Freude und Trauer zugleich haben meine heutige Sicht der neuen Folge „Better Call Saul“ begleitet. Freude, da die Staffel ungemein stark war und so ein Finale in der Regel ja nochmal einen drauf zu setzen weiß, Trauer, weil es das dann eben auch vorerst war. Und bei der aktuellen Weltlage und der allgemein ganz gerne mal sich Zeit lassenden Produktion der Serie könnte es noch etwas dauern, bis wir neue Folgen zu sehen bekommen. Und so viel vorab: Ich kann einfach nicht warten!
Das Staffelfinale setzt bereits intensiv an, in der angespannten Situation im Appartment von Kim und Saul, beim Verlassen Lalos. Nicht nur Kims Blick durch den Türspion indiziert vortrefflich die Unsicherheit und Angst der beiden, die meiner Meinung nach sehr gut vermittelt worden ist, auch schauspielerisch.
„Hey, did you hear all that?“ – „I heard enough to know, she saved your ass!“ (Saul & Mike)
Ein erster eher plumper Kartenspieler-Trick, um sich ein bisschen mehr Sicherheitsgefühl zu verschaffen, ist der Gang in ein Hotel. Hängen geblieben ist bei mir die Szene, in der Kim das Raumlicht ausmacht, während Jimmy noch auf der Bettkante sitzt. Symbolisch. Er befindet sich noch in einer gewissen Schockstarre, sie will die Geschehnisse über sich bringen. Auch mittels Ablenkung, bricht sie tags drauf doch direkt ins Gericht auf, nicht nur, um ihre eigenen Fälle zu bearbeiten, sondern gleich noch 20 mehr. Saul dagegen will lieber ängstlich im Hotel bleiben, nur der Informationsdurst lässt ihn Mike aufsuchen.
„Am I bad for you?“ (Saul)
Man merkt richtig die Gewissensbisse bei Jimmy. Er wirkt nachdenklich, reuig, hat richtig Angst um Kim. Die lacht dagegen nicht nur über Sauls Aktionen gegen Howard, sie schlägt gar neue vor. Letztlich ist die ganze Hotel- und Howard-Diskussion aber nur ein Versuch ihrerseits, die Beziehung zu retten, will Jimmy doch offensichtlich einen Sicherheitsabstand zwischen den beiden erwirken, im Wissen, dass er als „Freund des Kartells“ nicht mehr vor weiteren gefährlichen Ereignissen gefeit ist und damit ihr Leben aufs Spiel setzt. Das scheint ihm mehr zu erschüttern, als seine eigene Lebensgefahr und lässt den sonst so vorlaut vorpreschenden Saul ganz klein und leise werden.
Die ersten 20 Minuten empfand ich als etwas zäh. Das klingt jetzt zu negativ, aber es war eben eher Aufarbeitung der Grundsituation, in gewohnt ruhiger Manier, um eine fundierte Basis zu schaffen. Mit Lalo kommt aber etwas Schwung in die Sache.
Der grinst sich nämlich zurück in seine kleinen vier(zig?) Wände und schenkt Don Eladio einen roten Ferrari, der mir irgendwie bekannt vorkommt… Ach ja, und einen Batzen Kohle, der im „Frunk“ steckt. Auch stellt ihr dem Oberboss Nacho vor. In gewisser Weise verläuft dessen „Vorstellungsgespräch“ wie die komplette Folge bis hierher. Eigentlich ganz positiv, aber so richtig überschwänglich genial auch nicht. Seltsame Situation, aber man kann die Anspannung fühlen.
Interessant: Fring hat sich über das im Weg stehende technische Problem geärgert und dann anscheinend einen Weg gefunden, ein temporäres Mobilfunknetz in das mexikanische Nirgendwo zu bringen, um Nacho in den Plan einzuweihen. Drei Uhr nachts soll er eine Hintertür öffnen, ein Sonderkommando rein lassen und selbst fliehen. Das funktioniert zunächst nicht ganz reibungslos, aber Lalo hat ihm nicht etwa aufgelauert, sondern nur ein bisschen nachgedacht. Bei dem Ablenkungsfeuer hat Nacho meiner Meinung nach gewaltig Glück, dass einer der Angestellten so notorisch tollpatschig ist. Denn dass nur wenige Sekunden nach dem „dachte schon, du hättest dich verirrt!“ Rauchschwaden aus genau dem Gebäudeteil kommen, den Nacho gerade verlassen hatte, hätte doch bereits verdächtig sein müssen, gerade für einen Spürhund der Kategorie Lalos. Auch wenn die Sequenz mit dem Öl-Aufsetzen eigentlich keine Minute hätte dauern müssen.
Intensiv wurde es dann natürlich beim versuchten Attentat. Lalo flieht vermeintlich durch eine ziemlich smarte Badewannen-Konstruktion und einen Tunnel, lässt den Eingang aber als Ablenkung offen, um die komplette Einheit eigenständig auszunehmen. So leicht wird man ihn nicht los.
