Es ist Samstagmorgen und meine Eltern haben gerade das Haus verlassen um zum Einkaufen zu fahren. Ich schleiche mich mit einer Schüssel zuckerüberzogener Frühstücksflocken ins Wohnzimmer und schalte den Röhrenfernseher ein, denn im neuen Kabelfernsehen warten aufregende Zeichentrickwelten auf mich, die meine Fantasie anregen. Stundenlang folge ich den Abenteuern der Bande um Scooby-Doo, fiebere mit James Bond Jr. mit oder lache über die Samurai Pizza Cats. Oft verbringe ich den ganzen Morgen vor dem Bildschirm und nehme sogar das Mittagessen vor den bunten Bewegtbildern zu mir. Selbst heute noch pflege ich diese Tradition und starte, wenn möglich, mit einer Animationsserie ins Wochenende. Derzeit ist es die Netflix-Serie „My Dad the Bounty Hunter“, die mich in fremde Welten entführt.
Ganz solange wie damals sitze ich zwar nicht mehr vor dem Fernseher, aber diese Gepflogenheit knüpft immer noch an das Wohlgefühl von einst an. Heute halten nur die Öffentlich-Rechtlichen und der Spartensender Super RTL am Kinderprogramm am Samstagmorgen fest und bieten mit „Bibi und Tina“ und „PAW Patrol“ eher Unterhaltung für die ganz Kleinen. Doch woran liegt es, dass sich das Programm geändert hat? Vorweg: Es hat ökonomische Gründe.
Die Geschichte des Samstagmorgen Kinderprogramms
Um die Entwicklung des Samstagmorgen-Fernsehens für Kinder besser zu begreifen bedarf es einen Blick über den Atlantik. In den 1940ern wurden Zeichentrickepisoden im Kino im Vorprogramm gezeigt. Als in den 1950ern die ersten Fernsehapparate Einzug in die Haushalte hielten, musste das Programm gefüllt werden. Für den zunächst aus Werbesicht als unbedeutend betrachteten Samstagmorgen sammelte man Wiederholungen der Zeichentrickfolgen, die man aus den Lichtspielhäusern kannte. In den 60ern wurden die schwarz-weiß Fernseher nach und nach von Farbfernsehern abgelöst und neue Inhalte, darunter „Familie Feuerstein“ oder „Scooby-Doo, wo bist du?“, kamen ins Programm. Die farbenfrohen Geschichten lockten die jungen Zuschauer:innen vor die Mattscheibe und schon bald erkannten Werbetreibende welch enormes Potenzial darin schlummerte. Die Kids konsumierten stundenlang Serien und konnten in den Werbepausen mit für sie passenden Werbespots gefüttert werden. Der Plan ging auf und vor allem die Spielzeugindustrie profitierte davon. In den 70ern gingen Elternverbände auf die Barrikaden, sodass es zu einigen Regularien kam. So mussten fortan die Serien beispielsweise pädagogisch wertvolle Inhalte vorweisen und Werbung von Produkten zu Serien nicht direkt in unmittelbarer Nähe der Sendung laufen. Ihren Höhepunkt fand dieses absurde Phänomen in den 80ern. Formate wie „He-Man and the Masters of the Universe“ oder „Transformers” wurden einzig und allein produziert um Spielzeug zu verkaufen. Mit der Verbreitung des Kabelfernsehens und des Pay-TVs in den 90ern und weiteren Regulierungen verschob sich das Ganze aber. Die Pay-TV-Sender nahmen es mit den Vorgaben nicht ganz so genau. Das Publikum wanderte ab. Außerdem boomte der Videomarkt und Videospielkonsolen boten neue Unterhaltungsmöglichkeiten für Kids. Und so zogen sich die Werbetreibenden langsam zurück, da das Geschäft nicht mehr lukrativ genug erschien.
Heutige Sehgewohnheiten
Heute besteht nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Kinder nicht mehr die Notwendigkeit sich zu einer bestimmten Zeit vor den Fernseher zu setzen, um die Lieblingsserie zu schauen. Sie sind, wie wir, ihre eigenen Programmdirektor:innen und stellen sich ihre Sendungen so zusammen, wie sie es wollen. Ob auf Netflix, YouTube oder sonst wo, die gewünschten Serien lassen sich jederzeit über das Tablet oder das Handy abrufen. Trotz der Bequemlichkeit alles jederzeit schauen zu können, mag ich es dennoch an meiner Samstagmorgenroutine festzuhalten. Man merkt, die Industrie war erfolgreich und hat meine Sehgewohnheiten deutlich geprägt. Wie schaut es bei euch aus?
Bilder: jcomp | Netflix | CBS
Das Ende der Samstagmorgencartoons kam halt durch Kindersender wie Nickelodeon oder Super RTL. Warum sollte man sein „echtes“ Programm für ein paar Zeichentrickfilme zur Verfügung stellen, die im Vergleich vermutlich eher niedrige Einschaltquoten haben (Und die auch weniger Werbeeinnahmen bringen, weil man weniger und kürzere Werbeblöcke schalten muss), wenn ich einfach alles auf einen eigenen Sender abschieben kann, den ich als eigene Marke positionieren und vielleicht für verhältnismäßig wenig Geld am laufen halten kann? Selbst die Öffies haben irgendwann den Großteil ihres Kinderprogramms zum Kika abgeschoben.
Aber ja, ich vermisse diese Zeit auch. Mudder schläft noch, aber man selber sitzt mit der Schwester vor dem Fernseher und schaut erstmal „Captain N“, „Camp Candy“ oder „Hallo Bobby“. Schön wars.
Danke für deine Ergänzung :-)
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