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Dritter Fall "Real Tigers"

Review: „Slow Horses – Ein Fall für Jackson Lamb“ – Staffel 3 (Apple TV+)

ACHTUNG: SPOILER !!
28. Dezember 2023, 15:15 Uhr
SPOILER !!
Michael
28.12.23

Es wird gefühlt schon zu so einer Art Weihnachtstradition bei Apple TV+, dass es rund um die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel einen neuen Fall von „Slow Horses“ gibt – eine britische Geheimdienst-Serie, die von inneren Strukturen und Machtkämpfen beim Geheimdienst MI5 handelt, und die einen besonderen Blick auf das Slough House wirft – eine untergeordnete MI5-Einheit, wo Agent:innen landen, die wichtige Missionen komplett vermasselt haben, aber deswegen nicht gleich entlassen wurden – oder werden konnten. „Geführt“ wird die Einheit von Jackson Lamb, einem unhöflichen, heruntergekommenem und herablassenden Agenten, der seine Mitarbeitenden ständig beleidigt und runtermacht. Lamb wiederum untersteht – soweit er es überhaupt zulässt – Diana Taverner, der stellvertretenden Generaldirektorin des MI5.

Nach der ersten Staffel mit dem Titel „Slow Horses“ im April 2022 und der 2. Staffel „Dead Lions“ im Dezember 2022 haben wir es jetzt mit „Real Tigers“, der 3. Staffel zu tun. Es wird nicht der letzte Fall bleiben: Nach dem Abspann der letzten Folge von Staffel 3 gibt’s bereits einen ausführlichen Teaser auf Staffel 4 – vermutlich wird’s im Winter 2024 damit soweit sein. Zu Staffel 1 hatte ich seinerzeit einen Serientipp veröffentlicht – dieser ist hier im Blog zu finden. Staffel 1 war von vorne bis hinten komplett überzeugend – starke, clevere Story von Will Smith (nicht DER Will Smith), großartige Figuren, toll ausgewählter Cast, dazu von James Hawes sehr gut inszeniert. Staffel 2 bleibt für meinen Geschmack dabei etwas hinter der Qualität der Auftaktstaffel zurück – die Geschichte war mit dann doch zu wirr, auch das Grundthema ‚Klater Krieg‘ hat mich nicht so angesprochen – trotzdem insgesamt natürlich solide sechs Folgen.

Jetzt also „Real Tigers“, wieder mit sechs knapp einstündigen Folgen. Und die Story beginnt erst einmal ohne das Slough House, sondern stattdessen mit dem Agenten-Paar Sean Donovan und Alison Dunn, das in Istanbul im Umfeld der britischen Botschaft stationiert ist. Insgeheim soll Donovan Dunn ausspionieren, weil sie wohl Dokumente hat mitgehen lassen, die den MI5 gefährden könnten. Sie flüchtet vor Donovan und wird von ihm schließlich tot aufgefunden. Dann wechselt die Szenerie in das heutige London, und wir sind im Slough House. Alle ist wie immer, Autor Will Smith sortiert erstmal die dortigen Figuren, die eine oder andere mehr oder weniger gezeichnet von den Ereignissen in Staffel 2. Wir sind beim Treffen der anonymen Alkoholiker dabei, wo Catherine Standish auf eben jenen Donovan trifft. Er entführt sie, und als sie am nächsten Tag nicht im Slough House erscheint, nimmt die Story ihren Lauf.

Slow Horses: Jede Folge gefühlt eine neue Story

Was ich an dieser Staffel so bemerkenswert finde, ist, dass es ständig neue Wendungen und Spielorte gibt. Jede Folge hat eine eigene kleine Geschichte, eine eigene Dramaturgie mit einem ganz individuellen Tempo. Und es bleibt ziemlich unvorhersehbar, was als nächstes passiert, weil Smith auch nicht davor scheut, Figuren einfach aus dem Spiel zu nehmen. Haben wir es in Folge ein mit dem Istanbul-Fall und der Entführung zu tun, handelt praktisch die komplette zweite Folge davon, wie River Cartwright versucht, sich Zugang zum Park zu verschaffen und aus dem MI5-Hauptquartier eine Akte zu stehlen – und das innerhalb einer bestimmten Zeit, um Catherine Standishs Leben zu retten. Er benutzt hier viele clevere Tricks, wir treffen nebenbei auf diverse Charaktere der früheren Folgen, inklusive Duffy von den Dogs, den River clever ins Leere laufen lässt. Mit dabei ist auch wieder die Archivarin Molly Doran, die wie Lamb eine Sonderrolle innerhalb des MI5 inne hat und die immer für unterhaltsame Szenen gut ist.

