Gerade in Zeiten wie diesen, in denen das öffentliche Leben zahlreichen Einschränkungen unterliegt und sich die Freizeitaktivitäten größtenteils in den eigenen vier Wänden abspielt, wäre es an der Zeit eine Binge-Offensive zu starten und endlich die großen Serienklassiker anzugehen. Obwohl ich für diesen Serien-Blog schreibe, habe ich viel Nachholbedarf. Unzählige Serien, die vielen ein erstauntes „Wie? Das hast du nicht gesehen?“ entlocken, reihen sich aneinander. Mit einem gewissen Zögern, muss ich zugeben, dass ich beispielsweise das oftmals an der Poleposition der genialen Serien angeführte „Breaking Bad“ um den krebskranken Chemielehrer Walter White, nie gesehen habe. Irgendwann, Jahre nachdem sie erstmals im deutschen Free-TV auf Arte bei uns ausgestrahlt wurde, habe ich dann doch die erste Folge gesehen und ich muss sagen – sie hat mir nicht gefallen. Ein Freund meinte damals noch, ich soll unbedingt bis zur 3. Staffel schauen, dann wird es besser. Ernsthaft?
Auch wenn „Breaking Bad“ in dem Buch „1001 TV-Serien und Shows, die Sie sehen sollten, bevor das Leben vorbei ist“ aufgeführt wird, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ich sie nie sehen werde. Genauso wie „House of Cards“, „Game of Thrones“ und viele mehr. Und warum? Weil ich kein Bock darauf habe. Viele der hochwertigen TV-Serien, die das horizontale Erzählen begründeten, wurden in den 2000er im linearen Fernsehen ausgestrahlt und meist zu unmöglichen Zeiten. „Die Sopranos“ beispielsweise lief werktags um 23 Uhr irgendwas im ZDF. Da bin ich regelmäßig eingeschlafen. Während meines Studiums hatte ich noch nicht einmal einen Fernseher, so dass ich auch schnell den Anschluss an der beliebten Serie in Echtzeit „24“ verloren habe. Heute könnte ich mir sämtliche 9 Staffeln auf Amazon Prime ansehen. Natürlich müsste ich aber von vorne beginnen.
Faktor Zeit
9 Staffeln mit je 24 Folgen à 60 Minuten Laufzeit. Puuh, das klingt nicht nach Spaß, sondern nach einem verdammten Investment. Und das ist das Problem: Man sieht den Berg vor sich und nicht die Freude, die man vermutlich daran hätte. Und wenn es sich nach Arbeit anfühlt, ist es unwahrscheinlich, dass man seine Freizeit dafür aufwendet. Ich habe kein Problem damit, mir einen alten Klassiker anzusehen. Alte Filme sehe ich mir sogar sehr gerne an. Ob „Lawrence von Arabien“, „Doktor Schiwago“ oder „Das Fenster zum Hof“ – diese Kultfilme lassen sich bequem an einem Abend wegsnacken. Aber 62 Folgen „Breaking Bad“ plus inzwischen 50 Episoden des Spin-Offs „Better call Saul“?
Was dann?
Stattdessen schaue ich mir lieber irgendeine beliebige Comicadaption an, die nach 2 oder 3 Staffeln abgesetzt wird. Die jetzt schon in Vergessenheit geratene Teenie-Superheldenserie „Marvel’s Cloak & Dagger“ kann mit Sicherheit in puncto Qualität in keinster Weise mit Walter, dem aufstrebenden Drogenkönig, mithalten. Aber als 2018 die beiden Teenager mit Superkräften an den Start gingen, war es mir nun mal wichtiger, diese Geschichte zu sehen, anstatt eines Klassikers. Ich habe schon als Teenager nicht die Musik gehört, die in den Top-10 rotierte und stattdessen lieber irgendwelchen semi-professionell aufgenommenen Undergroundkram gehört. Und mit den Serien, habe ich das Gefühl, verhält es sich ähnlich. Das schließt natürlich nicht aus, dass man auch mal eine Serie nachholt, dessen Einstieg man verpasst hat. Ich schaue mir gerade das Hacker-Drama „Mr. Robot“ an, weil ich da einfach schon seit langem Lust drauf habe. Und wer weiß, vielleicht bin ich eines Tages bereit, mir „Breaking Bad“ einzuverleiben. Und wenn nicht, dann ist es eben so. Also, bevor mir wieder jemand „Du hast „Breaking Bad“ nicht gesehen?“ an den Kopf wirft, frage dich selbst: „Warum habe ich „Too Old To Die Young“ noch nicht gesehen?“.
Bilder: AMC | FOX
Schauen!
„Bis zur dritten Staffel, dann wird’s besser“ ist natürlich Blödsinn. Wenn es dir nach ein paar Folgen nicht gefällt, kein Problem, dann war es halt nichts für dich. „Breaking Bad“ erhält mit der Zeit hat das gleiche Problem wie „Sopranos“ und Co., wo gerade die ersten Folgen durch die verhältnismäßige Langsamkeit der Erzählung und das mittlerweile ja wachsende Alter der Serie eben nicht mehr modern und aufregend wirkt. Die Serie ist aber zum Inbegriff einer dynamischen Charakter-Entwicklung und vor allem auch Spannungs-Steigerung über die Staffeln hinweg geworden und nicht umsonst eine DER Must-See-Serien, die viele noch immer als beste dieses Jahrtausends erachten. Da dir ja komplexe Drama-Narrative wie „Mr. Robot“ zusagen, müsste dir eigentlich „Breaking Bad“ (auf Dauer) auch gefallen (ähnlicher Cinematography-Ansatz, ähnliche Stimmung, etc.). Ich habe vielen immer gesagt, dass sie an der „Badewannen-Folge“ vorbei müssten (S01E02), dann hätten sie das Ekligste der Serie hinter sich. Die erste Staffel hat „nur“ sieben Folgen. Denke, die kann man gut hinbekommen und danach für sich auch sagen, ob die Sogwirkung eingesetzt hat, oder man es lässt. Mein Appell: Do it! :)
Ich hatte Breaking Bad seinerzeit mit einem Freund gemeinsam angefangen zu schauen und wir beide waren direkt ab der ersten Folge an angefixt.
Die Serie hat ordentlich Laune gemacht. :-)
Zu 24:
Um dir die Einstiegshürde zu senken. 24 hat nicht 24*9*1h = 216 Stunden sondern „nur“ 24*8 + 12*1 * 0,66h = 136 Stunden. Das ist doch schon Mal ne ganze Ecke weniger.
Ich hatte letztes Jahr meine Staffelbox rausgeholt und mal nen ReWatch gemacht. Leider ist die Serie in meinen Augen nicht so gut gealtert. Bis Staffel 4 fand ich sie immer noch großartig, danach flaute es etwas ab.
Zu Breaking Bad:
Keine Serie „muss“ man gesehen haben. Allerdings ist eine Folge tatsächlich etwas wenig, um einen Eindruck zu gewinnen. 3 Staffeln als Einstiegsempfehlung finde ich dann aber auch etwas hart. Aber die erste Staffel mit flauschigen 7 Episoden kann man ja mal antesten.
Zu Mr. Robot:
Tja hier bin ich gar nicht ran gekommen. Da ging es mir so wie dir. Überall hieß es „die musst du sehen“. Ich habs bis zur 9. Folge geschafft, aber danach ging es nicht mehr. Bin da wohl beruflich zu dicht an dem Thema dran :-)
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