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Sehenswertes Mistwetter

Review: The Rain – Staffel 1

ACHTUNG: SPOILER !!
10. Juli 2018, 17:57 Uhr
SPOILER !!
Susanne
10.07.18

Passend zum strahlenden Sonnenschein wird es Zeit, sich auf das Unvermeidliche vorzubereiten. Dass Regenwetter uncool ist, da sind wir uns einigermaßen einig. Außer man ist drinnen, dann geht es vielleicht. Doch Regen kann auch eine ganz fiese Sache sein, denn dank Wind, Wasserdampf, kalter Luft und Schmutzpartikelchen, kann er uns ganz schön viel Dreck und auch Strahlung mitbringen. Da kriegt man auch noch am anderen Ende der Welt mit, wenn irgendwo ein Vulkan ausgebrochen ist oder ein Atomkraftwerk explodiert ist. Super! Das wissen wir bereits aus dem echten Leben und Serien wie z.B. „The 100“. Doch in „The Rain“ bringt uns der nasse Mist auch noch etwas ganz anderes mit. Stellt euch vor, es ist nettes Wetter und plötzlich zieht eine Regenfront auf. Ihr starrt aus dem Fenster und bemerkt verwundert, dass draußen die Menschen zuckend zu Boden sinken und offensichtlich das Zeitliche segnen. Da fällt einem auf, dass irgendwas komisch ist im Staate Dänemark.

Und dort spielt die Serie auch. In Dänemark und später auch in Schweden. Das Wetter wird scheiße und die Leute sterben. Das ist blöd. Außer man hat einen Vater wie Simone und Rasmus. Der hat zum Glück Zugang zu einem wasserdichten, sich fast selbst versorgenden Bunker. Dann zieht er sich seinen gelben Schutzanzug an und geht los, kurz mal die Welt retten. Er hat definitiv Insiderwissen. Zurück bleiben die Mutter, die erwartungsgemäß nur eine geringe Überlebenschance hat, und die Kinder Simone und Rasmus. Simone ist zu diesem Zeitpunkt eine bodenständige Teenagerin und Rasmus ein nerviger kleiner Bruder. Die Befürchtung, dass Rasmus eine lästige Figur wie Walt aus „LOST“ wird, ist unbegründet. Denn die beiden harren fast sechs Jahre in dem Bunker aus und als sie dann doch diverse Gründe haben, um den Bunker zu verlassen, ist Rasmus ein großer Mittpubertierender geworden, der tüchtig mit nacktem Oberkörper seine Muskeln trainiert. Schönes Detail: der Schauspieler hat ähnliche Gesichtszüge wie der Kinderdarsteller. Keine riesige Diskrepanz. Sehr glaubwürdig. Bei Simone lässt nur ein neuer Haarschnitt vermuten, dass ein paar Jahre ins Land gegangen sind.

Die Netflix-Community ist ziemlich gespalten, was „The Rain“ angeht. Viele regen sich über die deutsche Synchronisation auf, in der wohl exponentiell das Wort „Vati“ verwendet wird. Dadurch sind leider viele Viewer schon in der ersten Folge wieder abgesprungen. Das Problem hatte ich mit der englischen Synchro nicht, da wird ein weiches, unauffälliges „Dad“ benutzt. Ich kann mich nicht beschweren, denn die Dialoge waren schlüssig und es wurde ein furchtbar niedlicher dänischer Akzent benutzt, der sowohl glaubwürdig, als auch angenehm anzuhören ist. Einige Interessierte sind dazu übergegangen, die Serie auf Dänisch mit Untertitel zu gucken. Das ist doch mal konsequent. Ich finde es spannend, dass Netflix diese Möglichkeit überhaupt anbietet.

Viele finden die beiden Jugendlichen zu naiv und unbedarft. Aber was möchte man denn von zwei jungen Menschen erwarten, die in einer empfindlichen Entwicklungsphase nur sich selber hatten. Ganze sechs Jahre lang. Und dabei hat Simone durchaus ein paar Tricks auf Lager, mit denen sie sich und später ihre Begleiter aus schwierigen Situationen rausholt. Allerdings kann man ihren inneren Kompass, den sie irgendwann mal eingeatmet haben muss, tatsächlich stark übertrieben finden. Dass beide Kinder eher verhalten auf den Todeskampf ihrer Mutter reagieren, sollte man dem Schockzustand zuschreiben. Es gibt wahrlich schlechtere Schauspieler als Alba August (Simone) und Lucas Lynggaard Tønnesen (Rasmus).

Natürlich hat auch diese Serie ihre logischen Schwächen. Ich kenne keine Dystopie, wo das nicht so ist. Wenn Leichen im Wasser liegen, dann ist der Fluss verseucht. Geht klar. Wenn Leichen auf dem Erdboden liegen und langsam verrotten und es ja nachweislich regelmäßig regnet, dann würde der Mist ins Grundwasser sickern. Das Trinkwasser wäre somit auch ungesund. Wird nicht so richtig bedacht. Und Kinder: Es ist REGEN! Man könnte eine Regenjacke, Regenstiefel oder sogar einen Neoprenanzug anziehen! Doch hier wird mit Plastiktüten versucht das böse Wasser abzuhalten. Vielleicht hat es zu Beginn des Regens eine Massenplünderung von Regenklamotten gegeben. Man weiß es nicht. Aber kann man jeden Aspekt reinbringen, ohne es zu sehr aufzublähen? Klar, je mehr liebevolle Details, desto glaubwürdiger und fesselnder, aber für ein paar 35-48 Minuten-Folgen reicht das Angebot allemal. Optik und Atmosphäre stimmen bei „The Rain“ einfach.

