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Uneingeschränkter Serientipp

Review: Extraordinary Attorney Woo – Staffel 1

Mini-Spoiler
13. Januar 2023, 10:51 Uhr
Mini-Spoiler
Maik
13.01.23

Gegen Ende letzten Jahres hatte ich euch ja in meinem Serientipp von der Serie „Extraordinary Attorney Woo“ vorgeschwärmt, die über die Grenzen Südkoreas hinaus enorme Erfolge feiert. Mittlerweile habe ich die komplette sechzehn rund einstündige Episoden umfassende Staffel durchgeschaut und mein positiver Eindruck hat sich festigen können. Dieses Staffel-Rewiew-Rewoo soll euch einen spoilerarmen Eindruck von der geben. Eine deutsche Synchronisation gibt es leider noch immer nicht, aber die englische funktioniert wie ich finde ganz gut und notfalls gibt es auch deutsche Untertitel.

Ganz oben auf dem Feel-Good-Spektrum

„Extraordinary Attorney Woo“ schafft glaube ich das, was viele Serien anpeilen aber nur wenigen gelingt: Sie ist für so ziemlich jeden interessant und sehenswert. Zugegeben, Action-liebende SciFi- und Fantasy-Nerds schauen in die Röhre, aber zum einen braucht es auch dazu mal einen Gegensatz, zum anderen bieten sich einfach viele unterschiedliche Elemente, die Anknüpfungspunkte für Jedermensch sein können. Ein bisschen Spannung, ein bisschen Justiz, etwas Drama, etwas Liebe – von allem aber gerade so viel, dass es nicht Überhand nimmt und zu nerven beginnt.

Grundsätzlich ist „Extraordinary Attorney Woo“ schon eher seichte Unterhaltung, weiß aber auch mit derberen Überraschungen aufzuwarten. Unterm Strich steht aber ganz viel Feel-Good-Unterhaltung, die herzlich und mit viel Menschlichkeitssinn daher kommt. Dabei wird aber keine feine, heile Welt gezeichnet, im Gegenteil. Denn Star der Serie ist – welch Überraschung mit Blick auf den Titel – Anwältin Woo. Woo Young-woo, um genau zu sein. Die junge Dame ist autistisch, wobei die Serie aufzeigt, dass sie darüber hinaus auf ganz unterschliedliche Weisen besonders ist.

Unter anderem hat sie eine Passion und ein Talent für das Recht, was durch ihr fotografisches Gedächtnis unterstütz wird. Das erinnerte mich an Mike aus „Suits“, wobei die dort im Piloten angebrachte Fähigkeit später kaum mehr eine Rolle spielt. In „Extraordinary Attorney Woo“ wird das deutlich konsequenter durchgezogen. Vor allem aber lernen wir nicht nur Woo Young-woo als Menschen kennen, der gegen Vorurteile und Widrigkeiten in der Gesellschaft ankämpfen muss, sondern schließen sie auch nach und nach in unser Herz.

Park Eun-bin als Woo Young-woo

Dass das so gut funktioniert liegt an Park Eun-bin, die eine hervorragende Darbietung als Woo Young-woo liefert. Ich bin wahrlich kein Experte in Verhaltensweisen von Personen, die auf dem autistischen Spektrum angesiedelt sind, aber was ich so aus meiner TV- und Internet-Erfahrung zu dem Thema weiß, findet ihr gute Anwendung. Park Eun-bin stellt Woo Young-woo mit extrem viel Finesse dar und die Inzsenierung als autistische Figur wirkt auf mich authentisch und ist (bis auf vereinzelte Ausnahmen) auch konsequent und nachvollziehbar (ein Vater eines ähnlich veranlagten autistischen Kindes hat auf IMDb im Review zur Serie jedoch auch eingeräumt, dass nicht alles stimmig sei, findet die Serie und Darbietung aber dennoch „brilliant“). Vor allem ihr Spiel mit den Fingern, die mal verkrampfen und mal mit spielerischer Leichtigkeit durch die Luft zu wirbeln scheinen, hat mir imponiert. Hinzu kommen ein Blick und ein Lächeln, die einfach nur zuckersüß sind.

