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Gespräch mit Joe Hofer, David Clay Diaz und Susan Gordanshekan

Füxe: Interviews mit den Machern der Miniserie in ZDF und ZDFmediathek

Mini-Spoiler
9. September 2023, 11:11 Uhr
Mini-Spoiler
Michael
09.09.23

Über die kommende Miniserie „Füxe“ in ZDF und ZDFmediathek hatten wir letztens hier im Blog schon berichtet. Die Serie macht ein interessantes Thema auf, wenn sie im Oktober im ZDF und in der ZDFmediathek zu sehen sein wird – das der sozialen Herkunft der Eltern. „Die Miniserie „Füxe“ ist von neuen, vielversprechenden Talenten bei Schauspiel, Team, Buch und Regie gemacht worden und wird den beteiligten jungen Kreativen hoffentlich weitere Türen öffnen“, erklären die Redakteure Christian Cloos und Jakob Zimmermann. Zu sehen sein werden die vier Folgen am Montag, 16. Oktober 2023, 0.10 Uhr, und Montag, 23. Oktober 2023, 0.05 Uhr jeweils zwei Folgen hintereinander im ZDF sowie ab Donnerstag, 12. Oktober 2023, mindestens ein Jahr lang in der ZDFmediathek. Das ZDF hat ein Interview mit Joe Hofer (Serienidee und Autor), David Clay Diaz (Autor und Regie) und Susan Gordanshekan (Regie) im Vorfeld von „Füxe“ veröffentlicht, das nochmal mehr Hintergründe zur Serie liefert. Hier geht’s zum Trailer.

Frage: Corps, Burschenschaften oder Studentenverbindungen – was genau unterscheidet diese Männerbünde, was haben sie gemeinsam?

Joe Hofer: Der Begriff „Studentenverbindungen“ ist ein Überbegriff für alle studentischen Gruppierungen, darunter Corps und Burschenschaften. Dabei treten Corps nach außen meist politisch neutral auf, Burschenschaften haben oft einen politischen Hintergrund. Während des Studiums wird in diesen Verbindungen das gemeinsame Leben, Feiern, Studieren und oft auch das Wohnen in einem Verbindungshaus miteinander geteilt. Selbst nach dem Studium bleibt man eng mit der jeweiligen Verbindung verbunden. Einige Corps und Burschenschaften praktizieren zudem das Mensurfechten, ein ritualisiertes Fechten.

Frage: Hauptfigur Adem muss seine Herkunft verleugnen und ein Doppelleben führen, um über eine elitäre Gruppe zu versuchen, den sozialen Aufstieg zu schaffen. Ist Eure Serie auch eine Kritik an Klassismus?

David Clay Diaz: Unsere Serie ist definitiv eine Kritik an Klassismus und Elitismus. Das war für mich immer der Kern, mein persönlicher Hauptantrieb als Autor und Regisseur. Klassismus ist das unsichtbarste aller Probleme. Ein Problem das, wie mir scheint, nicht ausreichend Aufmerksamkeit bekommt.

Frage: Wie ist die Idee entstanden, und warum erzählt ihr eine Geschichte über den Versuch eines sozialen Aufstiegs ausgerechnet in der Welt einer schlagenden Studentenverbindung?

Joe Hofer: „Füxe“ ist ein besonderes und sehr persönliches Projekt für mich. Nicht nur, da ich in meiner alten Heimat Würzburg schon mit Studentenverbindungen in Kontakt gekommen bin, sondern auch, weil ich meine Herkunft aus einer nicht-akademischen Familie in dem Stoff verarbeiten konnte. Obwohl wir in einer offenen und demokratischen Gesellschaft leben, bestimmt unsere Herkunft weitgehend über unseren gesellschaftlichen Status. Die Welt der Studentenverbindungen ist dafür ein besonders anschauliches Beispiel. „Füxe“ soll zeigen, was heutzutage noch immer den Reiz dieser altertümlichen Gemeinschaften ausmacht. Das wird vor allem durch die migrantische Hauptperson, die sich nach Zugehörigkeit und Chancen sehnt, ganz deutlich spürbar.

