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Lasst doch die deutsche Synchro mal in Ruhe

Kommentar: Ich will es doch nur verstehen!

Spoilerfrei
26. Februar 2020, 13:48 Uhr
Spoilerfrei
Leonie
26.02.20

Deutsche Synchronisation
Die Geschichte der deutschen Synchronisation ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Und warum die Missverständnisse? Weil man die Geschichte besser im Originalton hätte hören sollen! Jawohl. Ob es wirklich noch einen Artikel über das Thema braucht, sei dahingestellt, aber im Rahmen meiner letzten „Awesome 5“ habe ich soviel darüber gelesen, dass es einfach zu schade wäre, dazu nicht noch die ein oder andere Zeile zu digitalem Papier zu bringen.

Die Diskussion, WIE schlecht die deutsche Synchronisation nun wirklich ist, führen wir Deutschen nun schon seit fast 100 Jahren. Ja tatsächlich – schon seit um 1930 der Tonfilm nach Deutschland kam und man überlegen musste, wie die Einheimischen auch verstehen, was gesprochen wird, steht die Synchronisation unter Beschuss. Laut Goethe-Institut beschrieb die zeitgenössische Kritik „die Synchronisation als „Hexerei“, „Homunculus“, als „Amputation“, bei der auf den „blutigen Stumpf“ eine „künstliche Stimm-Prothese“ aufgeschraubt wurde.“ Na, wenn das mal nicht deutliche Worte sind.

Aller Anfang ist schwer, aber lippensynchron

Gut, in den Anfängen der Synchro war Lippensynchronität noch das aller aller aller Wichtigste – wenn man das übertreibt, geht es natürlich zu Lasten des Inhalts – und sicher kann man die Argumente gelten lassen, dass es ein falsches Bild von der Welt zeichnet, wenn Darsteller unterschiedlicher Nationen perfektes Hochdeutsch sprechen. Natürlich verpasst man etwas, wenn man einen Film oder eine Serie nicht im Originalton ansehen kann, aber sollten wir nicht auch ein bisschen dankbar dafür sein, dass wir so eine tolle Synchro-Kultur in Deutschland haben? Dass bei uns noch nie ein Sprecher ALLE Darsteller eines Filmes „synchronisiert“ und sich dabei nicht einmal viel Mühe gegeben hat, wie das zum Beispiel in Russland der Fall war?

Ich für meinen Teil sehe nur weniges im O-Ton, und wenn dann eher bei der „zweiten Runde“. „Scandal“ fand ich zum Beispiel toll in beiden Versionen, weil die Darsteller klar und deutlich sprechen, die Serie insgesamt sehr monologlastig ist und auf diese dann der Fokus gelegt wird. Was habe ich davon, wenn ich vom O-Ton überhaupt nur die Hälfte des Gesprochenen verstehe, weil es in Krach und Hintergrundmusik untergeht oder die Schauspieler nuscheln? Bei „King of Queens“ gab es sicher einige Gags, die im Original einfach anders waren – beispielsweise bezeichnet Doug Carrys Diaphragma im Englischen als „frisbee thing“, im Deutschen als „Gummideckel“ – das finde ich aber beides lustig und man merkt doch auch wirklich oft genug, wenn Profis mit Leidenschaft am Werk waren.

Ja, es gibt natürlich diese Übersetzungen, die einfach falsch sind – aber mal ehrlich, diese zu entdecken ist ja schon fast so schön, wie ein Easteregg zu finden. Außerdem habe ich noch dazu große Freude daran, mir zu überlegen, wie der Original-Ton wohl lauten mag oder wie ich diesen übersetzt hätte. Manchmal geht es einfach nicht (besser) und manchmal gibt es wirklich grobe Schnitzer, so what. Besonders bei Serien wie Sherlock oder Game of Thrones, wenn es auch einmal auf die Details der teilweise schwer zu verstehenden Sprache ankommt, verpasse ich einfach zuviel von der Geschichte, wenn ich nur den O-Ton laufen lasse – Untertitel muss also mindestens her, und dann lese ich mehr Untertitel, als dass ich zusehe. Auch da achte ich nämlich darauf, wie originalgetreu der ist. Viel. Zu. Anstrengend.

