Bei solchen „Better Call Saul“-Folgen, wie dieser hier, muss ich immer an all jene denken, die die Serie nach wenigen Episoden abgebrochen haben, weil sie „so anders als ‚Breaking Bad'“ sei. Tja, euer Verlust, selbst schuld, würde ich sagen. Denn dass sich das Anschauen des Spin-Offs auch fernab der vor allem zu Beginn zu beobachtenden Eigenständigkeit lohnt, merkt man von Staffel zu Staffel mehr. „Bagman“ wird definitiv als ein Highlight in Erinnerung bleiben.
Auch erneut in Form der visuellen Präsentation. Die Spiegelung bei nicht nur der ersten, sondern auch der zweiten Ankunft der Salamanca-Brüder war mal wieder großes Heimkino. Gefolgt vom dezenten Blick auf die Treter und vor allem dem seeeehr schnieken Fuhrpark, den wir da kurz beäugen dürfen. Doch das Abholen der sieben Millionen Dollar in Bar hat für Aufsehen und Petzereien gesorgt.
„What‘s so funny?!“ – „Uh, you wouldn‘t get it…“ (Saul & Laslo)
Ein bisschen irritiert war ich bei der Szene mit Lalo. Hätte Saul da wirklich aus der ganzen Sache rauskommen können? Ich hätte da noch mit einer Drohung Lalos gerechnet, das wirkte irgendwie zu einfach und lapidar, wie er „Och joa, scheinst wohl wirklich nur ein Anwalt zu sein, alles gut…“ gesagt hat. Aber natürlich überwog Sauls Gier, so dass er nicht nur den zweifelhaften Job annimmt, sondern Kim (und sich selbst) bezüglich dessen alles gut redet.
„it’s just little old me and my little old Suzuki Esteem. And there has never been more than fifty bugs in an Esteem in the history of Esteems, so, no one‘s gonna look at me twice.“ (Saul)
Aber wie so oft kommt erstens alles anders und zweitens als man denkt. Hätte Saul mal nicht so laut gesungen… Wobei, das Singen des Spitzels dürfte eher dafür gesorgt haben, dass eine Truppe Gangster auftaucht, die die Kohle einsacken möchte. Bob Odenkirk hat in dem Zuge meiner Meinung nach vortrefflich zunächst Unsicherheit und dann eine absolute Schockstarre gespielt – Chapeau!
„El amigo de Cartel!!“ (Saul)
Mike rettet erst Saul und dann den Tracking-Tankdeckel. Allgemein lassen sich recht viele Querbezüge in dieser Folge feststellen, sei es zu eigenen Handlungen oder Inhalten aus „Breaking Bad“. Interessant fand ich zum Beispiel, dass Saul das Verbuddeln in der Wüste vorschlägt und mit Mike darüber diskutiert, dass man nichts wiederfinden würde. Walt hat sich beim Anschauen der Szene denke ich Notizen gemacht. Vermutlich auch bezüglich des Überlebens in der Wüste.
Denn Saul und Mike sind dort gestrandet. So richtig. Mit Bear-Grylls-Überlebenstaktiken. Ein bisschen verwundert bin ich schon, dass Mike gar keinen Backup-Plan hat, aber er ist halt ein einsamer Wolf und meinte ja, er hätte sonst mehr Leute mitgebracht. Der Tankdeckel scheint nur die Bewegungs-Pfade mitzutracken, aber kein GPS-Signal abzugreifen. Wir werden mit einer netten Timelapse-Sequenz beruhigt, die die Wolken-Bewegungen über die Realgeschwindigkeit unseres Wüsten-Duos gezeigt hat. Auch ganz schön.
Beinahe beiläufig haben wir vermutlich einen richtig wichtigen Moment für Kim gezeigt bekommen. Just nachdem Mike noch mit Saul darüber gesprochen hat, in wie fern sie jetzt „im Spiel“ sei durch seine Angaben, begibt sie sich selbst dort hinein. Also, somit indirekt durch Sauls Angaben, ansonsten hätte sie den Weg zu Lalo nicht auf sich genommen (hätten sie mal nicht die Mitteilungs-Regel aufgestellt…). Ich nehme an, dass sie jetzt richtig drin steckt und das der finale Anstoß dafür war, dass wir sie in „Breaking Bad“ eben nicht zu sehen bekommen.
Das Finale der Folge hatte es dann natürlich auch in sich. Saul wählt den typischen Saul-Weg: Konfrontation statt Auswarten. Mit ein bisschen seiner Cleverness und gehörig viel Wüsten-Irrsinn wählt er den taktischen Weg. Dabei nimmt er denn berechneten Tod eines anderen Menschen in Kauf, um sein eigenes zu retten, und zählt vertrauensvoll auf das Mitwirken von Mike. Die Schuss-Szene war durchaus impulsiv, auch wenn ich mich frage, weshalb zum einen der Fahrer nach dem ersten Schuss nicht Lunte riecht, vor allem aber Saul bei dem Crash zwar ein bisschen zusammenzuckt, aber nicht zur Seite springt oder sich auf den Boden wirft. Das Auto können sie jedenfalls so gar nicht nutzen, aber immerhin ist die Straße jetzt wieder betretbar. Wobei mich auch das wundert, da Mike ja von „sie suchen jetzt systematisch ab“ gesprochen hat und da ja sicherlich noch mehr sein dürften, mit denen der „Flüchtling“ zwischenzeitlich kommuniziert haben dürfte.
Insgesamt war das schon verdammt gut. Soo viel „Breaking Bad“-Feeling! Vor allem hat „Better Call Saul“ mal wieder gezeigt, dass es Tempowechsel wie kaum eine andere Serie beherrscht. In den ersten zwanzig Minuten wird uns beinahe ungewohnt viel Action und Brachialität gezeigt, danach wird sich dann Zeit (und visuelle Darstellungskraft) genommen, um die Intensität der Wüsten-Situation authentisch zeichnen zu können. Und das, ohne dass es langweilig oder auch nur langatmig wird.
