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Kevin "Footloose" Bacon rebelliert im Boston der 90er Jahre

Review: City on a Hill – Staffel 1

Mini-Spoiler
31. März 2020, 11:41 Uhr
Mini-Spoiler
Chris
31.03.20

Retro-Serien sind ja derzeit in. Während vor allem die 1980er Jahre ihr Revival feiern dürfen, schenkte den 1990ern – bislang – kaum jemand Beachtung. Dies ändert sich jetzt mit der neuen Serie „City on a Hill“, welche im Boston der 90er spielt. Nur durch Zufall bin ich als frischgebackener „Sky Ticket“-Besitzer über dieses kleine Serienjuwel gestolpert. Es gibt ein Wiedersehen mit Kevin Bacon, der wieder einmal einen richtigen Scheißkerl verkörpern darf: Jackie Rohr, FBI-Beamter und ein Drecksack, wie er im Buche steht. Nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht, lügt und betrügt sich Jackie durch die zehn Episoden der Serie. Als Selbstdarsteller par excellence geht er, mediengeil und korrupt, im wahrsten Sinne des Wortes über so manche Leiche, um sich selbst ins, natürlich wohlverdiente, Rampenlicht zu stellen.

Jackie betreibt in „seinem“ Boston ein dichtes Netzwerk aus kriminellen Informanten und Kollegen, die ihm selbstverständlich alle aus irgendwelchen Gründen Gefallen schulden, die er auch rücksichtslos bei passender Gelegenheit einfordert. Leider enttäuschen ihn auch so manche dieser wertvollen Kontaktpersonen und bringen ihn und auch seine Familie immer wieder in Bedrängnis.

Einer davon ist Jimmy Ryan. Seine ganze Familie spielt eine gewichtige Rolle in Jackies Boston, allerdings auf der anderen Seite des Gesetzes, machen Jimmy und sein Bruder Jackie doch gehörig zu schaffen. Jonathan Tucker, bestens bekannt aus einer meiner Lieblingsserien „Kingdom„, spielt auch hier wieder auf seine unnachahmliche Art einen sehr ambivalenten Charakter: Frankie, fürsorglicher Familienvater, anständiger Arbeiter, Mamas Lieblings-Schwiegersohn, der für alle da und gleichzeitig eiskalter Killer in einer Person ist. Klar, meint er es sicherlich nur gut und will mit der Beute aus seinen Raubzügen auch nur sozial Schwache unterstützen, die es noch schlechter als ihn „erwischt“ hat. Den drogensüchtigen Jimmy beispielsweise, der von einem Missgeschick ins nächste stolpert und in seinem Leben wohl auch nie etwas richtig gemacht hat.

„Er ist dumm wie ein Krümel Brot, dein Bruder.“ (Cathy zu Frankie)

Eine weitere Person macht Jackie das Leben auch nicht unbedingt leichter: Staatsanwalt DeCourcy Ward (Aldis Hodge) wird von Brooklyn nach Boston versetzt und bringt wieder etwas frischen Wind in die Verbrechensbekämpfung der Stadt. Stets top gekleidet wirkt DeCourcy mit seinen Hosenträgern und perfekt sitzenden Anzügen immer wie aus dem Ei gepellt. Bei ihm liegt jede Haarsträhne exakt dort, wo sie hingehört und er wirkt somit ganz anders als der schmierige, schmuddelige Frankie. Er geht seinen ganz eigenen Weg, ist idealistisch und noch vollkommen unverdorben, was seine Auffassung von Recht und Gesetz anbelangt. Jackie will ihn entsprechend flott mit allen ihm möglichen Mitteln auf „seine Linie bringen“, was jedoch von eher zweifelhaftem Erfolg gekrönt ist. Beide formen im Verlauf der Serie zwar dennoch eine Art „Buddy-Gespann“, allerdings wirkt dies stets unfreiwillig. Jeder ist auf der Hut vor dem anderen, obwohl oder gerade auch weil sie im selben Fall ermitteln und daher zur Zusammenarbeit gezwungen sind.