„I don‘t know, who hired us!“ – „That‘s okay. I do.“ (Attentäter & Lalo)
Kim lebt noch, Lalo lebt noch – lediglich um die tote Köchin lässt sich trauern. Das Finale der Folge war intensiv und Lalos Schritte auf dem Kies werden zu immer lauter grollenden Gewitter-Geräuschen, die eine fulminante sechste und letzte Staffel „Better Call Saul“ lautstark ankündigen. Aber das Finale der Staffel hat mich dann insgesamt doch etwas ernüchtert zurückgelassen. Vielleicht waren meine Erwartungen zu hoch, die aufgrund der enorm starken letzten Folgen aufgestiegen sind. Irgendwie war mir das zu wenig Endgültigkeit, zu wenig wirklich große Momente und allgemein ist die Handlung dann doch recht leicht zusammenfassbar.
Keine Frage, „Something Unforgivable“ war spannend inszeniert und hat wegweisende Einschnitte in die Leben etlicher Figuren der Handlung hinterlassen. Allen voran natürlich der auf der Flucht befindliche Nacho, dazu Lalo und Fring, die zeitnah eine direkte Konfrontation haben dürften. Aber eben auch Kim, die sich kopfüber in das „Böse“ von Saul schmeißt und in die Gefahr ziehen lässt. Man merkt förmlich, wie alle Steine in Position gebracht worden sind, um keine Rückzugsmöglichkeit mehr für ein grandioses Serienfinale bieten zu können. Denn bisher hat die Serie es noch immer geschafft, von Staffel zu Staffel nicht nur besser, sondern auch gehaltvoller zu werden, früher mit dem Spektakel zu beginnen.
„Better Call Saul“ Staffel 5 Review
Wir müssen da glaube ich gar nicht lange drum herum reden: die fünfte Staffel „Better Call Saul“ hat abgeliefert. Von Anfang bis Ende. Hier und da mit kleinen Hängern, aber die Zeiten längerer Warmwerdphasen der Serie sind vorbei. Das zeigt euch ein Blick auf meine Bewertungen der Folgen, die beinahe ausnahmslos bei vier und mehr Kronen liegen, was für mein Bewertungsverhalten schon wirklich von hoher Qualität spricht.
Von Staffel zu Staffel hat sich die Serie verbessert und immer mehr den Geschehnissen und der Intensität von „Breaking Bad“ angenähert. Die Figuren vor allem in dieser sich deutlich konzentrierter erzählten und kompakter anfühlenden Staffel konkreter ausgezeichnet und hinsichtlich ihrer finalen Standpunkte ausgerichtet. Das hatte alles Hand und Fuß, von den durchdachten Dialogen über das tolle Schauspiel bis zur größtenteils sehr hochwertigen Cinematography. Aktuell ist „Better Call Saul“ einfach mit das Beste, das man im Fernsehen zu sehen bekommt.
„Better Call Saul“ Staffel 6?
Fest steht bereits länger, dass es natürlich weiter gehen wird, aber eben auch seit einer Weile, dass Staffel 6 von „Better Call Saul“ die letzte sein wird. Das muss nicht schlecht sein, immerhin hört man mit dem Erzählen auf, wenn es nichts mehr zu erzählen gibt. Das hatte Vince Gilligan bereits bei „Breaking Bad“ so gemacht und ich finde das besser, als wenn man etwas künstlich streckt, das geht nur auf Lasten der Qualität. Fraglich ist, wann wir mit den finalen Episoden rechnen können. Zwischen dem Finale von Staffel 4 und dem Auftakt von Staffel 5 lagen fast 17 Monate, durch die aktuelle Coronavirus-Pandemie kann es natürlich natürlich erneut zu Verzögerungen kommen.
Vermutlich geht es euch wie mir, dass ihr gerade gar nicht abwarten könnt, dass es weiter geht. Da schmerzt bereits der Gedanke daran, dass es nächsten Dienstag keine neue Folge geben wird. Aber sehen wir es mal so: Mehr Zeit für Vorfreude. Denn ich bin mir sicher, dass auch die sechste Staffel nochmal einen drauf legen wird. Kim, Lalo, Saul – und wer weiß, vielleicht gar Walt oder Jesse? Da kommt Großes auf uns zu!
Bilder: Amc
Super Review. Ich lese die Tage immer wieder, dass viele eine zeitnahe Konfrontation zwischen Lalo und Gus erwarten. Dies wird allerdings nicht in Better Call Saul passieren. Gus erzählt in Breaking Bad Staffel 4 Hector das alle seine Familienmitglieder tot seien und der Name Salamanca mit Hector stirbt. Saul teilt den Zuschauen in Breaking Bad Staffel 2 aber unterschwellig mit, dass sowohl Lalo als auch Nacho zu diesem Zeitpunkt noch leben. Somit dürfte es sicher sein, dass Lalo zwischen Staffel 2 und 3 von Breaking Bad stirbt.
