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"Hello, darling."

Review: Westworld S04E01 – „The Auguries“

ACHTUNG: SPOILER !!
27. Juni 2022, 11:00 Uhr
SPOILER !!
Maik
27.06.22

Fast 26 Monate sind seit dem Finale der dritten Staffel „Westworld“ vergangen. Aufgrund der langen Wartezeit aber auch wegen der Komplexität von Staffel Drei habe auch ich nochmal Gebrauch von den Recap-Videos gemacht (auch, um dem Detailgrad Kiras Reviews zumindest im Ansatz nahe kommen zu können, die gerade im Urlaub weilt und von mir vertreten wird). Dabei zeigt sich die Auftaktfolge von Staffel Vier (Trailer) gar relativ Wiedereinstiegs-kompatibel. Nicht etwa, weil man den Dingen superleicht aus dem Stehgreif folgen könnte, eher im Gegenteil – es wird mit einem gewaltig hohen Grad an Mysterium gespielt.

Das beginnt bereits mit der ersten Szene, die von weitreichenderer Bedeutung sein dürfte, als man zunächst anzunehmen vermag. Wir werden direkt ins kalte Wasser des Hoover Damms geworfen, der im Inneren ein gigantischen Datenlager beherbergt und vom Kartell betrieben wird. Mir hat hierbei gefallen, wie geräuschlos der Auftakt vonstatten geht. Nach und nach nimmt die Intensität des Soundtracks zu, bis wir auf William treffen. Hier spielt „Westworld“ bereits eine große Stärke aus, die sich die Serie durch die drei vorherigen Staffeln aufgebaut hat, fragt sich doch das Publikum, in welcher Zeitlinie wir uns befinden und welcher William das nun ist. Es dürfte sich um den von Hale erstellten William-Host handeln, der das Dammgelände aufkaufen möchte.

„This is a unique asset, and as such it’s not for sale.“ – „This is America. Everything here is for sale.“ (Kartell-Mitglied & William)

Gefallen hat mir das vielsagende kurz zu sehende Labyrinth-Muster auf dem Boden der Anlage. Symbolik war ja schon immer eine Vorliebe der Serie, hier passt das vor allem im Zusammenhang mit William, der als Black Man jahrelang den Zeichen gefolgt war. Ed Harris macht mal wieder einen hervorragenden Job, vor allem in der finalen Phase seiner „Verhandlungen“. In bester „Geh aufs Ganze“-Manier wird Tür Zwei gewählt, was zu einem Schlüssel-Element dieser Staffel führt: Fliegen.

Auch diese typischen Hausfliegen sind bereits fester Bestandteil der „Westworld“-Symbolik, haben sie doch bereits in Staffel Eins im Zusammenspiel mit Dolores‘ Auge bedeutungsstarke Unterstreichung beifügen können. Dass das Insekt eine treibende Rolle in dieser Staffel haben wird, war bereits im Teaser-Trailer zu sehen, der Kartell-Mann bekommt gleich eine ganze Zimmerdecke voll von ihnen geschenkt. Eine Ohnmacht später spurt er nach Williams Wünschen. Eine Host-Kopie scheint man hier nicht auf die Schnelle erstellt zu haben, vielmehr dürften die Fliegen zu einer Art Infiltration des Gehirnes geführt haben. Immerhin zeigt auch der Vorspann prominent die Erstellung einer synthetischen Fliege, was die Vermutung nahe legt, dass es sich um kleine Host-Fliegen handelt, die Hale zur Bewusstseins-Steuerung einsetzt. Ein gefährliches Mittel!

Ebenfalls eine schöne Referenz zur ersten Staffel bekommen wir bei Dolores zu sehen, die ausnahmsweise mal nicht im alten Westworld-Park-Bett aufwacht, ihres ist jetzt doch etwas moderner. Bei all den Neuerungen ist es schon fast ironisch, dass selbst die selbstfahrenden Autos teilweise auf den Radwegen zu parken scheinen…

Eines der größten Mysterien dieser Folge liegt jedoch in Dolores selbst, die gar nicht Dolores ist. Als Christina lebt sie in einer 2er-WG, wo sie sich neben der Arbeit auch hauptsächlich aufzuhalten scheint. Im weiteren Verlauf wird glaubhaft dargestellt, dass sie sich wirklich für Christina hält und keine Ahnung von irgendwelchen Maschinen-Revolutionen zu haben scheint. Entweder hat Dolores sich selbst in eine Art Schlaf-Modus versetzt, der nach einer bestimmten Zeit, durch ein bestimmtes Ereignis oder eine bestimmte Person beendet wird, oder es handelt sich lediglich um eine Kopie des Dolores-Körpers.

