu sehen, lassen in Slow Motion eine Außerirdische auf die Erde nieder, ein riesiges Schleimmonster erscheint und wird von einem Baseballspieler in der Mitte zerteilt, bevor es sich wieder selbst zusammensetzt… Erster Eindruck: WTF? Alles nur ein Traum?

Ganz genau, der Traum des Protagonisten, den wir in den ersten Sekunden der Serie zu sehen bekommen, des Horrorgeschichtenliebhabers Atticus, der in einem Bus aufwacht, der ihn von Florida zu seiner Familie nach Chicago bringen soll. Der Anlass? Das Verschwinden seines Vaters Montrose.

Stories are like people

Wie es sich für den Auftakt einer neuen Serie gehört, erhalten wir eine kleine Einführung in ihre Charaktere. Atticus war Soldat im Koreakrieg und hat noch immer Kontakt nach Südkorea. Zu wem, bleibt erstmal geheim. Obwohl er kein gutes Verhältnis zu seinem Vater gehabt zu haben scheint, kehrt er aufgrund eines Briefes von eben diesem zurück in seine Heimatstadt. Dort schließt er sich mit seinem Onkel George Freeman zusammen, um sich auf die Suche nach seinem Vater zu begeben. George ist Autor und schreibt den Sicherheitsratgeber „Safe Negro Travel“, in dem er Schwarzen Tipps zum sicheren Reisen gibt – in einem Amerika, in dem einem Rassismus an jeder Ecke entgegen springt. Das Ermittlertrio komplett macht Atticus ehemalige Schulfreundin Letitia Lewis, die ein zerrüttetes Familienverhältnis hat und nicht einmal zu der Beerdigung ihrer Mutter erschien. Es ist allerdings noch nicht an der Zeit zu erfahren, warum.

Die Drei machen sich in einem schicken Auto auf den Weg zu ihrem Ziel Ardham, von dem sie nur noch nicht genau wissen, wo es liegt. Montrose soll zum letzten Mal in der Nähe von Massachusetts gesehen worden sein, in Lovecraft Country, angelehnt an den Schriftsteller H.P. Lovecraft. Doch egal, aus welchem Grund sie auf dem Weg mal halten wollen, die Bewohner der ländlichen Städte, die sie durchqueren, geben ihnen nicht einmal die Chance, in einem Diner zu essen. Wer denkt, abwertende Blicke, Beschimpfungen und Affenimitationen seien alles, was ihnen von den rassistischen Menschen hier entgegen schlägt, hat sich geirrt. Sie werden verfolgt und regelrecht gejagt, man scheut sich nicht auf sie zu schießen. Sogar – und ganz besonders – die Polizei ist mit dabei und während eine Gruppe Polizisten um den Sheriff herum die Drei in einen Wald drängt und auf den Boden zwingt, kann sie nur noch der Angriff von monströsen Waldmonstern, die das Licht scheuen und die durch einen Biss zur Verwandlung ihrer Opfer beitragen, vor dem Tod bewahren. Wirklich wahr.

Sundown County

Ich muss gestehen: das mit den Monstern… da weiß ich noch nicht so richtig, wie oder eher ob mir das gefällt. Die Effekte sind super gemacht, die hyänenartigen Geräusche, die diese von sich geben, irgendwie witzig und creepy zugleich, aber es hätte mir definitiv besser gefallen, wenn diese Monster noch nicht unbedingt in der ersten Episode gezeigt worden wären. Denn alle Horrorfans wissen: Die größte Furcht wird durch das geweckt, was wir nicht sehen. Doch abseits der Monster, die sich durch ihr schleimiges Aussehen und ihre Blutrünstigkeit auszeichnen, braucht es nicht viel, um zu verstehen, wer in dieser Serie die eigentlichen Monster sind: nämlich die hasserfüllten Menschen, die sich aufgrund ihrer hellen Hautfarbe anderen gegenüber überlegen fühlen.