In dem Sinne ist es kaum nachvollziehbar, weshalb Park Eun-bin die Rolle mehrfach abgelehnt hatte, hatte sie doch zu großen Respekt davor, eine Figur mit Autismus zu spielen. Das Team konnte sie glücklicherweise überreden und der Erfolg der Serie gibt ihnen Recht und zollt Park Eun-bins Leistung Tribut. Nicht zuletzt wegen ihr sind unter anderem etliche Requisiten ausverkauft, die Woo Young-woo in der Serie trägt oder besitzt (ich möchte diesen Wal-Wecker haben!).

Ja, es gibt auch andere Figuren…

Ja, Woo Young-woo ist der Star, der die Serie besonders macht und deren Situation und Geschichte wir am tiefsten kennenlernen dürfen, aber auch um sie herum sind einige besondere Charaktere positioniert, die Eigenheiten mitbringen. Für ordentlich Würze sorgt zum Beispiel Woos einzige Freundin, Dong Geu Rami, mit dem sie sogar eine ziemlich coole Begrüßung hat. Das „Woo to the Young to the Woo!“ gefolgt von „Dong to the Geu to the Ra-mi.“ wurde übrigens von Schauspielerin Joo Hyun Young am Set improvisiert und hat es zu einer Catchphrase geschafft, die herrlich auflockernd ist:

Dann wären da noch rivalisierende Kanzlei-Chefinnen, auftrebende Jung-Anwält:innen, ein zunächst schroff wirkender, später aber herzlicher Chef sowie der sich sorgende Vater – „Extraordinary Attorney Woo“ ist voll mit „extraordinary“ Leuten, die alle ihre Stärken und Schwächen haben. Hervorzuheben ist hier noch der von Kang Tae-oh gespielte Lee Jun-ho, ein einfach ein viel zu guter Mensch mit großem Herz und viel Charisma ist.

Schwächen im Detail

Perfekt ist „Extraordinary Attorney Woo“ aber keineswegs. Nach der ersten Hälfte der Staffel hatte ich im Serientipp bereits bemängelt, dass die vermeintlichen Super-Twist-Lösungsmomente der Wochenfälle oftmals früh ersichtlich waren, so dass es kein Superbrain benötigt und selbst Justiz-Laien wie wir Sofasitzenden da hätten drauf kommen können. Das wird zum Glück im Verlauf der Staffel etwas besser, da auch die Fälle größer und komplexer werden. Natürlich will man das Publikum nicht mit Paragraphen langweilen oder überfordern, aber das hätte ich mir etwas smarter inszeniert gewünscht.

Ein Auge zudrücken muss man auch bei der Darstellung des Anwaltsteams. Wir sehen immer die gleichen drei bis sechs Leute, die anscheinend Fälle jeglicher Justizthemen annehmen. Eigentlich sind Anwält:innen in der Regel auf Fachgebiete spezialisiert, hier liest man sich mal eben in ein Thema ein. Ob Baurecht, Wirtschaftsrecht, Erbrecht – nichts geht nicht. Authentisch ist das nicht, aber darüber kann man noch hinwegsehen, sorgt es doch für inhaltliche Abwechslung und geschieht im Sinne der Serie. Anders sieht es da am Ende der Staffel aus, wo ein zuvor als clever und ruchlos dargestellter, erfahrener Anwalt plötzlich wie ein Praktikant am ersten Tag aussieht. Das war unnötig und plump.

Allgemein hatte ich zudem einige Momente, in denen sich der Soundtrack sehr generisch und flach angehört hat. Und bei schwächeren Folgen hat man dann doch gemerkt, dass die Laufzeit von etwas über eine Stunde lang werden kann.

Abschluss-Plädoye

Als Anwalt dieser Serie möchte ich Ihr Augenmerk jedoch abschließend auf die positiven Aspekte meines Klienten „Extraordinary Attorney Woo“ lenken! Neben den Wochenfällen gibt es nämlich auch übergeordnete Handlungsstränge, die für Brisanz und Charakterentwicklungen sorgen. Besonders gut finde ich, dass man Geheimnisse und mit Spannung erwartete Entwicklungen nicht elendig lang hinzieht, sondern sich Dinge erstaunlich rasch bewegen. Das kennt man leider auch anders. Zwischenzeitig wurde der obligatorische Austausch zwischen Figuren kurz vor Einsetzen des Abspannes bereits erwartbar, aber insgesamt hat man eine gute Mischung zwischen abgeschlossenen Folgen-Handlungen und dem Einweben der übergeordneten Geschichte hinbekommen.