Frage: Inwiefern beeinflussen Adems kosovarisch-albanische Herkunft und Familie sowie seine Freundin Mina seine Träume und Entscheidungen?

Susan Gordanshekan: Adems Familie kommt aus der Arbeiterschicht. Seine Eltern haben den Krieg im Kosovo erlebt und sind nach Deutschland geflüchtet, wo sie lediglich die Chance hatten, sich mit einfachen Berufen über Wasser zu halten. Adem ist der erste in der Familie, der studiert, und er begreift die Studentenverbindung als Chance. Er träumt davon, sich ein Leben aufzubauen, das von Karriere und sozialem Aufstieg geprägt ist. Dieser Wunsch ist so stark, dass er im Laufe der Serie sowohl seine Herkunft leugnet als auch die Menschen belügt und von sich wegstößt, die ihm am meisten bedeuten. Mina und Adem teilen zwar die Erfahrung, was es bedeutet, aus Migrationsfamilien zu kommen, aber da sie aus verschiedenen Gesellschaftsschichten stammen, gehen sie mit dem Thema „sozialer Aufstieg“ unterschiedlich um. Während Adem das System für sich ausnutzt, geht Mina den geraden Weg. Sie steht für ehrliche Werte und Prinzipien, die Adem am Ende opfert, um beruflich in der Finanzwelt Fuß zu fassen.

Frage: Was fasziniert heute noch junge Männer an Studentenverbindungen, warum ordnen sie sich freiwillig einem hierarchischen System unter?

David Clay Diaz: Als 19-Jähriger war ich tatsächlich in einer ähnlichen Situation wie Adem und schaute mir ebenfalls ein Zimmer in einer schlagenden Verbindung an. Ich zog damals für das Regiestudium von Wien nach München, alles war unglaublich teuer, und da lockte dieses super-günstige Zimmer in einer Villa. Ich durfte dort sogar mehrere Tage übernachten, während ich andere WG-Zimmer suchte. Aber in dieser Zeit wollten die Jungs mich auch gerne in deren Welt einführen und alles zeigen. Ich wusste damals nicht viel mehr als „die sind konservativ, gar rechts ‒ also nichts für mich“, aber ich spürte schnell die Reize am eigenen Leib. Die Kameraderie ist ansteckend, sie bilden ihren eigenen Kosmos mit ihren eigenen Regeln und bald gibt es nichts mehr als das. Sie binden jeden ein, jeder hat eine Stellung und eine Aufgabe, das gibt Ordnung und Struktur. Man fühlt sich als Teil von etwas Besonderem, Schönem, Historischem. Ich denke, dass das vor allem starken Reiz auf junge Menschen ausübt, die sich etwas haltlos fühlen und nach Zusammenhalt suchen. Wir haben versucht, den Reiz durch die Darstellung dieser Aspekte auch darzustellen, denn es ist wichtig zu verstehen, was junge Menschen in die Arme solcher Organisationen treibt, bevor man ein Generalurteil fällt.

Frage: Wie habt ihr recherchiert, um das Innenleben eines Corps möglichst authentisch wiederzugeben? Seid ihr in den direkten Kontakt mit Burschenschaftlern getreten?

Joe Hofer: Ziel unserer Recherche war es, diese für viele unbekannte Welt kennenzulernen, ernst zu nehmen und sie dann in einem realistischen Drama erzählen zu können. Interessiert hat uns insbesondere das Innenleben in deutschen Studentenverbindungen. Neben Literatur und Expertengesprächen waren unsere persönlichen Besuche in Corps besonders eindrücklich. In unseren Recherchen haben wir festgestellt, dass bei den jungen und aktiven Mitgliedern der schlagenden Studentenverbindungen eine zunehmende Rückbesinnung auf alte Traditionen und in Teilen auch eine Radikalisierung zu beobachten ist. Aufgefallen ist uns auch der Einfluss „alter Herren“, der über ein Netzwerk für Praktika und Berufseinstiege weit hinaus geht.

