In unserem heutigen Rewatch Review begebe ich mich zurück in meine Fernsehkindheit der 90er Jahre. Wie gebannt saß ich damals vor dem Fernseher, als das öffentlich-rechtliche Fernsehen eine Partnerschaft mit Disney einging und den Disney Club ausstrahlte. Zum Teil war das natürlich eine große Werbeveranstaltung für das damals entstehende Disneyland Paris – vielleicht auch ein Grund, warum der Club nicht allzu lange lief.
In jedem Fall waren die Moderatoren Antje Pieper, Stefan Pinnow und Ralf Bauer große Stars für die zuschauenden Kinder. Als dann ein paar Jahre später besagter Ralf Bauer die Hauptrolle in einer Serie namens „Gegen den Wind“ übernahm, war für mich klar: Diese Serie muss ich sehen.
Lange hatte ich nicht mehr daran gedacht – bis ich jetzt das erste Mal mit meiner Familie Urlaub in Sankt Peter-Ording gemacht habe. Genau dort spielt nämlich die Serie.
„Gegen den Wind“ kann man aus heutiger Sicht als Coming-of-Age-Serie bezeichnen. Niklas (Ralf Bauer) ist ein junger Erwachsener und Teil einer Surfer-Clique. Sein bester Freund Sven (Hardy Krüger Jr.) ist der Sohn eines reichen Hoteliers. Beide sind die Surfstars der Insel.
Die erste Szene setzt gleich den Ton der Serie: Sven – ein Frauenheld – und Nik treten bei einem Surf-Wettkampf gegeneinander an. Die ganze Insel jubelt ihnen zu. Doch Niks Surfbrett wurde sabotiert; sein Segel reißt, und er verletzt sich schwer. Drei Monate muss er im Krankenhaus bleiben und kehrt dann mit der niederschmetternden Prognose zurück, nie wieder surfen zu können.
Was mir sofort auffällt, ist, wie viel Handlung man in die ersten zehn Minuten quetscht. Man könnte fast meinen, man sehe einen langen Trailer. Auffällig ist außerdem, wie gut gelaunt Nik ist – meiner Meinung nach zu gut gelaunt. Natürlich hat er den Schock des Unfalls vielleicht schon verdaut und freut sich, wieder zu Hause zu sein, aber so dermaßen fröhlich, obwohl er humpelt und nicht weiß, ob er je wieder surfen kann? Nun ja.
Sein Kumpel Olli holt ihn ab, und anstatt brav durch die Haustür zu gehen, steigen sie durchs Fenster der Küche – offenbar, um zu zeigen, wie „cool“ die Jungs sind.
Ab etwa der Hälfte der Folge wird es dann endlich etwas ernster. Man spürt das Mitleid seiner Freunde, und auch Nik zeigt Emotionen – er zerreißt alte Surffotos in seinem Jugendzimmer.
Die Folge ist durchzogen von langen Szenen mit lockerer Surfmusik, häufig begleitet vom Titellied von Smokie, dazu die ewig grinsenden Gesichter der Hauptdarsteller. Überhaupt scheint das Lied gefühlt alle fünf Minuten zu laufen.
Nik wird von Britta, Svens neuer Freundin und Physiotherapeutin, betreut. Nik ist überzeugt davon, wieder aufs Surfbrett zu steigen. Doch Niks Mutter und Svens Vater verbünden sich und überreden ihn, im Hotel von Svens Vater eine Ausbildung zum Hotelkaufmann zu beginnen. Das Thema „Junge, du musst was Ordentliches lernen“ spielt also eine prominente Rolle der Serie.
Damit haben wir die klassischen Zutaten: die Leidenschaft fürs Surfen, die harte Realität des Berufslebens – und natürlich darf die Liebe nicht fehlen. Man ahnt bereits, dass Britta eine tragende und dramatische Rolle zwischen Nik und Sven spielen wird.
Was dabei fast schon ulkig ist: Alle scheinen Niks Freund sein zu wollen. Bis zur Hälfte könnte man fast meinen, man sehe die Geschichte einer schwulen Beziehung – Sven und Olli kämpfen beide um Niks Aufmerksamkeit.
Die letzte Szene wirft dann die Dramatik der Episode über den Haufen: Nik schnappt sich einfach ein Brett und surft los – natürlich ist Sven auch am Strand, und alles scheint wieder gut zu sein. Wie das mit seinem verletzten Bein plötzlich möglich sein soll, bleibt offen.
Fazit
Was man bei „Gegen den Wind“ nicht erwarten darf, sind schauspielerische Höchstleistungen. Ralf Bauer, damals noch ein junger Schauspieler, wirkt ziemlich hölzern – so richtig nimmt man ihm seinen Charakter nicht ab. Doch darauf kommt es letztlich gar nicht so sehr an.
Die Serie lebt von der Bromance und dem Erwachsenwerden der beiden Hauptfiguren. Erzählerische und schauspielerische Schwächen werden verziehen – die Themen trafen den Nerv der Jugend, und das gute Aussehen von Ralf und Hardy tat sein Übriges.
Ich hatte großen Spaß, den Piloten noch einmal zu schauen. Aus heutiger Sicht interessiert mich allerdings am meisten: Wer hat Niks Brett sabotiert? Weiß das noch jemand? Für die Serie scheint das gar nicht so wichtig zu sein – ich kann mich jedenfalls nicht mehr erinnern, wie diese Geschichte weitergeht.
Bilder: ARD / ARDplus
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