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Moderner Miesepeter-ismus

Lasst den Leuten doch die Freude an Serien

Spoilerfrei
8. Mai 2019, 18:09 Uhr
Spoilerfrei
Maik
08.05.19

Nach zwei Wintern und 595 Tagen haben etliche Leute in der Nacht auf den 15. April gegen 3 Uhr Sky angemacht. Nicht etwa für ein Live-Event, wie der Super Bowl, die lange Nacht der Oscar-Verleihung oder ein Schwergewichts-Boxkampf, sondern für eine Serie. Nicht „eine“ Serie, sondern „Game of Thrones“. Und nein, das waren nicht nur ein paar Nachtschwärmer, die die langersehnte Auftaktepisode „Winterfell“ sahen, sondern satte 600.000 Fans, die einen Marktanteil von 18,4 Prozent ausmachten. Und auch wenn das Comeback der aktuell erfolgreichsten Fernsehserie der Welt besonders ist, gab es sie bereits dort – die Miesepeter und Miesepetras. Und waren es dort noch vorrangig Leute, die „Game of Thrones“ gar nicht gucken, hat die dritte Episode „The Long Night“ auch noch eine signifikante Gruppierung an eigentlichen Fans der Serie dazu gebracht, diese anderen madig zu machen.

Und ja, „Game of Thrones“ ist aktuell überall, ich weiß, auch das kann nerven, aber das Beispiel ist halt enorm aktuell. Ich versuche es aber davon ausgehend zu verallgemeinern und auch Beispiele fernab des Hype-Themas Nummer Eins zu finden.

„Let people enjoy this“

Am 3. Februar 2016 hat Webcomic-Artist Adam Ellis den unten zu sehenden Strip „shhh“ veröffentlicht, dessen letzte zwei Panels fortan tausende Male im Netz als Reaktions-Motiv geteilt und in gewisser Weise Pate für diesen Kommentar hier stehen sollen:

Das zählt nicht nur für Serien, sondern so ziemlich für alles im Leben. Sei es Sport, Lesen oder gar Ananas auf Pizza (viel weiter darf es natürlich nicht gehen…). Solange es rechtlich wie ethisch korrekt bleibt, soll doch einfach jeder machen, was er oder sie für toll hält. Punkt. Also lasst das allzu offensive Herumwedeln mit „Ich schau das nicht!“-Offenbarungen oder das übertriebene Meta-Generve über Leute, die sagen müssen, dass sie es nicht gesehen haben/sehen wollen.

Obacht: auch anders herum!

Wurde in diesem Beitrag hier jetzt viel über Miesepeter geschimpft, so müssen wir Serienliebende natürlich auch unsere eigene Außenwirkung beachten. Denn mit versuchter Bekehrung von Nicht-Fans oder allgemeinem Herumgenerve, wie toll doch die eigene Serie gerade sei, macht man sich auch unbeliebt und bedrängt andere Leute. Denn genau, wie jeder Dinge „enjoyen“ darf, so steht auch jedem frei, Dinge nicht zu mögen. Oder eben andere Sachen zu mögen.

Wichtig für beide Seiten: Klappe halten. Nicht aufdrängen. Fair bleiben.

Dinge, die es zu beachten gilt

Ich habe das Gefühl, mal wieder nicht zum Punkt zu kommen – sorry dafür. Daher versuche ich jetzt einfach mal in Kürze und Schnelle einzelne Aspekte aufzuzählen, die mir in Puncto Serienkonsum aufgefallen sind.

Soll doch jeder Schauen, wann und wie man will

„Wie kannst du denn bitte DAFÜR nachts aufstehen?!“ hieß es wohl so einige Male, als Leute schlaftrunken und doch freudig auf der Arbeit davon erzählt haben, bereits die neue Folge gesehen zu haben. Nicht einfach „nur“ vor der Arbeit, sondern mitten in der Nacht, zur Erstausstrahlung. Vermutlich hat auch bei der Sky-Programmplanungsrunde jemand schiefe Blicke für den Vorschlag geerntet, quasi parallel zur US-Ausstrahlung zu senden. Die Ergebnisse geben dem Vorhaben aber recht und wieso schert es einen denn, wie andere ihre Freizeit gestalten? Mir ist mein Schlaf zwar auch zu schade (und vor allem die mindere Bildqualität, ähem…), um die Sendung mitten in der Nacht zu schauen, aber ich stehe schon um 6:30 Uhr auf, damit ich möglichst schnell das Review für euch bereit habe.

