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(Ver)Urteil(ung)

Kommentar: (Ab) Wann kann man sich ein Urteil über eine Serie bilden?

Spoilerfrei
15. Juli 2020, 10:50 Uhr
Spoilerfrei
Kira
15.07.20

„Nee, die Serie ist doof.“ – „Die kann ich wirklich nicht empfehlen.“ – „Hat mich irgendwie nicht abgeholt.“ – Wer kennt diese oder ähnliche Aussagen aus Gesprächen über Serien nicht? Man empfiehlt sie sich gegenseitig oder rät anderen davon ab, sie zu sehen, versucht die Kollegin von der neuesten Entdeckung zu überzeugen oder sie durch weise gewählte Worte die Nummer eins ihrer Watchlist gegen etwas anderes eintauschen zu lassen.

Die Einschätzung zu Serien ist in erster Linie natürlich subjektiv, spiegelt die eigene Meinung wieder und ist daher in jeglicher Hinsicht zunächst einmal legitim. Doch wenn die Einschätzung über ein rein subjektives Gefühl hinausgehen soll, (ab) wann ist dann eigentlich ein Urteil über eine Serie erlaubt? Ein Urteil kann man sich immer bilden – aber ab wann darf man es rein objektiv betrachtet, sofern das überhaupt möglich ist, auch?

Ich finde, es gibt ein paar grundlegende Aspekte, anhand derer man schnell sagen kann, ob einem eine Serie ganz persönlich gefällt oder nicht. Da hätten wir zum Beispiel das Genre: Wenn ich mich absolut nicht gerne grusel, dann wird mir auch die neueste, filmisch grandios inszenierte Horrorserie nicht zusagen. Wenn mir der Humor nicht gefällt, kann die Comedyserie noch so gut geschrieben sein und ich finde dennoch keinen Zugang zu ihr. Und wenn ich einen Schauspieler oder eine Schauspielerin einfach nicht leiden kann, kann die Figur, die er oder sie verkörpert, noch so komplex und vielseitig angelegt sein, ich werde trotzdem keinen Gefallen an ihr finden. Unabhängig davon gibt es aber auch ein paar Dinge, die für mich für die eher „objektive“ Beurteilung einer Serie essentiell sind.

Länge und Vollständigkeit

Ich selbst mag es gar nicht, eine Serie nach ein paar Folgen oder womöglich sogar Staffeln abzubrechen. Klar, sollte man lieber aufhören und seine kostbare Zeit für etwas Schönes aufwenden, als sich unnötig durch eine Serie zu quälen, die einen nervt. Aber bei mir bleibt dann ein ungutes Gefühl der Unvollständigkeit zurück. Und das Gefühl, dass ich die Serie auch gar nicht wirklich beurteilen kann, wenn ich sie nicht vollständig gesehen habe. Was ich da nämlich gar nicht mag, ist, wenn jemand erzählt, dass man „einfach keinen Zugang zu einer Serie gefunden“ habe, sich dann aber herausstellt, dass die Person nicht mal eine ganze Folge der Serie gesehen hat. Hier finde ich ein Urteil nicht legitim, denn es ist doch klar, dass man in eine Serie erstmal reinkommen muss – und dich nicht jede Serie in den ersten fünf Minuten abholt, sie aber möglicherweise dennoch genial ist – und du es nur noch nicht weißt.

Gleichzeitig gibt es aber auch so Aussagen wie „wenn du es über die dritte Staffel hinaus geschafft hast, dann bist du richtig drin“, die auch wieder nicht besonders nützlich sind. Natürlich möchte niemand drei öde Staffeln sehen, nur um am Ende womöglich zwei oder drei gute Staffeln zu sehen. Aber wenn ich nicht alle Staffeln und alle Folgen einer Serie gesehen habe, kann ich dann guten Gewissens behaupten, dass die Serie gut oder schlecht ist? Ich finde, es bedarf ein Mindestmaß an gesehenen Folgen, um eine Serie zu beurteilen. Und dieses sollte mit dem Umfang einer Staffel womöglich erreicht sein.

Sprache

Ich bin absolute Verfechterin des Originaltons gegenüber der Synchronisation. Ja, darüber streite ich auch gerne. Ich lasse Argumente wie das Verständnis des Inhalts zwar durchaus gelten und man muss dazu anmerken, dass die deutsche Synchronisation in der Mehrheit der Fälle eine ziemlich gute ist und dafür darf man auch dankbar sein. Dennoch geht für mich nichts über die Rezeption einer Serie im Originalton. Ohne die originalen Stimmen und Wörter aus dem Mund der Darsteller*innen gehört zu haben, kann man die Leistung der verkörpernden Schauspieler*innen meiner Meinung nach nicht beurteilen. Sprache, Stimme, allein die Betonung macht so viel aus. Darin liegt so viel verborgen, darin kommt so viel zum Vorschein, dem sich durch eine gute Synchronisation zwar angenähert, das aber niemals ersetzt werden kann. Sagt jemand zu mir, man könne „Friends“ nun wirklich nicht anschauen, so überzogen sei die Serie – ist meine erste Frage, ob sie diese auf Deutsch oder im Original gesehen haben – und wenn die Antwort nicht „Original“ ist, dann weiß ich direkt, wo der Hund begraben liegt.

