Seitdem sich meine Serienleidenschaft entfaltet hat, schaue ich deutlich weniger Filme als früher. Dabei bieten diese ja durchaus auch Vorteile. Neben der einen oder anderen Produktion, die dann doch noch mehr Invest (monetär wie in Sachen Arbeit) pro Minute zu bieten hat, ist hier vor allem die Kompaktheit anzuführen. Solange es sich nicht um Mehrteiler handelt, ist die Geschichte dann halt auch nach anderthalb bis (heutzutage eher) zweieinhalb Stunden abgeschlossen. Man hat seine Antworten und kann direkt bewerten, was gut oder schlecht war, und sich mit anderen austauschen. Aber wir alle wissen, dass Serien uns noch viel mehr bieten können. Mehr Zeitvertreib, klar, aber auch mehr Tiefgang, mehr Entwicklung, mehr… mehr! Das soll hier aber gar kein „Was ist besser?“-Beitrag werden – im Gegenteil. Denn beide Formate haben ihre Daseinsberechtigung. Es gibt genauso super Filme und Serien, wie es schlechte gibt. Was mich aber zunehmend stört, ist die Beobachtung, dass Filme manchmal Serien sein wollen.
Mal eben auf den Serienzug aufspringen?
Miniserien sind eine super Mischung aus Film und Serie. Raum für Tiefgang ist gegeben, man weiß dann aber auch vorab, dass nach einer Staffel Schluss ist und man seinen Vollständigkeitsdrang befriedigt. Also, vorausgesetzt, die Serie ist nicht so erfolgreich, dass irgendwer auf die Idee kommt, unnötig eine zuvor nicht geplante Fortsetzung zu erarbeiten. Bei kurzen Miniserien mit wenigen teils auch kurzen Folgen verschwimmt die Grenze in Sachen Laufzeit dann recht schnell zwischen Film und Miniserie. Das ist super, weil man Geschichten an einem Tag oder Wochenende durchschauen kann, aber führt auch dazu, dass Filmeschaffende vermehrt meinen, auf den Serienzug aufspringen zu müssen.
Was früher der TV-Mehrteiler war, ist jetzt halt die Miniserie. Statt zwei Filmen á 90 Minuten gibt es jetzt drei Folgen á 60. Ach kommt, wir machen gleich vier Folgen draus – beim Streaming haben wir ja keine Programmgrenzen mehr, die die Laufzeit eingrenzen! Versteht mich nicht falsch, das finde ich super, solange die künstlerische Idee dahinter es hergibt. Leider ist das aber nicht immer der Fall.
Weil es geht, nicht weil es sinnvoll wäre…
Im Making-of-Video zur Netflix-Serie „Das Signal“ hat Florian David Fitz darüber gesprochen, dass die Geschichte zunächst als Film angedacht war. In Zeiten aufstrebender Streaming-Anbieter hat man sich kurzerhand dazu entschieden, das Script umzubauen – sprich: zu verlängern. Das merkt man leider auch. In meinem Staffelreview zur Serie hatte ich – bevor ich von der Vorgeschichte wusste – bereits davon geschrieben, dass sich die Geschichte eher wie ein Film anfühlt, der aufgebläht und in vier Folgen aufgeteilt worden ist. Tja, so scheint es nun mal auch gewesen zu sein. Und das regt mich auf.
Wenn der Inhalt es hergibt, Charaktere tiefer zu beleuchten, Geschichten ausführlicher zu erzählen und die Vision in längerer Form besser übermitteln zu können – be my guest! Dann mach so viele und lange Folgen, wie notwendig sind. Aber mach es nicht nur, weil es geht. Nicht nur, weil es aktuell einfacher ist, eine Serie am Streamingmarkt zu positionieren, statt einen Film im linearen Programm unter zu bekommen.