Ganz anders dann wieder Folge 3 – River ist inzwischen in den Händen der Dogs, gleichzeitig erkennt er, dass er reingelegt worden ist. Die Entführung von Catherine Standish war ein Fake eines sogenannten Tiger Teams, um die Sicherheitsmaßnahmen im Park zu testen. Doch dann kippt das komplette Gebilde wieder, denn das Tiger Team verfolgt eigene Ziele, angeführt von Donovan, der auf die Akte aus ist, die Dunn leaken wollte. Donovan hat sein Ziel fest im Blick und räumt dabei mal eben Webb aus dem Weg, einem Widersacher von River, der im Prinzip eine nicht unwichtige Rolle in den bisherigen Stories hatte, jetzt aber aussortiert wird. Nachdem sich die ganze Aufregung etwas gelegt hat, bekommt River von MI5-Chefin Tearney einen Routineauftrag zugeschanzt, mit dem er seinen Ruf reinwaschen könnte. Er muss lediglich Donovan in die Archiveinrichtung des MI5 geleiten und ihm Zugang zu einer Akte namens „Grey Books“ zu gewähren – eine Sammlung von Verschwörungstheorien, die nicht weiter gefährlich sind. Derweil sich das Team in der Anlage befindet erfährt Tearney allerdings, dass Donovan eigentlich auf die geheime Footprint-Akte aus ist, für die Dunn schon sterben musste. Sie befiehlt eiskalt, die komplette Anlage säubern zu lassen, inklusive der MI5-Agenten aus dem Slough House. Autor Will Smith und Regisseur Saul Metzstein können sich und uns praktisch keine Auszeit, es geht immer weiter, wird immer spannender und verworrener. Und -es kann alles passieren, das hat das Duo in der bisherigen Staffel (und auch in den Staffeln zuvor) bereits bewiesen.

Fulminanter Schlussspurt

Das ist das Setting für einen fulminanten, actionbreichen Schlussspurt, der sich über zwei Folgen erstreckt. Duffy tritt mit einer Eliteeinheit an, um den Auftrag auszuführen, derweil Reste des Tiger Teams versuchen, Catherine Standish im Versteck auszuschalten. Zwischen diesem Versteck, der Archiveinheit und Taverners Besprechungsraum im Park wechselt die Handlung jetzt laufend hin und her. Dabei bleibt die Hauptgeschichte ständig im Fluss, wir erleben sie nur von jeweils einer der drei Perspektiven. Und dabei geht’s bisweilen skrupellos und brutal zu. Mit gefällt hier der Ansatz der drei Erzählebenen. Will Smith hat hier auch die richtigen Charaktere in Zweierteams zusammengesetzt, die durch ihre unterschiedlichen Eigenschaften und Hintergründe völlig unberechenbar und vielnehr überraschend agieren. da sind Lamb und Roddy Ho: Der Computerspezialist fährt einen aufgemotzten Subaru mit Neonlicht ringsum, was schon einigermaßen witzig anmutet, wenn Lamb und er unterwegs sind. Dann River Cartwright und Louisa Guy, die sich von ihrem Verlust in Staffel 2 noch nicht ganz erholt hat. Und schließlich Shirley Dander und Marcus Longridge, sie drogensüchtig, er spielsüchtig, die eigentlich schon ihren Dienstquittieren sollten, dann aber auf Rettungsmission für River und Louisa gehen. Ganz witzig natürlich mit dem privaten Familienauto Longridges, der im Kofferraum ein ganzes Arsenal an Waffen gebunkert hat.

Im Finale überrascht jeder dieser Charaktere immer wieder mit kleinen Eigenheiten wie eben dieser Waffensammlung. Lamb nutzt einige Tricks, um das Tötungskommando im Versteckt auszuschalten – am Ende erledigt er den Job überraschend kaltblütig. Ho weiß sich nicht anders zu helfen, als einen alten London-Bus ins Versteck zu steuern, natürlich nachdem alles erledigt ist. Auch die Szene hat etwas. Die Agenten vor und in der Archiv-Einrichtungen liefern sich derweil etliche Feuergefechte, wobei hier für mich die einzige Schwachstelle der Staffel offenkundig wird. Es ist immerhin eine Eliteeinheit, die da vor Ort ist, die es aber nicht hinbekommt, eine Handvoll Agenten auszuschalten. Das war mir etwas zu konstruiert, ebenso die Tatsache, dass zu oft und an zu entscheidenden Stellen die Waffen jeweils Aussetzer oder leere Magazine hatten. Das war etwas zu einfach, vor allem auch das Ende am Notausgang, bei dem die Elite-Einheiten einfach angefahren werden.