So verdeutlicht „Lovecraft Country“ auf so abstoßende Art und Weise, was eigentlich eine „Sundown County“ ist, dass es einem die Kehle zuschnürt. Als Sundown County wurden in den USA solche Städte bezeichnet, in denen die Bevölkerung überwiegend weiß war und nicht-weißen Personen sogar in Form von Straßenschildern gedroht wurde, sich nach Sonnenuntergang dort nicht mehr aufzuhalten. Was sonst passieren würde, zeigt eine der Szenen und Konversationen deutlich:

„Well, this is a sundown county. If I had found you pissing in my woods like animals after dark it would have been my sworn duty to hang every single one of you from them trees.“ (Sheriff Eustace Hunt)
„It’s not sundown yet.“ (Atticus)
„Sunset is at 7:09 today. That’s seven minutes from now.“ (Hunt)
„Then we’ll be out of the county in six.“ (Atticus)
„Now that’s impossible heading south on the road you’re currently on, unless you were to speed. And if you were to speed I’d have to pull you over.“ (Hunt)
„Then we’ll head north“. (Atticus)
„That might work.“ (Hunt)

Was für eine Szene und was für eine qualvolle Verfolgungsjagd, die darauf folgt und sich dann auch noch wie Slow Motion anfühlt und das Ganze noch weniger erträglich macht. Genau diese Sundown Counties waren der Grund, warum es so etwas wie „Safe Negro Travel“-Bücher überhaupt gab und geben musste, etwas, was wir heute spätestens seit dem Oscar-Gewinn für den gleichnamigen Film auch als „Green Book“ kennen. Dieser Rassismus, der so tief verankert war – und der systemische Rassismus, der vor allem in den USA, aber auch darüber hinaus, auch heute noch immer vorherrscht, ist so einnehmend, dass man um diese vorherrschende Message der Serie gar nicht herum kommt.

Und auch – oder gerade weil – die Serie eine Anspielung an H.P. Lovecraft ist, der ein Schriftsteller war, der als bedeutendster Autor der phantastischen Horrorliteratur des 20. Jahrhunderts in die Geschichte eingegangen ist, schwingt hier auch ganz viel Kritik mit, denn es war kein Geheimnis, dass eben jener Lovecraft stark rassistische Ansichten vertrat, die auch in seinen Geschichten Ausdruck fanden. Ein Zitat der Serie auf sich selbst, auf das Horrorgenre und gleichzeitig eine klare Gesellschaftskritik.

Don‘t judge a book by its cover

Und beurteile eine Serie nicht nach der Pilotfolge. Aber die war auf vielen Ebenen echt stark. „Lovecraft Country“ ist ein Abenteuer und historisches Drama zugleich. Und „Sundown“ versetzt uns als Zuschauer*in in die Schuhe der Schwarzen Menschen, die in der Jim-Crow-Ära dauerhaft um ihr Überleben kämpfen mussten. Dabei schafft es die Serie, diese Ernsthaftigkeit, die der geschichtlich-reale Part mit sich bringt, mit einem kleinen Hauch Humor und einer guten Portion Horror zu verbinden, der in vielen kleinen und unterschwellig gruselig gestalteten Szenen Ausdruck findet. Die von Atticus direkt und im Spaß thematisierten Shoggoth Monster aus Lovecrafts Geschichten sind ebenfalls Zitat der Serie auf sich selbst, die mit ihrem später tatsächlich eintretenden Auftreten fast zu einer Art Comic Relief führen. Und genau diese komischen Momente benötigt die Serie, um als Zuschauer*in Luft holen zu können, wenn in den meisten Momenten die Schwere des Stoffs überwiegt. So auch, wenn in laufenden Szenen der Geschichte aus dem Off der Anfang von James Baldwins „The American Dream and the American Negro“ ertönt.

Auch die Musik trägt immer wieder zu kleinen stimmungsgeladenen Pausen (aber auch zu regelmäßigen Schauern) bei, während wir die zahlreichen Fragen sammeln, die uns im Verlauf der ersten Episode so in den Kopf kommen: Von welchem Geburtsrecht ist hier eigentlich die Rede und welches geheime Vermächtnis haben Atticus Vorfahren ihm hinterlassen? Wer ist die ominöse blonde Frau, die im letzten Moment mit ihren Kräften (?) dafür sorgt, dass der Sheriff das fliehende Trio nicht doch noch erwischt? Und sowieso: Erwartet Montrose die drei Suchenden nun in der Villa, die wir am Ende zu sehen bekommen?

„Welcome Home.“

„Lovecraft Country“ ist seit dem 17. August via Sky Ticket und Sky Go im englischen Original abrufbar. Es erscheinen wöchentlich neue Folgen.

Bilder: HBO

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