Die Geschichte vom verlorenen Slang

Ich hatte bisher selten das Gefühl, dass ich etwas Wichtiges verpasse, weil der Slang (dann verstehe ich ja noch weniger) bei der Synchro verloren gegangen ist – ein gern genutztes Argument, warum Synchro schlecht ist. Und es gibt ja sogar Beispiele, wo die Synchro den Slang auch ins Deutsche umsetzt – oder die deutsche Version sogar mehr Akzente und Dialekte bietet, als die Originalfassung, wie unser aufmerksamer Leser Erdbeerfeldbewohner angemerkt hat. In „Ein Käfig voller Helden“ (im Original „Hogans Heroes“) geben sich Bayrisch, Sächsisch und noch viele weitere Dialekte die Ehre, Newkirk stottert, obwohl er das im Original nicht tut, außerdem merkt unser Leser noch an: Wer sich an Klinks oft erwähnte und nie auftauchende Haushaltshilfe Kalinke erinnern sollte: Diese gab es im O-Ton nicht, sondern war reine Erfindung des Synchro-Studios.

Chapeau! Da haben sich die Übersetzer, Autoren und Synchronsprecher also mal richtig ins Zeug gelegt und ausgetobt – allein, dafür fehlt heute wohl leider in aller Regel die Zeit.

Wenn die Synchro einer Serie wie „Vikings“ so harte Kritik einfährt, dass tatsächlich neu synchronisiert wird, muss man sich aber natürlich auch als Verfechter der deutschen Synchronlandschaft fragen, was da schief läuft. Schon aus eigener Überlegung könnte man aber darauf kommen, dass die Arbeitsbedingungen grundlegend schlechter sind als noch vor 10, 20 oder 40 Jahren. Es wird immer mehr produziert, das Produzierte muss immer schneller synchronisiert werden, und es gibt nun einmal auch nicht unendlich viele tolle Synchronsprecher. Die Kollegen von DWDL haben dem Thema zwei lesenswerte Artikel gewidmet. Es ist also nur logisch, dass die Qualität leidet. Man sollte dabei aber nicht vergessen, wie viele Menschen hinter der Synchronisation stehen, und dass sie als Künstler wahrscheinlich in der Regel auch lieber einen guten als einen schlechten Job machen.

Und schließlich ist es doch so: Praktisch jeder kann sich heutzutage frei entscheiden, ob er die Originalversion oder die deutsche, italienische oder spanische Synchro mit chinesischen oder russischen Untertiteln sehen möchte. Wenn also jeder macht, was er möchte, und wir zusätzlich ein bisschen gnädiger den ganzen Synchro-Leuten gegenüber sind, hach, dann ist diese Welt doch schon wieder ein kleines bisschen besser.

9 Kommentare

  • Foghorn Leghorn

    Ein Punkt, den Du nicht explizit aufgeführt hast, der aber meiner Meinung nach einen großen Teil der Probleme mit dem (englischen) O-Ton verursacht, ist der oft viel zu niedrige Pegel der Sprache. Musik und Geräuschkulisse gefühlt auf 125db, die Dialoge gehen jedoch unter. Wenn man sich dann vorkommt, als würde man die Protagonisten aus dem Gebüsch heraus belauschen, mag das zwar der Atmosphäre zuträglich sein, dem Verständnis jedoch weniger.

  • Ich habe leider oft das Gefühl, dass sich Synchro schön geredet wird. Sei es, weil man nicht gut genug Englisch spricht und versteht oder aus reiner Bequemlichkeit, weil man seine Sehgewohnheiten nicht umstellen willl. Keine Frage, gerade bei älteren Filmen gibt es viele gelungene Synchronisationen und tatsächlich gibt es Filme die ich als Kind und Jugendlicher geschaut habe, dich ich heute nicht im Original schauen kann, weil einfach so viele Erinnerungen dran hängen. Auch kommt es vor, dass ich einen neueren Film mal synchronisert schaue, dann aber weil ich zum Beispiel keine Lust habe mich auf die fremde Sprache zu konzentrieren. Ich bevorzuge allerdings mittlerweile eher die Originalversion. Wenn bei Animationsfilmen irgendwelche YouTube-Stars plötzlich die deutsche Synchronisation übernehmen, die topaktuelle Comedyserie wieder einmal mit völlig unpassenden Stimmen besetzt wurde und der neueste Arthouse-Film eher unmotiviert eingesprochen wurde, merkt man, dass die Qualität unter der zu bewältigen Masse leidet, das Publikum aber auch scheinhar seine Ansprüchen an eine Synchronisation heruntergeschraubt hat.

