„Ein Schattenbeschwörer, der Ketzer lechzte nach mehr Macht. Aus Angst vor einem Umsturz setzte der König einen Preis auf seinen Kopf aus und auf jeden Grisha, der ihn unterstützte. Der Ketzer versuchte sich eine eigene Armee zu schaffen, indem er die gleiche verbotene Wissenschaft anwandte, mit der Moritzowa einst die Kräftemehrer geschaffen hatte. Doch er scheiterte und dabei entstand die Schattenflur. Er wurde von ihr getötet, mit unzähligen anderen.“ (Alina zitiert eine ihr bekannte Legende)
Ich darf mich gleich zu Anfang outen: Nein, ich kenne die Romane von Leigh Bardugo nicht. Das komplette, von ihr erdachte „Grishaverse“ war mir vor Veröffentlichung der seit dem 23. April bei Netflix verfügbaren Serie „Shadow und Bone“ unbekannt. Nichtsdestotrotz oder gerade deswegen kann ich recht unvoreingenommen über meine persönlichen Eindrücke schreiben, die sich beim Schauen dieser Serienadaption bei mir eingestellt haben.
Wir begleiten die Waise Alina Starkov (Jessie Mei Li) auf ihrer Reise auf ihrem Werdegang hin zur Heiligen, zur Erlöserin, ja zur Retterin der Erde. Zuerst werfen wir, wie üblich, einen Blick auf die Hauptpersonen, eben allen voran auf Alina.
Alina, die spätere Sonnenkriegerin, führt anfangs ein beschauliches Leben in einfachen, ärmlichen Verhältnissen. Ihr bester Freund, ebenfalls ein Waise, ist Mal, den sie bereits von Kindesbeinen an kennt. Als junge Erwachsene treten beide der Armee als Fährtenleser bei, allgemein, so scheint es, gelten wohl Alina und Mel als unzertrennlich. Dies bleibt allerdings nicht so. Mal, der etwas erleben möchte und sich selbst beweisen will, tritt einer gefährlichen Expedition in die sogenannte „Schattenflur“ bei. Alina lässt sich nicht lange bitten und geht mit auf diese Reise ins Ungewisse. Bei einem Angriff diverser Monster, geflügelter Gestalten, ähnlich den Gargoyles, wird ein Großteil der Mannschaft verwundet, auch Mal und Alina.
Plötzlich gibt es eine unglaublich helle Lichtexplosion und die Geschehnisse nehmen Fahrt auf. Alina und Mal sind zwar unter den Überlebenden, werden aber getrennt. Denn nun ist klar: Alina ist auch eine Grisha. Nicht nur irgendeine, sondern die lang erwartete Erlöserin. Sie soll sich in die Schattenflur begeben und mit ihrer Kraft des Lichts diese ein für alle Mal zerstören. Viel Verantwortung für Alina, die Hoffnungen der Menschheit ruhen auf ihr. Entsprechend wird ihr eine Eskorte zur Verfügung gestellt, die sie zum Kaiser bringen soll. Mal bleibt dagegen der einfache Mann und kleine Soldat als Fährtensucher und wird daher ins Lazarett eingeliefert.
Sein voller Name lautet übrigens Malyen Oretsev (Archie Renaux). Wie schon erwähnt, bildet er von Kindesbeinen an mit seiner Alina ein unzertrennliches Gespann, wovon auch viele Rückblenden, die einen Blick in ihre Vergangenheit werfen, ein anschauliches Bild zeigen. Er wirkt ehrlich, grundsolide und wie jemand auf dem man sich verlassen kann. Kurzum, ein Typ zum Pferdestehlen. In seinem Heer hat er auch zwei beste Kumpels, die ihn auf seinen Wegen und Abenteuern begleiten und ihm verlässlich zur Seite stehen. Wenn es um die Zuneigung „seiner“ Alina geht, hat Mal allerdings einen großen Konkurrenten, den „Dunklen“ alias General Alexander Kirigan.