„Ich will die verflixten Machenschaften in dieser kaputten Stadt ausrotten, und zwar mit Stumpf und Stiel. Für immer.“ (DeCourcy zu Jackie)

Der Look der Serie bildet den Zeitgeist der 1990er sehr gut ab und kann durchaus als sehr detailverliebt bezeichnet werden. Oft dürften ältere Semester wie ich „Aha“-Erlebnisse haben, wenn zum Beispiel Jackie sein damals furchtbar teureres, aber unglaublich unhandliches, „Mobiltelefon“ hervorholt und die Antenne auszieht, um dann protzig ein ganz wichtiges Gespräch zu führen. Haftbefehle werden noch akribisch und langsam, stets Tippfehler vermeidend, mit der Schreibmaschine erstellt. Es gibt auch wenig „Political Correctness“, im Gegenzug dazu haufenweise Rassismus, Sexismus und Kraftausdrücke, die die stets präsente, Adrenalin-geladene Atmosphäre unterstreichen. Auch böse Worte wie „Nigger“, „Schwuchtel“, „Arschloch“, „Schlitzaugen“ etc. werden ausreichend genutzt. Den Versuch, eine Strichliste zu führen, wie oft welcher Ausdruck gebraucht wurde, habe ich bereits nach Episode Zwei aufgegeben. Beispiele hierfür:

„Weil Sie nichts von der Polizei zu befürchten haben, weil die Sie erkennen, Hausnigger.“ (Rev. Jasper Fields zu DeCourcy)

„Deine Mutter hat zuviel gequalmt, als sie mit dir schwanger war, Du Schwachsinnslegastheniker!“ (J.R. Minogue zu Kollege Stevie)

Überall wird geraucht, ob drinnen oder draußen, im Dienstwagen, der Kneipe oder im Büro des Staatsanwalts. Wer sie miterlebt hat, diese 1990er, wenn auch nicht in Boston, der wird sich auch noch dunkel an diese Zeit fern der Rauchverbote und sonstiger Einschränkungen erinnern können. Ich fand die Serie auch gerade wegen der bereits erwähnten Detailverliebtheit richtig gut. Wenn Jackie im Dienstwagen sitzt und rauchend noch einen Klassiker der 80er wie „Rush“ von Tom Sawyer mitgrölt, dann fühlt sich das für mich einfach richtig an, macht es diesen Jackie-Charakter noch ein Stückchen authentischer, greifbarer. Auch der ärmliche irische Hintergrund im Stadtteil Charlestown wird schon alleine durch die Kleidung (stets ein Kleeblatt, die Aufschrift „Irish“, „Celtics“ o.Ä. auf Pullis und Shirts) gezeigt, die Frauen immer schick auftoupiert mit bunten, billigen Ohrgehängen und riesigen Schulterpolstern. Natürlich darf auch der Hit „More Than a Feeling“ der Band Boston an passender Stelle eingefügt nicht fehlen. Der Score wurde insgesamt wirklich stimmig gewählt und unterstreicht die etwas düstere, fast dreckige Stimmung, die in diesem 90er-Jahre-Boston vorherrscht.

Nicht zuletzt sind es auch das langsame Erzähltempo und die Kameraführung, die einen an das Ende des letzten Jahrtausends zurückschickt und meinen lässt, man finde sich in einer Folge „Law and Order“ oder „NYPD Blue“ wieder: keine Überraschungen oder plötzlichen Wendungen, dafür knallharte Ermittler und vor allem eine klare Rollenverteilung, in der Frauen noch alles andere als gleichgestellt sind.

All diese Zutaten ergeben eine Serie, bei der ich mir schon jetzt eine zweite Staffel wünsche – Stoff dafür wäre genügend verblieben. Dieses Boston bedarf dringend weiterer Säuberungsaktionen.

„City on a Hill“ gibt’s bei:

Bilder: Showtime

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