Andere wiederum ätzen rum, dass jemand die Folge selbst zwei Tage später noch immer nicht gesehen hat („Und das nennt sich ‚Fan‘?!?!“). Aber auch fernab dieses mehr oder weniger einzigartigen Extrems: Ist es nicht wurscht, wann wer etwas schaut? Ob am Tag der US-Ausstrahlung, einen Tag später oder am nächsten Wochenende. Manche Leute warten ja gar ganze Staffeln oder Serien ab, ehe sie alles am Stück schauen. Der gute alte Schulhof-Druck ist eben kaum mehr da, um mitreden zu können. Dafür aber etwas anderes um so mehr…

Spoilers are coming…

Viele schauen ja auch früh, damit sie nicht Opfer internetionaler Spoiler-Attacken werden. Gerade Twitter und Facebook gleichen an den Tagen nach der Ausstrahlung einem Minenfeld, das es teils gar nicht mehr zu betreten gilt, da viele Leute sowas von rücksichtslos drauf los schreiben. Versteht mich nicht falsch, ich gehöre auch zu denen, die sich gerne über Serien und Ereignisse aktueller Folgen austauschen (Überraschung, daher ja auch dieser Blog und z.B. Beiträge, wie dieser hier). Ebenso bin ich großer Fan der Meme-Kultur und allgemeinem Internet-Spaß rund um aktuelle Geschehnisse. Ist das bei einem Kaffeebecher im Mittelalter-Setting noch irgendwo Inhalts-unabhängig, können konkrete Informationen schon einmal das Serien-Vergnügen anderer kaputtmachen.

Auch hier gilt kein Schwarz-Weiß-Denken. Ich finde, die Empörungsgesellschaft hat sich auch in Sachen Spoilern radikalisiert, so dass jedes noch so kleine Detail verteufelt gehört („Was, die Folge hat ein leicht veränderte Intro? WIE KONNTEST DU NUR!!!!1elf“). Aber manche wirklich großen Twists sollte man dann doch im Idealfall selbst in voller Wirkung zu sehen bekommen. Daher denkt doch bitte daran, dass andere vielleicht noch nicht so weit sind, wie ihr es seid, wenn ihr eure Emotionen im Web verbreitet. Bleibt abstrakt oder kennzeichnet eure Tweets, etc. bitte einfach entsprechend.

Und die allerschlimmste Sorte sind ja die, die mit der Serie selbst eigentlich nichts (mehr) am Hut haben, und sich nur einen Spaß daraus machen, andere zu spoilern. Eben das Recap zur neuen Folge durchlesen und in die Welt schreien, welche Figur gestorben ist. Danke. Für nichts.

Meinungsfreiheit

Letztlich sind Serien ein Stück Videokunst, und Kunst ist eben subjektiv. Für den einen Millionen von Dollarn wert, für die andere nur ein Stück Dreck, das auf den Müll gehört. Und das macht den Reiz ja auch aus. Aber Serien und ihre Folgen gehen den Leuten näher, fangen eine größere Masse ein und bieten mehr Grundstoff zur Diskussion. Und das kann zu Meinungsverschiedenheiten führen, was auch vollkommen okay ist. Aber bleibt doch dabei fair und versucht nicht, eure Meinung anderen aufzustülpen.

Wie ironisch, dass das von einem kommt, der auf einem Blog Serienepisoden rezensiert und somit seine Meinung (überschaubar) in die Welt hinaus posaunt, ich weiß. Und gerade bei der angesprochenen „Game of Thrones“-Episode S08E03 haben einige Personen meine Eigenart, Kommentar unter meinen Beiträgen in der Regel auch zu beantworten, als stetige Verteidigung und Aufhalsen meiner Meinung wahrgenommen. Dabei war das nur ein Versuch, in den Dialog mit euch zu gehen und eine Diskussion in Gang zu bringen. Genau das kann nämlich gesund sein, die Meinungsvielfalt aufzeigen und wer weiß, vielleicht kann dadurch ich und/oder jemand anders noch Fassetten erkennen, die einem zuvor verborgen geblieben sind. Ich lese die Kommentare unter den Reviews jedenfalls immer sehr gerne und habe meist eine Woche nach dem Schreiben des Reviews bereits ein etwas anderes Bild von der Folge – auch dank euch!