Der „Dunkle“ (Ben Barnes) rettet Alina, als diese noch auf dem Transport zum Kaiserpalast von Widerständlern angegriffen wird, das Leben. Trifft sich gut, dass Alexander nicht nur ein Meister der Magie ist, sondern nebenbei zufällig auch noch richtig gut aussieht. Man könnte schon erahnen, dass er so manches Mädchenherz gebrochen hat und noch brechen wird. Alexander erklärt Alina die Welt der Magie, als sie ihn darauf anspricht, wie er sie gerettet hat:
„Alles auf der Welt hat eine Masse. Auch die Luft oder die Schatten. Man kann sie nicht sehen. Der Schnitt ist eine spezielle Beschwörertechnik, aber er erfordert große Fertigkeit und ich wende ihn nur als letzten Ausweg an.“
Wir werden noch so einiges mehr über diesen mysteriösen Mann erfahren, der scheinbar Herrschaft über die Dunkelheit hat und wer weiß was alles mit seiner Magie anstellen kann. Nebenbei lernen wir natürlich auch, was denn diese Grishas sind, die irgendwie ja auch Dreh- und Angelpunkt der ganzen Story darstellen. Vergleichen kann man sie wohl am besten mit Hexen, auch deshalb, weil Grishas, genau wie Hexen damals, von Häschern verfolgt werden um letztlich vor ein Tribunal gestellt und getötet zu werden. Die Menschheit hat eben von jeher Angst vor allem, was sie nicht kennt, so auch vor magiebegabten Zeitgenossen, die über Elemente gebieten oder einfach von Natur aus gewisse Kräfte haben. Des Weiteren können sie auch Materialien oder Körper beeinflussen, was sie in den Augen „normaler Menschen“ zu Aussätzigen, Andersartigen macht. Dank General Kirigan, der selbst über die Dunkelheit gebietet, sind Grishas nun geachtet und am Hofe des Königs untergebracht, um dort ein Leben in gewissem Luxus zu führen. Natürlich kämpfen sie auch an vorderster Front für die Belange des Königreichs und setzen ihre magischen Kräfte gewinnbringend für diesen ein.
In dieser Fantasiewelt ist so einiges anders, wie wir lernen dürfen. So braucht zum Beispiel eine etwas in die Jahre gekommene Königin niemals Angst vor der Schwerkraft und ihren Auswirkungen zu haben, denn sie hat mit einer „Bildnerin“ eine entsprechend begabte Grisha in ihren Diensten. Diese stellt sich Alina auch entsprechend locker vor:
„Ich bin fast so eine Seltenheit wie du. Obwohl ich nicht behaupten würde, ich wäre so wichtig wie du, obwohl ich die Königin vor Hängetitten bewahre.“
Unspektakuläre Dinge wie Makeup auftragen, Falten glätten oder andere Veränderungen an menschlichen Körpern, komplett ohne chirurgische Eingriffe, das alles und noch viel mehr zählt zu den leichtesten Übungen für eine begabte Bildnerin.
Als Alina am Hof anlangt und das erste große Bankett ansteht, wird ihr ein junger Vorkoster zugeteilt, auch dieser nimmts mit Humor:
„Das ist eine Traumaufgabe. Ich habe mich so gefreut, als mein Vorgänger gestorben ist.“
Wir sehen also schon, Humor kommt auch nicht zu kurz und es waren tatsächlich einige Lacher im Verlauf der Serie zu verzeichnen, soviel sei vorab verraten. Auch Alinas Tutorin Baghra, die ihr den richtigen Umgang mit ihrer Lichtenergie beibringen soll, hat mich auf amüsante Weise an einen etwas ruppigeren Miyagi-Son (Karate Tiger) erinnert. Ich habe mich wirklich gut unterhalten und vergebe daher
Nichts ist unbedingt so, wie es zu sein scheint. Das ist oft richtig, hier in dieser Serie auch. Alina wird vom unauffälligen Waisenmädchen zur Hoffnung für das gesamte Königreich, der unbedeutende, kleine Soldat Mal erfüllt auch noch andere Aufgaben und zeigt seine Qualitäten und der ach so selbstlos für seinen Herrn agierende General Kerigan verfolgt seine eigenen Pläne. Wir sehen Zweikämpfe, die tatsächlich ganz gut choreographiert wurden und daher ziemlich realistisch wirken, „erleben“ die Ausübung der Magie der Grishas, die auch optisch gut umgesetzt ist und dürfen liebevoll gestaltete, prunkvoll aus Samt, Seide und Brokat geschaffene Kostüme bewundern.