Auch wenn die deutsche Synchronisation gut ist, so wurde doch gerade bei älteren Comedyserien immer wieder zu einem überzogenen Grundton gegriffen. Und wenn dieses Überzogene dann nicht einmal von den Darsteller*innen selbst gesprochen wird, wirkt das gesamte Werk nur noch konstruiert. Ich möchte das gar nicht ganz abtun: Mir gefiel „Haus des Geldes“ auf Deutsch richtig gut (für die spanische Version haben die Grundkenntnisse bei weitem nicht ausgereicht). Die Dialoge allerdings fand ich häufig ganz schön flach – aber kann ich das beurteilen? Kann ich den Kern der Serie wirklich anhand ihrer deutschen Synchronversion beurteilen? Nein, ich glaube ganz einfach, das kann ich nicht.

Referenzen

Tja und dann gibt es da noch so etwas wie die Querverweise, Referenzen und Zitate, die in so manchen Serien versteckt sind. Findet man sie und fallen sie einem auf, feiert man sich selbst einen Moment lang und möchte alle anderen darauf hinweisen, dass man die gut versteckten Hinweise erkannt und verstanden hat. Fallen einem diese nicht auf… genau, passiert einfach nichts. Ich will gar nicht wissen, wie häufig man klug gewählte und gekonnt platzierte Referenzen einfach übersehen und überhört oder sie vielleicht sogar wahrgenommen, aber letztendlich nicht ganz verstanden hat.

Popkulturelle Querverweise machen für mich extrem viel von dem aus, was eine Serie für sich beansprucht zu sein. Und wenn man diese Hinweise nicht deuten kann, geht ein Stück vom Werk ganz einfach verloren, auch wenn man es vielleicht gar nicht weiß. Für die eine ist eine Serie dann gut, für die andere ist die Serie genial. Wissen ist Macht. Wissen erlaubt Urteil?

In einer perfekten Welt…

… hätten wir unendlich viel Zeit, um alle Folgen aller Serien zu schauen, würden wir alle Sprachen sprechen, um immer die Originalversion wählen (und verstehen) zu können und wären wir allwissend, um alle Querverweise zu erkennen und zu verstehen. Ist das das Ziel, um Serien beurteilen zu dürfen? Ganz bestimmt nicht. Ich denke nur, dass wir heutzutage einfach in einem viel zu schnellen Strom schwimmen, uns selten die Zeit nehmen, etwas wirklich mit Herz zu machen und dadurch auch zu voreilig urteilen, denn Zeit ist Geld und Geld haben wir nicht und Pipapo. Doch wenn wir die Serien, die wir schauen, einfach ein bisschen bewusster wählen und ihnen dann auch eine womöglich zweite oder dritte Chance geben, um über die erste Episode hinauszukommen – wird es das wohl nicht auch immer wert sein?

Was gehört für euch unabdingbar dazu, um eine Serie beurteilen zu können? Wo lasst ihr gar nicht mit euch reden? Oder wo urteilt ihr manchmal vielleicht sogar zu schnell? Ich habe ja „Norsemen“ nach nur einer Folge abgebrochen, da ich es einfach nur albern fand und absolut keinen Zugang zu dieser Art von Humor gefunden habe. Bisschen voreilig, ich weiß.

Beitragsbild: Judging Amy – CBS

2 Kommentare

  • 3 Folgen sind eigentlich Pflicht bei mir. Das ärgert mich manchmal dann schon, wenn ich meiner selbst auferlegten Pflicht nachkomme und die Serie wirklich schlecht ist, aber ich hab dann wenigstens das Gefühl dem Stück eine Chance gegeben zu haben :D

    Sollte ich nach drei Folgen weitergucken, dann hab ich glaube ich noch nie eine Serie vor dem ersten Staffelfinale beendet.

    „Schaffe“ ich die erste Staffel, entscheide ich meist neu ob sie mir es wert ist noch weiter zu schauen. Letztendlich ist das meist der letzte Punkt eine Serie komplett abzubrechen, da ich ansonsten ein sehr unbehagliches Gefühl der Unvollständigkeit verspüre…

    Eigentlich völlig verrückt, aber ich muss dann irgendwie meist trotzdem weiter gucken. Vermutlich der Grund wieso ich TWD noch immer gucke und eigentlich seit ein paar Staffeln nicht mehr wirklich Gefallen finde. (Einzig Smilf hat mich irgendwann in der zweiten Staffel so angeödet, dass ich da wirklich mittendrin den Stecker gezogen hab.)

    • Geht mir genauso und TWD ist tatsächlich ein sehr gutes Beispiel, denn da quäle ich mich auch seit Jahren nur noch so durch. Aber irgendwie besteht dann doch der Drang, es weiterzuschauen. Vielleicht auch aus der Hoffnung heraus, dass es doch nochmal irgendwann besser werden wird.


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