Vielleicht spielt der „Tower“ eine Rolle diesbezüglich. Noch so ein mysteriöses neues Element, das wenig verhohlen angedeutet wird. Zuerst von einer Person am Straßenrand, die danach fragt, ob andere Leute ihn auch sehen können. Später auch von einem mysteriösen Anrufer, der Christina belästigt, die aus innerer Neugierde heraus irgendwann ans Telefon geht und beschuldigt wird, mit ihren Spielen Leben zu zerstören.

Spiele? Ach ja – Christina arbeitet als Videospiel-Autorin. In schick inszenierten modernen Cubicles und mit einer in Echtzeit funktionierenden Visualisierungs-Software beim Unternehmen Olympiad Entertainment. Mir gefällt die Verwendung der Analogie, dass sie dort nicht etwa die Geschichten der Hauptfiguren konstruiert, sondern die der Nebenfiguren. Das birgt noch jede Menge Potenzial zur Ausweitung auf die eigentliche Seriengeschichte. Dass sie jemandem, der selbst Spiele spielt, jedoch erklären muss, was ein NPC, also ein Non-playable Character, ist, wirkt nicht ganz durchdacht, aber da wollte man die Serien-Zuschauer:innen wohl inhaltlich abholen. Das hätte man aber besser lösen können. Besser darf die Zukunft auch bitte das Problem mit patriarchischem Mansplaining lösen, im irren Date bekommt Christina direkt mal Medizin gegen Depressionen vorgeschlagen – sympathisch.

„What if I’m not the one that’s broken, what if it’s the world that needs fixing?“ (Dolores / Christina)

Gerade als man sich fragt, weshalb die Straßenlaternen derart ungünstig zeitlich abgestimmt sind, dass immer erst eine ausgeht, bevor die nächst angeht, folgt auch schon die Erklärung: Cole! Äh, ich meine Peter (gespielt von Aaron Stanford, der Cole in der „12 Monkeys“-Serie verkörpert hatte). Erneut wiederholt er, dass sein Leben und die anderer durch die Videospiel-Geschichten Christinas gesteuert würden und stürzt sich dann von einem Hochhaus (schade, hätte ihn gerne mehr gesehen…). Dies scheint selbst für Christina ein Mysterium zu sein, was meine Theorie mit der fehlenden Dolores-Identität unterstreicht. Und vor allem aufzeigt, dass selbst nach dem Ende der Übercomputer noch eine steuernde Macht im Hintergrund zu agieren scheint. Der Tower? Das Videospiel-Unternehmen? Oder gar Maeve…?

Maeve ist eine der Figuren, die uns einen groben Anker für das Zeitverständnis liefert. Sieben Jahre lebt sie einsam und abgeschieden irgendwie im Nirgendwo. Dort erinnert sie sich nicht nur an ihre Park-Tochter und Hector, sondern auch an Ereignisse, die (noch?) nicht passiert sind. Oder habe ich nur vergessen verdrängt, dass Caleb da verblutend am Boden liegt, nachdem einer der Supercomputer in die Luft gejagt wird? Kann Maeve vielleicht analog zu den Computern zukünftige Ereignisse errechnen? Das würde auch den erforderlichen Stromverbrauch erklären, bricht ihre Vision doch genau im Moment des Stromausfalles ab.

Sie erhält jedenfalls Besuch, für den man keine weiteren Gläser benötigt, schon eher eine Axt. Die Angriffs-Hosts weiß sie zu überwältigen und mittels USB-C-Verbindung gedanklich anzuzapfen, wodurch sie weiß, dass William etwas damit zu tun hat. Und es führt sie zu Caleb.

Caleb arbeitet noch immer als Industrie-Mechaniker (oder so etwas, nagelt mich nicht auf den Begriff fest) auf Hochhäusern. Dort bekommen wir auch eine interessante Unterredung mit einem Arbeitskollegen geboten. Hat sich wirklich etwas durch die Revolution verändert? Hatte die Maschine nicht einfach nur gesagt, was man bereits ist? Mit wenigen Sätzen schafft das Drehbuch es hier, uns sowohl Einblick in den Status der gezeigten Zeit zu geben als auch Anknüpfungspunkte für Gedankenspiele.