Die mit Dunkelheit „gefüllte“ Schattenflur, die von einigen seltsamen monströsen Kreaturen bevölkert ist, die wohl stets Appetit auf etwas leckeres Menschenfleisch haben, stellt für die Menschheit eine schier undurchdringliche Barriere dar, seit sehr langer Zeit. Was es genau damit auf sich hat, wie der Schattenflur entstand, für wen dieser sogar Vorteile bringt, all das klärt die Story nach und nach, bringt quasi Licht ins Dunkel, wie die Sonnenkriegerin später in die Schattenflur selbst.
Es gibt neben der natürlich vorhandenen Liebesgeschichte auch noch eine Nebenhandlung, die sich um den Jung-Schurken Kaz und seine Crew rankt, die das große Geld wittern, nämlich 1 Million Kruge, wenn es ihnen gelingt, für einen reichen Kaufmann einen Weg durch eben jene Schattenflur zu finden. Die Crew um Kaz besteht aus dem Kunstschützen und Charmeur Jesper und der mysteriösen, sich lautlos wie ein Schatten bewegenden und im Umgang mit Messern sehr geübter Inej. Wir dürfen ihre Versuche, in den Palast einzudringen, um ihre Aufgabe zu erfüllen miterleben und das, was sie tun, weckt Sympathien. Jesper hat stets einen lockeren Spruch parat und schafft es immer wieder irgendwie, sich auch aus sehr brenzligen Situationen herauszumanövrieren. Er ist schlau und weiß natürlich,
„dass man, wenn man etwas will, besser handelt, ohne nachzudenken, als dass man nachdenkt, ohne zu handeln.“
Weisheiten wie diese und alle Erlebnisse der Hauptdarsteller fügen sich gut ins gesamte Geschehen ein, es gibt nur wenig lose Handlungsstränge, die nicht mehr aufgenommen werden, die ganze Story wird ohne nennenswerte Längen schlüssig fortgeführt. Sicher war die eine oder andere als Überraschung gedachte Szene vielleicht ein bisschen vorab zu erahnen, aber… was will der Zuschauer denn? Genau: Gut unterhalten werden, wenn er schon ein paar Stunden seiner wertvollen Lebenszeit opfert. Ich habe das Einschalten nicht bereut und bin gespannt, wer seine eigenen Eindrücke dieser Serie hier in den Kommentaren mit den Lesern meines Beitrags teilen wird.
Bilder: Netflix
Mir hat die erste Staffel auch richtig gut gefallen. Die Story war unterhaltsam, die Charaktere interessant und die Effekte echt gut umgesetzt. Ich freue mich auf die nächste Staffel (die es sicherlich geben wird)!
Ich auch, Kira, ich auch 😃
Oha…Miyagi-Son…Karate Tiger…??? Bitte dringend „Cobra Kai“ anschauen! ;)
Hab ich doch, sogar rezensiert. Hat mir sehr gut gefallen 😃
Hier auch ein Daumen nach oben! Hoffentlich gibt es bald eine Fortsetzung. Die Charaktere haben wirklich Spaß gemacht und die Athmosphäre hat für mich gestimmt.
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