Je nachdem wie Staffel 2 aufgebaut ist, wird man also wieder einen Zeitsprung zurück nach Breaking Bad machen müssen um in der logischen Zeitlinie zu bleiben und somit würde auch ein erneutes Auftauchen von Walt und Jesse logisch sein.Ich persönlich denke, die Staffel 6 wird halb aus Better Call Saul und halb aus Breaking Bad bestehen und das Better Call Saul eher die Geschichte von Jimmy und Kim zuende erzählt und natürlich letztendlich auch die Antwort gibt, warum HMM in Breaking Bad nicht mehr existiert.
Erstmal danke! :)
Und ja, stimmt natürlich, guter Punkt. Heißt aber natürlich nicht, dass es nicht dennoch zu einem Showdown bzw. Kampf kommen kann. Dass der nicht immer tödlich enden muss, hat diese Folge ja ganz gut gezeigt. Jedenfalls dürfte Lalo das nicht auf sich sitzen lassen. Gehe jedoch nicht davon aus, dass man da groß Zeitsprünge in die „Breaking Bad“-Staffeln machen wird. Eher natürlich der Jump Forward zum Post-BB-Saul, den wir ja eh immer in den schwarz-weißen Szenen zu sehen bekommen. Wird aber natürlich spannend zu sehen, wo BCS aufhört, also, ob man z.B. mit der letzten Szene einen Übergang zu BB schaffen will. Zum Beispiel die erste Begegnung mit Walt/Jesse. Hätte was.
Danke für die tollen Reviews der einzelnen Folgen! Ich bin erst in der 5. Staffel auf diese Seite gestoßen und habe mich nach jeder Folge darauf gefreut direkt die Review lesen zu können! Besser hat es nur Nerdkultur auf YouTube zu den einzelnen Game of Thrones Folgen gemacht.
Davon abgesehen bin ich auch mega gespannt wie stark BCS in BB „übergeht“. Ich rechne damit aber erst gegen Ende der 6. Staffel. Vorher bekommen wir nochmal das „gewohnte“ BCS zu sehen.
Wenn ich dennoch einen Wunsch für die letzte Szene in der finalen Folge der 6. Staffel hätte:
Man sieht Jimmy (bzw. Saul) in seiner „Kanzlei“ sitzen. Die Kamera fährt hinter seinem Rücken, über seinen Kopf hoch und vor ihn sieht man dann Walter und Jesse sitzen. Einer von den beiden sagt dann noch einen letzten Spruch….. und bumm….Abspann! :-))
Danke fürs Lesen! :)
Und ja, da haben wir die gleichen Vorstellungen für ein mögliches BCS-Ende. ;)
Hey, Hab ich das richtig verstanden? Saul und Kim planen die Mandanten von Howard zu stehlen mit einem Fiesen Trick ihn in der Öffentlichkeit zu schaden und dann irgendwas mit 20% ? was haben die da unter der Decke geplant… hab das nicht richtig verstanden.
Wäre cool wenn mich jemand aufklärt
Grüße
Dabei ging es um den alten Fall aus früheren Staffeln mit den Altenheimen. Man möchte Howards Ruf schädigen und das noch laufende Verfahren abkürzen, indem man ihm zB einen Formfehler unterjubelt oder so. Von den Gesamtzahlungen, die dann an die Geschädigten fließen sollen, würden 20 Prozent an Saul und Kim als Honorar fließen.
Hi.
Kann mir jemand verraten, wie Nacho das Vorhängeschloss geknackt hat? Links und rechts ne Alufolie reinschieben und runterziehen?
VG
So ganz verstanden habe ich zwar auch nicht, wie das gehen soll, aber ja, scheint mehr oder minder so zu gehen, wie Nacho-Darsteller Mando hier im Interview sagt:
„What was the deal with that technique that Nacho was using to open the lock? Like folding up foil and putting it in the lock, did Peter explain to you where that came from?“
„That was unbelievable. I didn’t know that you could do that. I was so, so, so encouraged by the fact that you could do it. I tried it, and it actually works! I do remember telling Peter ‚you guys have no idea how brilliant this is because you guys are in the room all the time. But for someone reading it for the first time, this is so cool. I hope you guys put a bit of emphasis on it because it’s just like, how the hell did you guys come up with that?’”
https://www.denofgeek.com/tv/better-call-saul-season-5-michael-mando-nacho-varga/
Gut geschrieben Danke wir sehen uns in der finalen staffel gute Gesundheit allen und bis dann
Ich frage mich, was mit den beiden übrigen Auftragskillern passiert ist? Denn als zwei in den Tunnel klettern, schickt der Aufpasser zwei Killer aus dem Badezimmer. Man sieht nicht, wie Lalo die tötet. Lalo tötet drei, evtl. auch noch den Vierten mit dem verbrannten Gesicht. Sechs Killer passieren das Tor. Wir kennen das Schicksal von vier. Was ist also mit den restlichen Beiden?
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