Wichtig ist mir in dem Zuge, dass man anderen eben seine Meinung lässt – egal, wie sehr man auf seiner Perspektive verharren mag. Gerade bei „Game of Thrones“ gibt es viele Gekränkte, die der Serie so ziemlich alles Gute absprechen und dabei nicht nur unfair mit der Serie umgehen, sondern auch mit Leuten, die die Serie objektiver oder genau anders herum subjektiver betrachten, indem sie lauter Höchstwertungen vergeben. Siehe dazu auch meine etwas längeren Ausführungen hier, die ein interessantes Bewertungsphänomen beleuchten, das sich gar bis in die aktuelle Folge getragen hat:

Bereits vor Ausstrahlung der Episode S08E04 „The Last of the Starks“ haben etliche Leute auf IMDb eine „1 von 10“ verteilt, was dazu geführt haben, dass ein paar mit rigerosen „10 von 10“ dagegen gesteuert haben. Aktuell liegt die Folge bei 6,8 im Schnitt, womit ich eine der wenigen Male überhaupt mit meiner Bewertung von 3,5/5 Kronen minimal über der Plattform liege. Beachtlich ist aber weniger der Mittelwert, sondern dass satte 17(!) Prozent eine „1“ vergeben haben. Eine reine Trotzbewertung, die natürlich wenig objektiv sein kann, zumindest nicht in der Fülle. Denn im Quervergleich fallen mir dann doch einige andere Episoden sowohl der Serie als auch vor allem anderer Serien ein, die schlechter waren…

Schlimm finde ich in dem Sinne auch gar nicht unbedingt, dass jemand eine „1“ vergibt. Das ist eben die aktuelle Meinung, alles okay. Schlimmer finde ich, dass die Meinung anderer niedergemacht wird, weil man die persönliche Kränkung eben nicht mitfühlt. „Wie kann man hier nur eine 5 oder mehr geben?“ ist da noch die diplomatischste Ausführung. Statt sachlich zu diskutieren, wird lieber haltlos vorgeworfen, die anderen hätten die Folge gar nicht gesehen, keine Ahnung, oder könnten keine Zahlen lesen. Moderne Diskussions-„Kultur“ im Netz, leider.

Binge and let binge

Das waren nur ein paar kleine Beispiele, die aufzeigen sollen, wie man anderen Leuten das Serienschauen vermiesen kann – und bitte nicht sollte. Ich denke mal, dass alle Leute, die unseren Blog besuchen und zum Beispiel diesen Beitrag hier lesen, eine Leidenschaft mit uns teilen: Serien. Können wir uns denn nicht auf diese Gemeinsamkeit stürzen und uns darüber freuen, was für ein Massending Serien mittlerweile geworden und welche Entwicklung sie in den letzten Jahren genommen haben? Gerade in Zeiten, in denen vermehrt Idiotengruppierungen aufkommen, die meinen, sich über menschliche Unterschiede abgrenzen zu wollen. Natürlich kann man mal enttäuscht sein über ausgelassene Chancen, sich zu stark veränderten Serien, Formate, die ihren Zenit längst überschritten haben oder verkackte Serienfinals. Aber werdet nicht ausfallend, wenn andere eure Meinung nicht teilen oder gar alles super fanden. Geschmäcker sind verschieden, und das ist gut so.

So wichtig uns Fernsehserien auch sind, es gibt dann doch noch Wichtigeres auf der Welt, wo man eher seine radikalen Aktivismus-Energien einsetzen sollte. Wie wäre es mal mit Umweltschutz? Oder den Europawahlen? Und wann habt ihr Mutti eigentlich zum letzten Mal angerufen? Der könnt ihr doch dann mal von eurer neuen Lieblingsserie erzählen, vielleicht gefällt die ihr ja auch. Aber bitte ohne Spoiler. Danke.

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