Das hat es etwas getrübt, aber ansonsten war es eine extrem abwechslungsreiche und spannend inszenierte Staffel. Gut gefallen hat mir auch das Ende, bei dem River erst einmal seinen Großvater, einen ehemaligen MI5-Offizier, kontaktiert. Der scheint mit der geheimen Footprint-Akte anfangen zu können und wirft sie ins Feuer, um seinen Enkel zu schützen, wie er sagt. Tatsächlich scheint er aber auch etwas mit diesem geheimen Case zu tun zu haben. River jedenfalls hatte ein Gespür dafür und den eigentlichen Inhalt der Akte vorher gesichert. Wie wir später von Taverner erfahren, wurde diese Akte schließlich doch (von River Cartwright) geleaked und der MI5 steht vor einem massiven Glaubwürdigkeitsproblem – was Taverner nicht weiter stört, da sie Tearneys Job geerbt hat.

Über allem steht natürlich Jackson Lamb mit seiner mürrischen Art, einfach bis ins Detail großartig in Szene gesetzt von Gary Oldman. Die Figur selbst kommt in der Folge zwar etwas zu kurz, aber wenn Lamb da ist, wird’s unterhaltsam. Es gibt großartige Momente – im Subaru, wie gesagt, aber auch am Ende, wenn er Standish mit der Wahrheit über ihren alten Chef konfrontiert, oder wenn er mit Taverner durch den Park schlendert und ein Eis schlabbert.

Ansonsten hat die Folge ziemlich viel verbrannte Erde hinterlassen – was Will Smith ganz schön mit einer Baustelle an jenem Ort am Kanal visualisiert, an dem sich Lamb und Taverner sonst zum Austausch treffen. Aber sonst? Fassen wir mal zusammen: Tearney aussortiert, Innenminister Judd zum Rücktritt gezwungen, Duffy und Webb wurden getötet, Standish hat gekündigt. Da wird es wohl zu einem gewissen Schnitt zu Staffel 4 kommen, und zu einigem neuen Personal.

Slow Horses: Staffel 4 bereits als Teaser

Auf die dann 4. Staffel kann man sich tatsächlich nur freuen. Autor Will Smith hat es wieder geschafft, auf Basis der Geschichten von Mick Herron einen extrem spannenden Fall als Staffel umzusetzen. Alle 3 Staffeln sind bisher auf sehr hohem Niveau – Staffel 1 wie gesagt für mich bislang am stärksten (vielleicht auch, weil Jackson Lambs merkwürdiger Charakter hier soviel Screentime bekommt), Staffel 2 mit Abstrichen immer noch solide, Staffel 3 wieder ganz stark. Vor allem diese ziemliche Unberechenbarkeit und die Fokussierung auf ein Ereignis pro Folge ist hier extrem gelungen. Definitiv ein Highlight für Krimi- und Agentewnthriller-Freunde, garniert mit einer guten Portion schwarzem Humor und umgesetzt mit einem cleveren Storytelling. Diese Weihnachtstradition kann bei Apple TV+ gerne so weitergehen.

Bilder: Apple

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3 Kommentare

  • Für mich gab es in den letzten Wochen keine Serie, auf deren neue Folgen ich mich so sehr gefreut habe, wie auf die von „Slow Horses“. Die Briten haben es einfach raus, Agentengeschichten gut zu erzählen. John le Carré. Ian Fleming. Ken Follett. Ian McEwan…Alles Briten und weltberühmte Autoren von Agentenromanen. Dass die Serie auf einer Romanvorlage basiert, merkt man ihr in meinen Augen deutlich an, da Romane nicht mit Aktion geladenen Bildern sondern mit einer guten Story überzeugen müssen um erfolgreich zu sein und die Storys der Serie sind einfach gut.
    Und ich würde mich sogar dazu hinreißen lassen, dass sich „Jackson Lamb“ langsam aber sicher zu der Rolle von Gary Oldman entwickelt, die mir am liebsten von all seinen vielen bisherigen Rollen ist.
    Ich habe die Serie schon nach der ersten Staffel im gesamten Familien- und Freundeskreis empfohlen und die Resonanzen waren durch die Bank äußerst positiv.
    Wenn die Serie dieses hohe Niveau auch weiterhin halten kann, hoffe ich noch auf ein dutzend weiterer Staffeln.


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