Die Technologie in ihrem heimischen Bunker gibt den Geschwistern Einblicke in die Hintergründe zu dem verseuchten Regen, die sie vielleicht lieber nicht gehabt hätten. Aber es lässt sie hoffen, dass es irgendwo da draußen noch Leben gibt. Auf der Suche danach und nach ihrem Vater treffen Simone und Rasmus auf eine Gruppe Überlebender. Ab da gewinnt die postapokalyptische Serie ein bisschen an Soap-Opera-Charakter. Aber ich finde das nicht unangenehm, denn es zeigt, dass es Liebe, Eifersucht und Drama auch nach dem Untergang der Zivilisation gibt. Es zeigt sich der Mensch im Ursprungszustand.

„The Rain“ ist nicht so splatterverseucht wie „The Walking Dead“ und auch nicht so brutal. Das heißt aber nicht, dass es keine Gewalt in diesem Zukunftsszenario gibt. Aber man merkt den Charakteren an, dass es ihnen nicht völlig egal ist, wenn sie einen Infizierten abknallen müssen. Ein Gefühl von „das muss halt so sein“ in all seiner Hoffnungslosigkeit ist greifbar. Rasmus und Simone müssen damit erstmal klar kommen, denn anders als die anderen hatten sie sechs Jahre ein sicheres Zuhause, Essen und Trinken und sich selbst.

Es gibt Dinge, die in solchen Serien nicht fehlen dürfen, wie zum Beispiel die Menschenfresser, die Thematisierung des Glaubens, Drogenabhängigkeit, die große Freude über so etwas selbstverständliches wie eine Dusche, der Kuss im Regen, die erste Liebe und schlimme Verluste. Es ist klar, es ist vorhersehbar und es wird erwartet. Doch das verzeiht man, denn bei all dem sind die Jungs und Mädels so lebensecht. Sie sind nicht auf Hochglanz poliert. Sie haben keine gefeilten Fingernägel oder strahlend weiße Zähne. Sie sind dreckig, angeranzt und sehr individuell. Am herzigsten finde ich, dass eine der jungen Damen vermutlich gerne mal zu einem Kieferorthopäden gehen möchte, denn sie trägt immer noch ihre Zahnspange. Und dank des Mistwetters wohl auch noch eine ganze Weile.

Die achtteilige Staffel Eins ist so aufgebaut, dass jeder der Charaktere eine eigene Folge hat, die natürlich den roten Faden weiterbringt. Auch an dieser Stelle wurde das Rad nicht neu erfunden. Doch unterschwellig merkt man, wie sich die Wege der Figuren nicht nur kreuzen, sondern auch nach und nach immer mehr ineinander verweben. Auch wenn man sich denken kann, wer mit wem am Ende zusammenkommt, so wird es einem doch nicht einfach vor den Latz geknallt. Subtil schleicht sich ein Gefühl ein.

Zugegebenermaßen rauschen die Charaktere manchmal durch ihre Entwicklung hindurch. Da hätte man sich gerne ein wenig mehr Zeit lassen können. Aber mit nur acht Folgen ist das nicht zu machen.

Ich bin ein Fan von Dystopien, (Post-)Apokalypsen und Weltuntergängen jeder Art. Aber ich bin dann auch nicht leicht zufriedenzustellen. Die Hintergrundgeschichte zu dem rain-borne Virus in „The Rain“ ist bei weitem nicht so verworren, wie bei einigen anderen Serien, aber dafür genauso geheimnisvoll. Nach Staffelende hat man das Gefühl schon ein ganzes Stück schlauer zu sein, aber es gibt noch Wissenslücken, die man unbedingt füllen möchte. Somit hat die allererste Serie von Netflix, die jemals in Dänemark gedreht wurde, ihr Ziel erreicht. Denn ich kann Staffel Zwei nicht abwarten.

Als letztes muss ich unbedingt noch erwähnen, dass der Soundtrack super war. Entsprechend der Stimmung, kein Fahrstuhlgedudel, sondern hat immer auf dem Punkt gesessen.

Prädikat „Absolut Sehenswert“.

Bilder: Netflix

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2 Kommentare

  • 4 1/2 Kronen hätte ich nach Deinen Ausführungen nicht erwartet.

    Ich fand die 6 Jahre Bunkerzeit geradezu unnötig. Ein paar Wochen/Monate hätten als Zeitsprung IMHO auch gereicht. Natürlich von Anfang an mit den älteren Charakteren.

    Ansonsten hat mir die Serie sehr gut gefallen. Sympathische Charaktere und eine gute Handlung mit akzeptablen wenigen Längen.

    PS: Vati als deutsche Übersetzung zu benutzen war echt grenzwertig. ;-)

  • Susanne

    Hallo Lencer,

    klar gehört in eine Review auch ein kritischer Blick, aber ich fand die Serie großartig. Die Schauspieler waren gut, Dialoge und Charaktere lebensecht und das Szenario glaubwürdig. Ich lasse mir wohl mal „Jericho“ gefallen und auch „The Walking Dead“, aber da sind mir die Gestalten, trotz Dreck und Schmodder, zu gebügelt und aufgerüscht. Ich denke, dass „The Rain“ ein kleines Schmuckstück in der Reihe der (Post-)Apokalytischen Serien ist. Hauptsache ist, dass sie es mit Staffel Zwei nicht vergeigen! Und ich bleibe beim Englischen. Somit bleibt mir der ‚Vati‘ erspart. ;)


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