Rein zufällig ist das hier der 100. Beitrag, der in die Kategorie „Film“ fällt. Das ist in beinahe sechs Jahren Blogleben natürlich nicht soo viel, liegt aber schlicht daran, dass wir Filme ja in der Regel nur aufgreifen, wenn sie einen Serien-Hintergrund oder -Bezug haben, sind wir doch eigentlich ein reiner Serienblog. Heute möchte ich aber mal über das Wechselspiel zwischen diesen beiden Bewegtbildformaten und seine Veränderung in den letzten Jahr(zehnt)en sprechen. Denn am Montagabend kam ich aus der Pressevorführung von „Happy Death Day 2U“ (Review hier) und Mitschauer Kien meinte zu mir „Hätten die mal mehr Serien geschaut!“, um auf die fehlende Stringenz und Komplexität hinzuweisen. Das hat mir zu denken gegeben…
Serien „fast wie Filme“
Während meines Studiums, das mittlerweile auch schon erschreckende neun Jahre her ist, kamen diverse Bezeichnungen für diese „neue Generation“ an Serien auf. Seien es die „Megamovie“-Serien (Markus Reinecke, 2007), die „Superseries“, „Uberseries“ oder was auch immer. Jedenfalls haben Formate wie „LOST“ das Serienschauen empfindlich verändert. Das lag vor allem an zwei Dingen: Einer hochwertigeren Produktion sowie einer veränderten Erzählweise.
Die Produktion ist recht einfach erklärt: Erstmals wurden richtige Budgets in die Hand genommen, Technik war insgesamt erschwinglicher geworden und Regisseure, Darsteller und Co. haben nach und nach das Stigma „Fernsehen“ weggearbeitet. Wer hätte vor 15 Jahren gedacht, dass jemand wie Kevin Spacey sich mal dazu „herablassen“ würde, Titelfigur in einer schnöden Fernsehserie zu sein? Okay, vielleicht nicht das glücklichste Beispiel… Jedenfalls sahen Serien besser aus, haben ihre vier Studiowände verlassen und waren letztlich wie ein sehr langer Film. Aber eben nicht nur, was das Aussehen anbelangt.
Da gab es noch den Wandel von den „Series“ zu den „Serials“. Früher war vor allem eine meist folgenweise abgeschlossene Handlung vertreten. Das typische „Monster of the Week“ bei Krimi- und SciFi-Serien, das es noch immer heutzutage gibt, oder halt einfach abgeschlossene Mini-Handlungen, die die Zuschauer nicht überfordern sollten und nebenbei den Vorteil hatten, dass man immer einfach einsteigen kann, selbst, wenn man keine der vorherigen Folgen gesehen hatte. Mit den langen Drama-Serien wurde das Pendel immer mehr zum „Serial“-Format geschlagen, bei dem übergeordnete Handlungen sich über komplette Staffeln und Serien spannen, so dass man möglichst chronologisch und komplett sehen sollte. Das bietet Platz für viel Handlung, Komplexität, Charakterentwicklung und so weiter.
Durch den Erfolg von Serien wie „LOST“ oder „The Sopranos“ haben Sender gesehen, dass ein Markt (ergo Einschaltquote und Werbeeinnahmen) vorhanden ist, mehr in der Richtung produziert, Qualität, Angebot und Marktanteile stiegen weiter – fertig ist der positive Trend für Macher, Zuschauer und eigentlich alle – yay!
Serien besser als Filme?
Das war jetzt viel Vergangenheitsbewältigung. Dass Serien hochwertiger und allgemein ein größeres Thema geworden sind, dürfte klar sein. Mein Gedanke war aber: Haben Serien den Film nicht nur überholt, sondern zerstören sie ihn auch ein wenig?
Ich schaue tatsächlich nur noch selten Filme. Kein Wunder, nehmen einem X Serienepisoden die Woche bei gerne auch mal 60-90 Minuten Netto-Spielzeit (was ja bei „Sherlock“ und Co. im Grunde genommen bereits Filmlänge ist) genug Zeit. Aber wenn ich dann mal einen Film sehe, spüre ich zunächst diese positive Erleichterung, nachdem er nach 90-270 Minuten vorbei ist: Der ist vorbei. Schluss, aus. Die Handlung ist auserzählt, ich muss nicht auf weitere Folgen warten oder Zeit freischaufeln, weil „Ich schaue ja gerade XY…“. Einfach vorbei. Das ist irgendwie ganz angenehm (und wird ja mittlerweile mit dem Trend der gut in einem Rutsch durchschaubaren Mini-Series aufgegriffen).
Was aber positiv im Sinne der Kürze ist, wird dem Film in all den zuvor angesprochenen Faktoren zum „Verhängnis“, um es mal etwas überzogen darzustellen: Charakterentwicklung, Plot-Komplexität, etc. pp. Und da fiel mir auf, was Kien meint. Wir sind verwöhnt von ~10-stündigen Staffeln, die uns klein-klein die Geschehnisse schildern, sich Zeit für die kleinen Momente und großen Twists nehmen und uns gar über mehrere Jahre an Serienfiguren binden und eine Beziehung zu ihnen aufbauen lassen. Da wirkt so ein auf wenige Stunden zusammengepresster Film, als hätte man Elementares ausgelassen. Natürlich schaffen viele Genre-Vertreter es auch, in kurzer Zeit tolle Geschichten zu erzählen, aber das schwieriger als je zuvor, weil die Benchmark heutzutage (zumindest fernab der 300 Mio.-Dollar-Blockbuster) das Fernsehen geworden ist. Welch skurriler Wandel binnen nicht einmal zwei Jahrzehnten.