Frage: Nach welchen Kriterien habt ihr gecastet? Wie wichtig war es euch, dass die Figuren Adem und Mina von Personen mit Migrationshintergrund besetzt werden?

Susan Gordanshekan: Die Figur Adem war im Drehbuch zunächst als Bosnier angelegt. Adem sollte ein Migrant sein, der äußerlich auch als Deutscher durchgehen würde, da die Geschichte, die wir erzählen wollten, sonst nicht aufgegangen wäre. Doch im Laufe des Casting-Prozesses haben wir nur wenige Bosnier gefunden, die zur Figur Adem passten und sind nach längerem Suchen mithilfe der Casterinnen schließlich auf Valon Krasniqi gestoßen, der kosovo-albanischer Herkunft ist. Valons Familie war damals wegen des Krieges nach Deutschland geflüchtet und somit brachte er für uns schon von Grund auf Erfahrungen mit, die uns wichtig waren. Die Figur Mina war im Drehbuch als junge schwarze Frau angelegt. Hier haben wir uns von der Vorlage entfernt, als wir Roxana Samadi gefunden hatten, die zwar ebenfalls Migrationshintergrund besitzt, doch eine ganz andere Gesellschaftsschicht verkörpern konnte und somit den Gegenpol zu der Figur Adem bildet.

Frage: Wie hast du dich dem Filmthema genähert? War es als weibliche Regisseurin eine besondere Herausforderung, ein von Männern dominiertes System zu inszenieren?

Susan Gordanshekan: Es hat mir sehr geholfen, in engem Austausch mit Joe Hofer und David Clay Diaz zu sein und mit ihnen zusammen im Vorfeld in Studentenverbindungen zu recherchieren. Vieles aus der Inszenierung speist sich aus den Erfahrungen, die ich dort machen konnte, aber auch aus der grundsätzlichen Beobachtung von Männern in ähnlichen Szenarien. Zusammen mit dem wunderbaren Ensemble von „Füxe“ hat es sehr viel Spaß gemacht, diese „Männerwelten“ abzubilden und zu inszenieren.

Frage: Kamen Doubles bei den Mensur-Fecht-Szenen zum Einsatz, oder wie habt ihr sie gedreht?

David Clay Diaz: Ja, es kamen Doubles zum Einsatz. Ein Ehemaliger und ein Aktiver einer schlagenden Verbindung haben sich für uns einen möglichst realistischen Kampf geboten, den wir dann mit einem ebenfalls mit deren Hilfe vorbereiteten Fechtkampf unserer Darsteller unterschnitten haben. Unsere Darsteller hatten auch Fechttraining und im vorab eine Choreographie erlernt.

Frage: Schlagende Verbindungen wirken mit ihren Ritualen und Bräuchen wie aus der Zeit gefallen. Wird ihr tatsächlicher Einfluss in unserer Gesellschaft deines Erachtens unterschätzt? Und werden sie sich in einer immer diverser werden Gesellschaft halten können?

Susan Gordanshekan: Ich denke, dass Studentenverbindungen weiterhin Zulauf haben werden, da sie einen Gegenpol zu einer immer diverser und fortschrittlich werdenden Gesellschaft bilden. Es werden junge Menschen angesprochen, die sich gerade in der heutigen, schnelllebigen Welt nach den Werten und Ritualen einer solchen Institution sehnen und Gemeinschaft und Halt suchen. Durch die Kontakte zu den „alten Herren“ und zur Arbeitswelt, können sie sich ein Netzwerk aufbauen, das ein Vehikel für Karriere und sozialem Aufstieg bildet und somit von hohem Wert ist.

Die Fragen stellte Britta Rohmert.

Bilder: ZDF

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