Trotz der Länge von im Schnitt 65 Minuten haben sich die Episoden (bis auf die erwähnten zwei, drei Male) auch nie zu lang angefühlt. Im Gegenteil, es wurde lieber direkt noch eine geschaut, um zu sehen, wie es mit Woo Young-woo weitergeht. Letztlich hat man auch einiges über Personen, die sich auf dem autistischen Spektrum befinden, erfahren können. Sollte man bereits Serien wie „Atypical“ oder „The Good Doctor“ gesehen haben, dürfte nicht alles neu gewesen sein, aber für Personen wie mich, die im Alltag wenig bis keine Berührungen mit dieser besonderen Eigenschaft haben, ist es sehr interessant, derartige Einblicke zu erhalten, so fiktiv sie auch gestaltet sein mögen. Das hilft letztlich auch der Gesellschaft, Distanz abzubauen und dafür mit Empathie und Verständnis zu agieren.

Und auch wenn einige Aspekte auch aufgrund der Grundfarbe der Serie in Sachen Authentizität zurückfallen, so darf man auch Liebe fürs Detail unterstreichen. Die Kulisse, in der die Gerichtssaal-Szenen gedreht werden, ist zwar immer der gleiche, aber man schafft es, durch Umsetzung der Bank-Arrangements für Abwechslung zu sorgen. Vor allem hat mir aber imponiert, wie viele unterschiedliche Richter:innen wir da jeweils zu sehen bekommen haben, die zudem allesamt eine triftige Obrigkeits-Ausstrahlung besaßen.

Schaut „Extraordinary Attorney Woo“! Ja, es wirkt etwas seltsam, koreanische Menschen feinstes Oxford-Englisch reden zu hören, aber man gewöhnt sich dann doch schnell daran. Auch mag man meinen, das zentrale Setup der Serie böte wenig Spektakuläres (eine autistische Frau als Anwältin…) ist es beileibe nicht langweilig. Die Serie schafft es, Aspekte unterschiedlicher Genres und Stimmungen zu balancieren und ein Feel-Good-Erlebnis zu schaffen, bei dem aber dennoch nicht alles heile Welt ist. Das zieht die Zuschauer:innen rein und lässt sie mit Woo Young-woo aber auch anderen Figuren mitfühlen. Man entwickelt Hass auf den arschigen Kollegen, fühlt Mitleid mit Personen, die keine emotionale Berücksichtigung durch Woo Young-woo erhalten oder fiebert mit ihr im Gerichtssaal mit. Und plötzlich sind über 16 Stunden Serienunterhaltung vorbei und man möchte dennoch weiter schauen und erfahren, wie es mit der jungen, talentierten Anwältin weitergeht.

Ich kann euch die Serie „Extraordinary Attorney Woo“ wirklich nur wärmstens ans Herz legen. Für mich war sie eine der besten des abgelaufenen Jahres 2022. Ja, der Spruch „Das ist für jede:n was“ ist altbacken und trifft auch hier nicht zu 100-prozentig zu, wenn man es wörtlich nimmt, das ist mir klar. Und nein, sie ist auch nicht perfekt. Dafür sind einige Elemente viel zu drüber und kleinere Schwächen gibt es auch zu sehen. Meiner Meinung nach dürften jedoch alle, die der Serie ernsthaft eine Chance geben, ihr etwas abgewinnen können. Nicht jede:r wird alle 16 Folgen durchschauen wollen, aber viele werden sich in Woo Young-woo verlieben. Vor allem bekommen sie eine besondere Serie mit Herz zu sehen. Und beim nächsten Mal, wenn ihr durch eine Drehtür lauft, werdet ihr an sie denken müssen.

„Extraordinary Attorney Woo“ Staffel 2?

Ja, es wird weitergehen! Eine zweite Staffel der Serie wurde bereits offizielle geordert, wir sollen uns aber wohl noch bis 2024 gedulden müssen.

Bilder: ENA / Netflix

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