Habt ihr gemerkt, dass euer (nehme ich aufgrund der Tatsache, dass ihr auf einem Serienblog unterwegs seid, und den allgemein wachsenden Marktanteilen einfach mal an) gesteigerter Serienkonsum zu einem verringerten und irgendwie anders gewordenen Filmverhalten und -Empfinden geführt hat? Vielleicht bin ich da auch so ein Sonderfall…
Hmmm… du bringst mich zumindest zum Nachdenken. Vielleicht werden wir alle anspruchsvoller. Das müsste sich – auf die Zukunft bezogen – allerdings auch wieder positiv auf die Filme auswirken…
Und wie du selbst sagst, ist eine Folge Sherlock oder Sharpes Rifles sehe, ist das ein Film. Wurde früher bei alten Holmes Verfilmungen ja auch so verkauft.
Und ich möchte es immer schon, einem Charakter einer Serie bei seiner Entwicklung zuzusehen, selbst wenn es eine altmodisch erzählte Serie war mit Fall oder Monster der Woche. Mein Eindruck ist oft, dass die erste Staffel so eine Art Experimentierstadium ist, und die mutigeren, lustigeren, bissigeren und experimentelleren Folgen in Staffel 2 und 3 aufgelegt werden, wenn eine Fanbase da ist und mehr Geld. Von da aus ist der Weg nicht weit zu den komplexeren Serien. Oder zu Filmreihen wie Harry Potter oder Star Wars…
Was ich sagen möchte: Nein, ich glaube nicht, dass das eine das andere kaputt macht. Verändert mit Sicherheit. Aber für mich ist das nichts Schlechtes.
LG
Klar, könnte auch absolut eine Wellenbewegung sein, die dann wieder zu einem Aufschwung des Filmes führt (wobei, so ganz nieder ist der ja nicht, ist ja hier bewusst überspitzt formuliert).
Bei den Serienstaffel-Verläufen gibt es glaube ich unterschiedliche. Neben dem von dir, wozu ich z.B. das in Staffel 1 verhältnismäßig langweilige „Community“ zählen würde, gibt es noch die, die in Staffel 1 und vielleicht 2 frisch und experimentierfreudig sind, sich dann aber in wiederholende Muster einfahren. Nicht immer muss eine längere Laufzeit auch gut sein. :) Aber da gibt es für Serien wie Filme ja genug Beispiele in alle Richtungen.
Da gebe ich dir Recht. Wir alle haben glaub ich schon mal Serien angefangen und haben irgendwann genervt aufgehört.
Naja, sagen wir es mal so: Die meisten gehypten, modernen Serien(staffeln), würden als 90-120 Minuten langer Film besser funktionieren.
Mit wenigen Ausnahmen wird heute leider immer noch nach dem Prinzip: „Zwischen dem Auftakt der Folge und ihrem Cliffhanger am Ende passiert nichts wichtiges oder interessantes und eigentlich kann man nach Folge zwei sofort zum Staffelfinale springen“ produziert.
Oder so ausgedrückt: Ich kenne viel mehr Filme, die in ihrer (verglichen mit einer Serienstaffel) kurzen Laufzeit eine schlüssige, interessante und auch oft tiefgehende Geschichte, mit wenig oder überhaupt keinem Leerlauf erzählen, als Serien, bei denen ich am Ende einer Staffel oder auch nur Folge das Gefühl hatte, dass die lange Erzählweise gerechtfertigt war.
Das stimmt in Ansätzen natürlich auch. Oftmals wird weitere Länge natürlich nicht optimal genutzt, sondern lädt eher zum langweiligen In-die-Länge-Ziehen, damit es mehr Episoden, mehr Laufzeit und mehr Werbeblöcke gibt. Der Kommentar soll ja auch nicht besagen, dass alle Serien besser als sämtliche Filme sind. :) Eigentlich geht es vielmehr um die veränderte Wahrnehmung.
Es gibt viele Filme, wo mir was gefehlt hat und vermutlich mindestens genau so viele Serien, wo ich mir dachte „drei Folgen (oder Staffeln…) weniger hätten es auch getan“. Das meinte ich auch mit dem positiven Gefühl, das ich nach einem Film manchmal habe: Schön kompakt, das Wichtigste erlebt und fertig ist die Sache.
Mir kommen Filme inzwischen immer wahnsinnig lang vor, einen „Avengers: Infinity War“ schaffe ich unter der Woche Abends schlicht gar nicht. Wenn ich mir die Zeit dann mal nehme, muss der Film mich auch richtig aus den Socken hauen, was bei der drölfzigsten „Transformers“, „Fast and The Furios“ oder „Rocky“ Fortsetzung quasi ausgeschlossen ist.
Oh ja, „2 Stunden“ ist das neue „90 Minuten“. Teilweise recht lächerlich in die Länge gezogen oder auf puren Bombast gemacht. Der neue Avengers soll doch 3 Stunden haben, oder? Aber selbst das ist halt in der Regel gerademal eine Drittel-Staffel.
Ich habe festgestellt, dass ich oft die Serie dem Film vorziehe, da eine Episode einfach kürzer ist. Ich mag es aber trotzdem noch Filme zu schauen, da es manchmal eben auch schön ist, eine Geschichte sofort komplett zu sehen und das es ein Ende gibt und kein Warten auf die neue Staffel.
Interessanter Aspekt: Eine Folge ist kürzer als ein Film ist kürzer als eine Staffel… :)
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