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Wer hat Angst, dass der König singt?

Review: Babylon Berlin – Episode 1 & 2

ACHTUNG: SPOILER !!
14. Oktober 2017, 12:00 Uhr
SPOILER !!
Matthias
14.10.17

Nach etlicher Zeit ist es nun endlich soweit. Der bis ins Unendliche gehypte deutsche serielle Rettungsanker wurde zu Wasser gelassen. Babylon Berlin startet exklusiv bei Sky, sehr zum Missmut vieler Gebührenzahler, deren wohl verdientes Geld ebenfalls in der bis dato teuersten Serienproduktion angelegt ist. Aber vielleicht ist es ja eine gute Geldanlage. Sky geizt jedenfalls nicht zum Starttermin und veröffentlicht gleich ganze vier Folgen der 20er Jahre Serie. Da es ja aber langweilig ist, gleich alle Pakete mit einem Mal zu öffnen, geht es in der ersten Review „nur“ um die ersten beiden Auftaktfolgen.

Und wir starten mit einer Trance. Atmen Sie ruhig. Stellen Sie sich vor. Wie der Hauptakteur der Serie, wir lernen ihn später unter dem Namen Gereon Rath kennen, werden wir als Zuschauer in eine Art Trance versetzt. Zurück in vergangene Zeiten. Für Gereon geht es in die guten Jahre vor dem großen Krieg. Als alles noch gut war. Interessant, wirken doch für uns die 20er Jahre in denen er sich aktuell befindet, wie das goldene Zeitalter der deutschen Geschichte, vor den dunklen Jahren. Es geht recht schnell in die Handlung. Gereon ist bei der Polizei. Versetzt von Köln nach Berlin um einen Fall zu klären. Das erledigt er erst einmal bei der „Sitte“ und nimmt kurzerhand einen Pornodreh hoch. Die Serie geizt nicht mit offenen Handlungsbögen und führt direkt ein Mysterium nach dem anderen ein. Einer der hochgenommenen Pornoproduzenten, der König, kennt Gereon sehr gut. Zumindest scheint es hier eine Vorgeschichte mit den beiden zu geben. Das könnte noch spannend werden. Wenn sich doch nur die Mimik von Herrn Rath auch mal ein wenig verändern würde. Dieser stumpfe emotionslose Ausdruck ist mir erst letztens im Kino über den Weg gelaufen. Allerdings in Form von Ryan Gosling als Blade Runner. Ich glaube aber kaum, dass Gereon ein Replikant in den Goldenen 20ern ist.

Spaß beiseite. Er hat neben seinem ihm aufgetragenen Geheimfall noch ein anderes körperliches Problem, vielleicht auch zwei. Das erste ist drogenbasiert. Er ist süchtig. So ganz konnte ich für mich noch nicht erörtern, was er sich ständig in Tröpfchenform einwirft. Zur Beruhigung tippe ich stark auf Valium, könnte aber aber auch gänzlich falsch liegen. Soweit der Stereotyp. Der kalte Ermittler ohne Emotionen, seine Geliebte mit Kind daheim in Köln, ermittelt für den großen Chef in Köln. Ein Film soll gefunden werden, auf dem sich höchst perverses bzw. mit etlichen Fetischen angehauchtes Material befinden könnte. Im gleichen Zug fällt dann auch der Name Adenauer. Hui hui hui, heißes Pflaster. Das könnte noch spannend werden. Gefühlt ist mir das allerdings fast nen Tucken zu drüber. Ich bin gespannt, wie sich das aber weiter entwickeln wird und gehe erst einmal neutral in die Sache rein. Ich redete von zwei körperlichen Problemen. Das zweite sind seine Tanzbeine. Die stellt er recht schnell und unerwartet unter Beweis. Dieser Moment in der Bar kam so ad hoc, dass es meiner Meinung nach ein komischer Charakterbruch war. Wände ablaufend und Salto schlagend präsentiert er seine Künste. Uff. Nee. Das war nichts für mich.

Eine gute Serie, die es mit amerikanischen Vorbildern aufnehmen möchte, kann aber nicht nur mit einem Handlungsbogen daher kommen. Mindestens zwei müssen es noch sein, im Auftakt trumpfen sogar drei zusätzliche auf. Da haben wir die Lotte. Aus einem Mehr-Generationen Haushalt. Überfordert mit der Welt, kommt sie frisch von der Feier kurz zum unten rum „abwaschen“ nach Hause, um dann zum Tippsen-Job zur Polizei zu gehen. Die Miete für die Familie muss ja immerhin gezahlt werden. So kommt die Lotte dann zu einem lukrativen Arbeitsauftrag. Leichenbilder sortieren und ein Schlagwortarchiv aufbauen. Nichts für schwache Nerven, aber es bahnt sich schon ein Crossover mit Gereon an. Hier kommt bestimmt bald mehr. Interessant ist hier eher die Zeichnung der nicht so goldenen 20er Jahre. Ärmliche Verhältnisse, schlechte Arbeit oder keine. Ein Zustand der in der Zeit wohl sehr viele Familien ereilt hat und schlussendlich in den Frust gegen die Weimarer Republik und deren Untergang endete. Besonders der Kontrast bei Lotte ist schön gezeichnet. Tagsüber dem Rechtsstaat helfen und in der Nacht „anschaffen“ gehen. Auch hier kommt wieder die Fetisch-Seite der Serie ins Spiel und ich denke, dass Lotte mit dem Fall von Gereon noch irgendwas zu tun haben wird. Ein wenig nervig und unpassend fand ich hier nur die überlange Tanzszene. Alle Gäste kennen natürlich die Choreographie und sind voll dabei. Naaaaaja.