„What’s the magic word?“ – „Divorce.“ (Caleb & seine Frau)

Es scheint jedenfalls so etwas wie der Jahrestag der Revolution zu sein, der eine erhöhte Gedankenfrequenz und Feiertagszuschlag für Caleb bedeutet. Nachdem diesem aufgrund seines Ausbrechenden-Status durch die Maschine Nachwuchs verwehrt war, hat er jetzt eine Tochter. Die siebenjährige Frankie ist ein weitere Hinweis auf die Länge des Zeitsprunges. Eines der vielen schönen beiläufigen Details in der Folge war das Banksy-artige Stück Street Art – nice!

An sich war auch das Spiel mit Calebs noch immer vorhandenem Kriegs-Trauma gelungen inszeniert, vor allem, was das Abfärben der Paranoia auf Tochter Frankie anbelangt. Mir ist in der Folge aber mindestens einmal zu viel etwas vor Fenstern umgefallen. Dass dann zunächst ein echter Waschbar zu sehen ist, ist an sich super (ich liebe diese Tiere!), wirkte aber doch sehr konstruiert. Dennoch war die Szene mit Frankie und dem fremden Host natürlich spannend anzusehen und Maeves Auftritt absolute bad-ass!

„Here I am – disposing and dismembering, just like the good old days!“ (Maeve)

Bad-ass war auch mal wieder Ramin Djawadis akustische Untermalung, gekrönt am Ende mit seiner wunderschönen Interpretation von Lana del Reys „Video Games“ im Hintergrund. Passend dazu macht Christina sich Gedanken um ihre nächste Videospiel-Geschichte. Nachdem ihr größter Erfolg bislang eine war, in der am Ende alle sterben (das erinnert an die bisher beste Staffel der Serie, Season Eins), möchte sie eigentlich ein Happy End haben. Aber wer will sowas Langweiliges schon sehen? Erneut ein vielsagender Hinweis auf die Entwicklung der Staffel oder vielleicht auch nur ihrer Figur…

„I want a story with a happy ending. Stupid. Stupid stories that no one wants to hear.“ (Christina)

Nachdem bereits ein Labyrinth auf Christinas Balkon zu sehen war, wird es ganz am Ende nochmal intensiver, was die Park-Callbacks anbelangt, steht doch plötzlich Teddy vor dem Haus. Wir erinnern uns an die Stärke der Serie – wer steckt in dieser Host-Nachbildung von ihm? Ist es eine Dolores-Kopie? Oder hat sie Teddy nachbauen lassen? Ich bin mir jedenfalls sicher, dass dieser Teddy-Host dafür verantwortlich sein wird, Christina aufzuwecken, so dass wir nächste Woche Dolores zu sehen bekommen werden.

„Auguries“ heißt so viel wie Prophezeiungen und davon gab es in dieser Folge so einige zu sehen. Der Staffelauftakt spielt vor allem durch das Mittel eines mindestens siebenjährigen Zeitsprunges mit unserer Vorstellungskraft. Immerhin war Bernard in der Post-Credit-Szene von Staffel Drei derart verstaubt zu sehen, dass man annehmen könnte, sein Wiederauftauchen würde nach all den Jahren die Geschichte wieder in Gang bringen. Viele Andeutungen werden gemacht, was den Verlauf der Staffel anbelangt, vieles wird aber auch noch im Dunkel gelassen. Gerade mit diesen Mysterien schürt „Westworld“ genug Interesse, um uns Zuschauer:innen neugierig auf die weiteren Folgen zu machen.

Die bildliche Inszenierung war wie immer auf hohem Niveau, ohne jetzt wirklich mit Augen-aus-dem-Kopf-fallen-Momenten auftrumpfen zu können. Gleiches gilt für das Schauspiel, das gekonnt war, aber insgesamt analog zur Handlung noch auftauen muss. Insgesamt war das ein sehr guter Auftakt, der mir besser als einiges in Staffel Drei gefallen hat. Dennoch fehlt noch ein bisschen die alte Frische und man hat schon gefühlt, dass es sich hierbei um eine Art Aufbau-Folge gehandelt hat. Das Potenzial für große Entwicklungen ist jedoch bereits jetzt ersichtlich, was mich mit Freude auf die weiteren Folgen und Wochen blicken lässt.

Hier gibt es noch das offizielle Behind-the-Scenes-Video von HBO zur Episode:

Bilder: HBO

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