Wer sich übrigens gewundert haben sollte, ob das Color-Grading fehlerhaft war: Die ersten Wüstenszenen waren so typisch Gelb-stichig, da sie in Mexiko gespielt haben. Die späteren haben so gezeigt, dass wir uns wieder in den USA befinden. Ich bin mir noch unsicher, ob ich diesen kleinen visuellen Trick in dieser Episode gutheißen soll, da sie Situationen so schon ein deutlich anderes Feeling erhalten haben und es ja irgendwo unsinnig ist, dass bei Übertreten der Grenze auf einem der Farbfilter wegfällt…
Bei noch zwei ausstehenden Episoden freue ich mich tierisch auf das Staffelfinale! Man hat gehörig Fahrt aufgenommen und ich bin mir sicher, dass da noch Wegweisendes auf uns wartet, das uns auf die finale Staffel der Serie vorbereiten wird.
Kleiner Service am Rande: Der Song, der zwischendurch zu hören war und an „My Name Is“ von Eminem erinnert hat, ist das eigentliche Original des bekannten Samples, das im Beat verbaut ist und auf den Namen „I Got The…“ (von Labi Siffre) hört:
Bilder: amc
wär es nicht möglich dass kim in dem auto am ende die auf der suche nach den beiden war? immerhin hat saul das auto nicht gesehen als
mike drauf geschossen hat.
Ne, das war exakt das gleiche Auto, das von der Schießerei fortgefahren ist. Würde mich auch dramaturgisch sehr wundern.
Sollte der gute Salamanca nicht Lalo heißen? Ist ja schön und gut, dass man darüber schreibt aber gerade bei Recht wichtigen Charakteren sollte man deren Schreibweise schon kennen…
Ui, keine Ahnung, was da in mich geraten ist. Vermutlich, weil ich extra ultrafrüh aufgestanden bin, um euch dieses Review zu schreiben… Aber danke für den total angenehmen und gar nicht von Oben herab wirkenden Hinweis darauf… <3
Kim nennt Lalo doch selbst nur Salamanca… manche Leute haben schon Probleme…
Jedenfalls hab ich den Song direkt gegoogelt, weil meine Freundin mir nicht geglaubt hat, dass es das Slim Shady Sample ist.
Etwas unglaubwürdig fand ich, dass Mike auf der richtigen Anhöhe war, um die ganze Bande auseinander zu nehmen. Tankdeckel Tracking hin oder her.
Auch hätte ich eher eine Drohung von Lalo erwartet, statt die Gier von Saul. Was Kim in ihrem Schreiben mitgeteilt bekommen hat, erfahren wir dann wohl in der nächsten Folge inkl. neuer Erpressungsoptionen von Lalo.
Bei dem Timelapse dachte ich mir nur: wie haben sie das angestellt?! Das Colorgrading jedoch ist mir auf dem Tablett gar nicht aufgefallen.
Bis zur nächsten Review☺️
Das Tracking dürfte wie früher zu sehen eh nicht GPS-technisch funktionieren. Gehe davon aus, dass Mike Saul einfach nur die ganze Zeit aus sicherer Distanz verfolgt hat. Aber ja, verdammt gutes Timing, stimmt schon. ;)
Achja: Warum hat Mike Jimmy überhaupt geholfen? Wenn die Übergabe gescheitert wäre, hätte das Gus doch gefreut? Oder soll Lalo wieder aus dem Gefängnis?
Das kann mehrere Gründe haben. Vielleicht schätzt Gus Saul als wichtig ein? Vielleicht hat Mike einen Soft Spot für Saul (zumindest, was die Extra-Meile angeht, die er gewillt ist, für ihn zu gehen)? Vielleicht hat der Spitzel das nicht Fring sondern nur den Zwischenebenen gesagt und Fring hat davon Wind bekommen? Vielleicht soll La(s)lo auch raus, damit Gus sich ihm endgültig entledigen kann.
Oder das Geld wird Fring übergeben und nicht Lalo. Wäre zumindest eine schöne Wiedergutmachung für die abgebrannte Los Pollos Filiale.
Bei der Szene „Saul lockt Fahrer an, Mike erschießt ihn“ hatte ich erwartet, dass Mike wartet, bis der Fahrer anhält und aussteigt um Saul das Geld zu entreißen und Mike dann schiesst, damit sie mit einem fahrbaren Untersatz der Wüste entkommen. Gut, man sieht, dass der Verfolger Gas gibt – wohl um Saul über den Haufen zu fahren. Mike ist anscheinend davon auch überrascht, da der erste Schuss daneben geht. Eher aber weil er vor Erschöpfung und Dehydrierung zittert und sich sichtbar zusammenreißen muss.
Was mich dann aber mehr erstaunte: der zweite Schuss „sitzt so gut“, dass dem Fahrer (sofort tot?) umgehend das Steuer entgleitet und der Wagen sich auch noch so überschlägt um in alle Einzelteile zu zerfallen. Realistisch?
Würde bei der letzten Frage eher auf den typischen „unwahrscheinlich, aber denkbar“-Zufall tippen. Aber ja, hatte auch gedacht, dass es um die Beschaffung des Fahrzeuges geht, zumal mir die Straßen-Taktik seltsam erscheint, siehe Absatz dazu im Review.
In der Nacht lehnt Saul die Kälteschutz-Folie ab, erinnerte ihn wohl zu sehr an seinen Bruder :)
Stimmt, guter Punkt, hatte ich ganz vergessen, aufzuführen!
Kälteschutzfolie klar mann danke
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