Dann haben wir die Bahn. Ein Güterzug wird rund 1400 Kilometer östlich vor Berlin von Russen gekapert und ein zusätzlicher Wagon angehängt. Hier spielen scheinbar nicht nur die Russen noch eine wichtige Rolle, sondern auch Militärs aus deutschen Reihen. Zumindest scheint die Grenzkontrolle am Deutschen Reich so viel zu verraten, oder es war schlichter Zufalle. Schnell wird zumindest klar, dass dieser Handlungsbogen mit einem anderen aus Berlin verwoben ist. Konterrevolutionäre, die den guten alten Trotzki gegen Stalin unterstützen wollen, haben direkt etwas mit diesem Zug zu tun. Am Ende der zweiten Folge wird die Revolution aber gleich aus eigenen Reihen verraten und stark dezimiert. Ein wenig vorhersehbar, aber trotzdem interessant und spannend inszeniert.

Alles in allem haben wir also alles zusammen in einem großen Paket. Es gibt Intrigen und Mord, Porno und Fetisch, Drogen und Tanz. Ich konnte noch nicht ganz zuordnen, ob es mehr eine Krimi- oder Politikserie wird. Der Fall um den verlorenen Film von Adenauer, oder zumindest mit dem er erpresst wird, ist mir noch ein wenig zu nebelig (wie viele Bilder der Serie, dazu aber gleich mehr). Die erste Folge war so voll gestopft, dass es zwingend die zweite hinterher gebraucht hat, um überhaupt erst einmal richtig durchzusteigen. Das muss nicht unbedingt schlimm sein, aber die Eindrücke bei Babylon Berlin muss man erst einmal richtig ordnen. Immerhin gibt es ja doch die ein oder andere bekannte Stadtecke und vor allem den höchst sympathischen Berliner Sprech. Der ist in der Serie schön gelungen und macht bei einigen Charakteren wirklich Spaß zu hören.

Was die Bilder betrifft wurde nicht mit Nebel bzw. dem guten alten Haze gegeizt. Ein Trick der in Hollywood gerne oft verwendet wird. Einfach den Bildhintergrund ordentlich einnebeln, damit die Handlung im Vordergrund noch wirksamer ist und die Bilder weicher daher kommen. Hier und da ganz nett, ab und zu ein wenig zu oft. Stört aber dem großen Ganzen nicht sonderlich. Es ist fast beschweren auf hohem Niveau, denn ansonsten ist die Bildgestaltung der Serie gut gelungen und wunderbar abwechslungsreich. Wir haben viele verschiedene interessante Lichtsituationen, gute Animationen und schöne Sets. Man sieht der Serie das Produktionsniveau an. Die Kostüme und Requisiten passen in die Zeit und es scheint nichts „out of place“ oder erfunden. Musikalisch werden immer mal ein paar bekannte Lieder aus der Zeit eingespielt und der Fuss wippt immer mal mit. Das tut der Sache gut und passt zu der Epoche der Serie.

Die ersten beiden Folgen sind vollgestopft und überrumpeln den Zuschauer. Der positive Punkt ist aber, dass die Spannung nicht abnimmt. Ich denke, wenn das Level so gehalten wird, dann hat Babylon Berlin gutes Potential. Der Hype um die Serie hat natürlich auch hohe Erwartungen ausgelöst, die nicht unbedingt in allen Punkten erfüllt werden konnten. Der Hauptcharakter wirkt im Moment noch recht belanglos und sehr austauschbar. Der Stereotyp ist für meinen Geschmack zu viel. Lotte ist eine willkommene Abwechslung zu Gereon. Die Konterrevolutionäre finde ich noch nicht so reizvoll. Die Story um den Wagon ist interessant und ich hoffe, dass hierüber die Revoluzzer ein wenig mehr an Fahrt gewinnen können und nicht am Ende weiter in der Scheiße landen. Wirklich gut finde ich das Intro. Sofort kam in mir der Metropolis Fan wieder durch. Stil und Musik passen schön zusammen und ich würde die Option „Intro überspringen“ hier nie nutzen wollen. Dank Sky und uns Rundfunkgebührenzahlern haben wir endlich eine deutsche Serie mit Hang zum Erfolg. Ich bin auf jeden Fall gespannt auf Mehr aus den Goldenen Zwanzigern.

Bilder: sky/ARD

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