Manchmal hat man das Gefühl, die Inhalte werden lediglich aufgeplustert. Dann bekommen wir viel Leerlauf, der den Spannungsbogen durchhängen lässt, oder schlicht Füll-Material zu sehen. Das nimmt der Produktion die Kompaktheit und führt zu schlechteren Bewertungen. Teilweise scheint es mir, als würde man sich einfach den Arbeitsschritt des finalen Schnittes sparen. „Super, wir können ja im Grunde genommen so lang machen, wie wir wollen – dann kann das ja drin bleiben“. Klar, kann es. Aber sollt es das? Ist nicht die Qualität einer Film- oder Serienproduktion letztlich auch durch die iterative Konzentration auf das Wesentliche gegeben?
Hört auf, uns Zeit zu stehlen!
Letztlich ist niemandem mit zu Serien aufgeplusterten Filmen geholfen. Die Qualität leidet oftmals unter dieser ökonomisch-strategischen Entscheidung und wir Serien-Fans, die sich auf eine vermeintlich vielversprechende neue episodische Geschichte freuen, sind am Ende nur genervt, weil wir einen Film oder bestenfalls TV-Zweiteiler untergejubelt bekommen haben, den wir sonst vielleicht gar nicht und stattdessen eine andere Serie gesehen hätten. Eine, die von vornherein als solche angedacht war und entsprechend viel hergibt.
Ähnlich frustrierend finde ich Serien, die wegen ihres Erfolgs künstlich in die Länge gezogen werden und dann leider so gut wie nie zu einem befriedigenden Ende gebracht werden.
„Lost“ darf man da vermutlich als den „Sündenfall“ betrachten.
Ja, definitiv auch ein nerviger Fall. Fällt dann wohl in eine Kategorie mit „vorausgesetzt, die Serie ist nicht so erfolgreich, dass irgendwer auf die Idee kommt, unnötig eine zuvor nicht geplante Fortsetzung zu erarbeiten“. ;)
Das ist auch einer der Gründe, warum ich fast jeder Serie eine Chance gebe, die auf einer abgeschlossenen Geschichte basiert, die zuvor als Roman oder Roman-Serie veröffentlicht wurde.Die Chancen stehen gut, dass sich die Macher nicht verzetteln und mir am Ende nur meine Lebenszeit stehlen. Die, zur Zeit äußerst erfolgreiche Serie „Shogun“ wird z.B. nach der 1. Staffel abgeschlossen sein, weil es nur einen Roman darüber gibt. Für die Entscheidung, die Serie trotz des Erfolgs nicht künstlich in die Länge zu ziehen bin ich den Serienmachern äußerst dankbar.
Als ein weiteres aktuelles Beispiel ließe sich wohl auch die Serie „3 Body Problem“ nennen. Die 1. Staffel erzählt die Ereignisse des ersten Romans von Liu Cixin, und da er insgesamt nur drei Romane über diese Alieninvasion geschrieben hat (die mir außerordentlich gut gefallen haben), ist davon auszugehen, dass auch die Serie nach drei Staffel zu Ende erzählt sein wird. So ist es zumindest zu hoffen!
Dafür hat man oftmals den Nachteil, dass man als Belesende:r bereits ein bestimmtes Bild im Kopf hat und eine Serienadaption es schwer hat, da heran zu kommen. Und man kennt die Geschichte an sich ja bereits… ;) Das Spektrum „Aufgebläht vs. kompakt“ kommt auch in diesen Fällen zum Einsatz, wenn auch eher auf Episodenanzahl und Spieldauer bezogen.
Gilt ja im Grunde genommen für alle Bewegtbildinhalte: Fokussiert euch auf das Wesentliche und macht das super, anstatt viel-viel-viel zu machen!
Auch wenn ich glaube, dass man als „Bücherwurm“ etwas geduldiger ist, ab wann man eine Geschichte als aufgebläht empfindet, weil Geschichten in Büchern natürlich immer ausführlicher erzählt werden, als in Filmen und Serien. Da ist es sogar oft genau umgekehrt, dass man sich wünscht, Romane wären nicht auf Filmlänge zusammen geschrumpft worden, weil dabei so viel guter Inhalt verloren geht.
Was sich einiger Serienautoren da allerdings manchmal aus den Fingern saugen, hat nur die Qualität von „50-Pfennig-Schundromanen“ die man früher am Kiosk kaufen konnte…;)
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