  • Danke danke danke. Ich stimme vollumfänglich zu. Die deutsche Synchro so anzugreifen ist Jammern auf allerhöchsten Niveau. Es gibt Ausfälle, aber die gibt es echt selten. Und woher wollen die Hater eigentlich wissen, dass die Synchro per se schlecht ist. Schaut ihr alles in Originalsprache und in Deutsch? Wohl kaum, es sei denn ihr habt kein Leben. Egal, ich schau alles auf Deutsch, auch wenn bei mir der ein oder andere Insider-Gag vllt. nicht zündet, weil er vllt. nicht super-duper astrein übertragen wurde. Ja, mei …

  • Ich schaue sowohl auf deutsch als auch auf english. Ich habe eigentlich keine Vorurteile in irgendeine Richtung. Was aber ein erhebliches, hier nicht aufgeführtes, Argument für den O-Ton ist, ist die Abmischung der Tonspur. Im englischen Orignal bekomme ich oft bis zu 11 Spuren Dolby Atmos und im Deutschen, wenn es gut läuft 6 Spuren Dolby HD /DTS, wenn es schlecht läuft analogen Dolby Surround.

    Hier besteht bei der Synchro-Version aufholbedarf.

  • Ich hätte es nicht anders oder besser schreiben können. Was mir noch aufgefallen ist, sind amerikanische Serien (und auch Filme) die auf RTL laufen und vermutlich von denen oder in deren Auftrag synchronisiert werden: besser als viele andere. Vor allem hört man nie „das macht Sinn“ und selten „DNA“. Eine korrekte Übersetzung reißt mich inzwischen mehr als die gängigen Klopper missverstandener Redewendungen.
    Zum Thema Hintergrundgeräusche würde mich echt mal interessieren, warum man in der Synchro von Sitcoms die Dosenlache nicht reduziert oder ganz entfernt. Gut, im Original ist es oft vor Live-Publikum, aber da hört man auch genau, dass nur gelacht wird weil das Licht angeht. Das würde doch wirklich niemand vermissen. Und es ist ein schlechtes Vorbild für deitsches Live-Publikum, das gar nicht mehr weiß wie Applaus geht, sondern nur loskreischt wenn es etwas hört, was es dazu triggert. Bin ich böse? Ja. Aber ich hab Recht.

  • Andrea Loidl

    Mich stört es, dass immer wieder Sprecher zu hören sind, Tochter von oder Sohn von – bekannten Sprechern und nur wenige neue Stimmen, schade eigentlich.

    Herzliche Grüße

    Andrea

  • Kann dem Kommentar nur zustimmen. Die deutsche Syncronisation ist in den allermeisten Fällen diffiziler,betonter und dem Charakter angepasster,dagegen ist oft die Orginalversion (meistens in Englisch)ein emotionsloses,unbetontes Genuschel. Die deutsche Sprache verleiht den Filmen meiner Meinung nach eine Betontheit, Wertigkeit und auch mehr Gefühlsinhalt. Die guten deutschen Synchronsprecher sprechen alle besser als die allermeisten fremdsprachigen Schauspieler…

  • Patrick

    Das Verständnis von OV ist natürlich ein grundsätzliches Problem.

    Allerdings frage ich mich natürlich auch, wie gut diejenigen die OV verstehen, die diese auch ständig propagieren. Wird lediglich sinngemäß verstanden oder ist wirklich wortwörtliches Verständnis mit all seinen sprachlichen und kulturellen Feinheiten gegeben? Und wie ist es um die Besonderheiten von Dialekten und Mundarten bestellt?

    Ach ja…und wäre da noch die Sprache ansich. Filme sind originär ja nicht nur in Englisch gedreht.

    Oder anders gesagt: Ich bin der Meinung, daß sich bei diesem Thema sehr viele Leute zu weit aus dem Fenster lehnen, wenn sie von ihren OV schwärmen.

    Ach ja, ich bin überzeugter Synchro-Gucker. :-)

  • im englischsprachigen Original sind die Stimmen meist viel zu leise und ich finde die Schauspieler legen wenig Wert auf die Tonlage und auf die Intonation und legen sehr viel Wert auf die körperliche Schauspielleistung aber weniger auf die sprachliche Schauspielleistung

    Und das wird wiederum ausgeglichen durch die deutschen Synchronsprecher. man hat also das Beste von beiden, die englischsprachige Schauspielleistung und die deutsche Synchronarbeit

    Wa ein großes Problem ist, dass quasi die komplette deutsche Synchronisation in Berlin stattfindet, soweit es mir bekannt ist ich habe früher für kleinere Regionalsender ein paar Texte eingesprochen und habe glaube ich wirklich keine schlechte Stimme, zumindest das was ich an Feedback erhalte, und hätte auch Lust ein paar Sachen synchron zu sprechen, wenn man mit mir zufrieden wäre, aber ich wohne etwas abseits vom Ruhrgebiet und hier ist einfach überhaupt gar keine Möglichkeit sich in irgendeiner Form dafür zu bewerben… man muss ja vor Ort im Studio sein und das ist das Problem


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